FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2023

worbene Produkte in die Irre geführt und zu unerwünschten Anlageentscheidungen verleitet werden. Wird daher ein Anlage- produkt als „nachhaltig“, „ökologisch“oder „umweltfreundlich“ beworben, obwohl es nicht der De nition von Nachhaltigkeit im Sinne der Taxonomie-Verordnung ent- spricht, so liegt ein Fall von kapitalmarkt- rechtlichem Greenwashing vor. Finanz- dienstleister können so das Interesse der Anleger, ihr Geld in nachhaltig wirtschaf- tende Unternehmen zu veranlagen, be- wusst ausnutzen. Gerade dies will der Gesetzgeber durch bereits bestehende und noch geplante Maßnahmen verhindern. Dass es sich dabei nicht um ein Rand- thema, sondern um ein häu g vorkom- mendes Problem handelt, zeigt die genann- te PwC-Studie. Demnach hegen 87 Pro- zent der Investoren den Verdacht, Firmen könnten Greenwashing in ihrer Nachhal- tigkeitsberichterstattung betreiben. Rechtliche Konsequenzen drohen Vielen Unternehmen dürfte dabei nicht bewusst sein, dass sie sich damit erhebli- chen rechtlichen Risiken aussetzen. Primär obliegt es in Österreich der Finanzmarkt- aufsichtsbehörde (FMA), die Einhaltung der O enlegungs- und der Taxonomie-Ver- ordnung sowie der dazu ergangenen dele- gierten Rechtsakte zu überwachen. Dabei kann die FMA auf unterschiedliche Auf- sichtsmaßnahmen zurückgreifen, die von Geldstrafen bis zum Verbot des Vertriebs der betro enen Finanzprodukte reichen. Damit aber nicht genug: Das Konsumen- tenschutzgesetz wurde vom Gesetzgeber dahingehend erweitert, dass Unternehmer im geschäftlichen Verkehr mit Konsumen- t:innen nun auch dann auf Unterlassung geklagt werden können, wenn sie gegen die O enlegungsverordnung verstoßen und etwa falsche Umweltaussagen verbrei- ten. Zur Klage berechtigt sind – wie auch schon bisher – bestimmte Verbände, etwa die Bundesarbeitskammer oder der Verein für Konsumenteninformation (VKI), aber auch Mitbewerber nach dem Bundesgesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG). Gerade solche Verfahren stoßen in der heutigen Zeit auf entsprechendes mediales Interesse. Dies bedeutet oft ein zusätzliches Bedrohungsszenario. Das UWG bot auch schon bisher einen breiten Anwendungsbereich bei Vorliegen einer irreführenden Umweltwerbung. So musste sich der Oberste Gerichtshof (OGH) in der Vergangenheit bereits mit potenziell irreführenden Umweltaussagen zu verschiedenen Produkten und Dienst- leistungen auseinandersetzen. Wenngleich Finanzprodukte dabei zumindest in Öster- reich (anders hingegen in Deutschland) bislang noch kaum im Fokus standen, so lassen sich aus der ergangenen Judikatur dennoch einige wichtige Rückschlüsse ziehen – etwa dass die Irreführungseig- nung von Umweltwerbung strengen Maß- stäben zu unterwerfen ist. Mit Umwelt- hinweisen dürfe, so der OGH, nur dann geworben werden, wenn sie eindeutig belegt sind und eine Irreführung der Kon- sumenten ausgeschlossen sei. Bei einer Missverständlichkeit des umweltbezogenen Hinweises ist der/die Werbende verp ichtet, näher aufzuklären. Der OGH begründet dies mit der hohen emotionalen Werbe- wirkung und der Komplexität von Um- weltfragen. Doch dem nicht genug: Die EU plant, in einer neuen, bereits als Anti- Greenwashing bekannt gewordenen Richt- linie die Rechte der Verbraucher:innen gegen unlautere Geschäftspraktiken bei der Nachhaltigkeitswerbung noch weiter zu stärken. Schadenersatzklagen Noch unangenehmer für die Anbieter oder Vermittler von Finanzprodukten kön- nen Schadenersatzklagen der Anleger sein. Darunter fallen auch Klagen auf Rück- abwicklung des getätigten Investments. Dem Anleger, der im Vertrauen auf eine unrichtige oder unvollständige Umwelt- aussage ein Investment tätigt, das er bei Kenntnis der tatsächlichen Umstände nicht getätigt hätte, stehen dafür verschiedene Anspruchsgrundlagen zur Verfügung. Sofern die unrichtige Angabe im Kapital- marktprospekt enthalten ist, kommt eine Prospekthaftung nach dem Kapitalmarkt- gesetz (KMG) infrage. Dafür hätte unter anderem der Emittent des Finanzinstru- ments einzustehen. Aber auch unrichtige Angaben in Marketingmitteilungen zum Unternehmen oder sonstigen Produkt- informationsmaterialien können zu einer sogenannten zivilrechtlichen Prospekthaf- tung führen. Abseits der Haftung für den Inhalt von schriftlichen Unterlagen besteht eine solche auch für unrichtige Informatio- nen zur Nachhaltigkeit eines Investments, die im persönlichen Beratungsgespräch er- teilt werden.Der Berater ist verp ichtet, die Nachhaltigkeitspräferenzen des Anlegers zu erheben und eine diesen entsprechende Anlageempfehlung abzugeben. Passiert dies nicht, kommt der Berater seinen P ichten zur anleger- und anlagegerechten Beratung nicht nach, mit allen aufsichts- und zivil- rechtlichen Konsequenzen. Dabei tritt der Schaden des Anlegers nicht erst dann ein, wenn das Investment nicht gehörig per- formt und es zu Verlusten kommt, sondern bereits mit dem Erwerb des nicht zu den o engelegten Nachhaltigkeitspräferenzen passenden Finanzprodukts. In einem solchen Fall kann es zur Rückabwicklung des getätigten Investments kommen. Als Resümee gilt: Vorsicht bei der Ver- wendung von Begri en wie „nachhaltig“ und „ökologisch“ bei der Produktbeschrei- bung. Dies gilt auch bei Finanzinstrumen- ten. Denn: Greenwashing lohnt sich schon heute nicht und wird in Zukunft noch teurer. FP Der Autor: Christian Lenz ist Associated Partner bei BRANDL TALOS Rechtsanwälte und auf Prozessführung, Bank-, Versicherungs- und Wertpapieraufsichtsrecht sowie Immobilienrecht spezialisiert. fondsprofessionell.at 1/2023 265 FOTO: © UWE STRASSER

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