Praktisch kein Ratgeber zum Thema private Altersvorsorge kommt ohne den Hinweis aus, dass man damit möglichst frühzeitig beginnen solle. Nur mithilfe des Zinseszinseffekts lasse sich die monatliche Sparleistung so niedrig halten, dass man nicht schon in der Ansparphase auf Lebensqualität verzichten müsse. Das ist zwar richtig, für die Praxis aber nur wenig relevant. Die Zahl der 20- bis 30-Jährigen, die sich Gedanken über ihren Ruhestand machen, ist aus nachvollziehbaren Gründen klein, und das wird sich voraussichtlich auch nicht ändern. Vor Mitte 30, vielfach aber noch viel später beginnt man sich langsam Sorgen über die zu erwartende Pensionshöhe zu machen, was noch nicht heißt, dass man auch aktiv wird. Wirklich brennend wird das Problem, wenn der Ruhestand nur noch wenige Jahre entfernt ist – dann kann man das Thema Zinseszins aber längst vergessen. 

Nun lässt die Finanzindustrie auch solche Spätstarter nicht im Regen stehen. Wer keinerlei Vorsorge getroffen hat, kann auch noch am Tag des Rentenantritts Lösungen kaufen. Allerdings sorgt die heutige Zinssituation dafür, dass die Spielräume solcher Produkte eng begrenzt sind. Voraussetzung für den Eintritt in eine solche Sofortpension ist ein Einmalerlag. Je höher diese Summe ist, sei es aus einer Abfertigung, aus der Auszahlung einer Lebensversicherung, Erbschaft oder dem Verkauf des Unternehmens, umso höher ist auch die daraus bezahlte lebenslange Rente. Von der Zinsseite darf man sich hingegen derzeit nur mehr wenig bis gar nichts erwarten. Immer mehr Anbieter gehen bereits dazu über, Tarife mit null Prozent Rechnungszins anzubieten. Das heißt nicht, dass die Produkte gar keinen Reiz mehr hätten, allerdings besteht der aktuell weitgehend in einer Wette, die man bezüglich der eigenen Lebenserwartung mit dem Versicherer abschließt. 

Um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie lange man leben müsste, damit man bei den sogenannten Sofortpensions-Produkten den Break-even erreicht, hat FONDS professionell gemeinsam mit Fynup, einem Wiener Spezialisten für die Analyse von Veranlagungs- und Versicherungsprodukten, einen Teil der am Markt befindlichen Lösungen mittels Musterberechnung analysiert und den Ergebnissen eine mögliche Alternativlösung gegenübergestellt. 

100.000 Euro Startgeld
In der Musterberechnung wurde die Annahme getroffen, dass ein Mann im Alter von 65 Jahren einen Einmalerlag von 100.000 Euro tätigt, um eine lebenslange Rente ausbezahlt zu bekommen. Aufgrund des unattraktiven Rechnungszinses spricht derzeit fast nur die garantierte Auszahlung bis zum Lebensende für eine solche Rente. Da die Lebenserwartung auch aktuell weiter steigt, werben die Versicherungen mit aktuellen Sterbetafeln, die man sich heute noch sichern sollte. Bei der Wette zwischen Versicherer und Kunde über dessen Lebenserwartung gilt: Wird der Versicherungsnehmer älter als vom Versicherer berechnet, ist das eingezahlte Kapital aufgebraucht und die Versicherung muss die monatliche Rente aus eigener Tasche bezahlen. Stirbt der Kunde vor dem Ende der statistischen Lebenserwartung, war der Vertrag für die Versicherung ein "Geschäft". Wann dieser Punkt erreicht ist, hängt von der gewählten Produktvariante ab, denn es besteht die Möglichkeit, eine Rückgewähr des eingesetzten Kapitals einzubauen, die im Sterbefall den Erben zugutekommt. 

Fällt die Wahl des Kunden auf eine Versicherung, die eine Rückgewähr des eingezahlten Kapitals nur für die ersten zehn Jahre garantiert, kommt dieser Break-even für den Kunden schneller als bei Produkten, die eine lebenslange Rückgewähr des noch vorhandenen Kapitals anbieten. Die Musterberechnungen zeigen, dass der Kunde im Bestfall den Break-even  nach rund 28 Jahren erreicht, also wenn er 93 Jahre alt ist. Bei lebenslanger Rückgewähr liegt der Break-even  in den Berechnungen bei 35,6 Jahren. Der Versicherungsnehmer muss also älter als 100 Jahre werden, wenn er sein eingesetztes Kapital "ausschöpfen" möchte. 

Vergleicht man die beiden besten Produkte der jeweiligen Kategorie, also jenes mit Rückgewähr bis zum zehnten Jahr und jenes mit lebenslanger Rückgewähr, beträgt der Unterschied der monatlichen Rente 20 Prozent. Verstirbt der Kunde sofort nach Ablauf der zehn Jahre, verlieren seine Erben 64.000 Euro. 

Grundsätzlich versprechen die Versicherungen auch zusätzliche Gewinnbeteiligungen, die langfristig auch zu einer etwas höheren Rente führen können. Garantiert sind diese ­allerdings nicht, und aktuelle Prognosen erwarten keine bevorstehende "Zinswende". Nicht ignoriert werden sollte auch das Thema Inflationsentwicklung. Fynup-Gründer Wolfgang Staudinger rechnet vor: "Bei zwei Prozent Inflationsannahme müsste eine Rente von 300 Euro nach 28 Jahren bereits um 74 Prozent höher sein, damit die Kaufkraft er­hal­ten bleibt. Weil Befürworter von Renten­versicherungen immer von der Wichtigkeit ­einer gleichbleibenden kalkulierbaren Rente reden: Das sehe ich bei diesen Modellen nicht, allein die Inflation ist ungewiss und wahrscheinlich der Grund einer garantierten Verarmung." Für Staudinger zeigt sich in der Praxis jedenfalls, dass die meisten Kunden sich im Fall der Fälle eher für eine Versicherung mit Rückgewähr entscheiden würden. "Die Vorstellung, dass das eingesetzte Kapital bei ihrem Tod weg ist, schreckt doch ab."

Der Versicherungsexperte empfiehlt daher, ein von ihm vorgeschlagenes Alternativmodell mit Produkten zu vergleichen, die das noch nicht verbrauchte Kapital über die gesamte Laufzeit an die Hinterbliebenen auszahlen. Für sein Konzept ging er von denselben Para­metern aus: Ein 65 Jahre alter Mann möchte möglichst lange eine gleichbleibende monatliche Ausschüttung haben und investiert dazu 100.000 Euro. Möglichst lange sollen monatlich 300 Euro entnommen werden. (gp)


Den gesamten Artikeln inklusive Tabellen und dem möglichen alternativen Konzept zur Sofortpension finden Sie in der aktuellen Heftausgabe 3/2019. Angemeldete KLUB-Mitglieder können den Artikel auch im E-Magazin nachlesen.