FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2022

schauen“, sagt Hompasz. Die Produkt- und Informationsqualität am „grauen Kapital- markt“ sei keinesfalls vergleichbar mit jener bei Fondsgesellschaften oder Versicherun- gen, die direkt unter FMA-Aufsicht stehen. Tatsächlich hätte zumindest bei Go Len- ding ein Blick in das Firmenbuch genügt, um Risiken zu sehen. Der letzte Jahresab- schluss (31.12.2020) zeigt ein negatives Eigenkapital von knapp 16,6Millionen Euro und Verbindlichkeiten über 28,7 Millionen Euro. Auch davor war das Eigenkapital schon tiefrot. Und die Erklärung, warum das keine Überschuldung sein soll, ist der- maßen unverständlich formuliert, dass man die Pflicht, sein Produkt zu verstehen, kei- nesfalls einlösen könne. Ebenfalls ein Alarmsignal: Die FMA verurteilte Go Len- ding 2019 wegen irreführender Werbung. Hohe Zinsen hinterfragen Auch CPI – das Unternehmen bestand aus über 160 Gesellschaften – gab ein intransparentes Bild ab. Und die hohen Anleihenzinsen von teils über acht Prozent hätte man in Tiefzinszeiten eigentlich extrem genau hinterfragen müssen. „Realistisch betrachtet, kann man die Bedürfnisse der meisten Anleger in Österreich mit Invest- mentfonds regulierter Gesellschaften ab- decken. Man sollte sich als Vermittler wirk- lich fragen, warum es ausgerechnet ein Hochrisikoprodukt seinmuss“, so Hompasz. Apropos Anleihen: Eine Masche, die der Redaktion schon oft zugetragen wurde, geht so: Produktgeber erklären den Ver- mittlern: „Das ist von der FMA geprüft, das ist ein sicheres Investment.“Auch Hompasz stößt immer wieder auf Kunden, die in die- sem Glauben vermitteln. Natürlich prüft die FMA nicht, ob es sich um eine sichere Veranlagung handelt. Aufgabe der Behörde ist nur zu kontrollieren, ob der Prospekt die gesetzlichen Angaben enthält und es keine Widersprüche gibt (siehe Interview mit den FMA-Vorständen S. 266). Bei CPI brachten erst „Profil“-Recher- chen die Malversationen nach dem Tod des Firmengründers Ernst Kreihsler ans Licht. Insolvenzverwalter gehen davon aus, dass Gelder unrechtmäßig verschoben wur- den. Auch dürften laut „Profil“Millionen durch schwarz vermietete Wohnungen ein- genommen worden sein und mehr. Es gilt die Unschuldsvermutung. Der „Ausnahme-Trick“ Solche Betrügereien sind von außen schwer zu entlarven. Doch man findet an- dere Signale, die Anleger künftig mehr be- achten könnten. Dazu gehört, dass Immo- bilienfirmen häufig Anleihen ohne Pro- spekt ausgeben.Möglich ist das durch eine Ausnahme im Kapitalmarktgesetz (KMG). Dieses erlaubt „Privatplatzierungen“ ohne Prospekt, wenn eine Anleihe weniger als 150 Personen angeboten wird oder in einer „Profi-Stückelung“ von über 100.000 Euro verkauft wird. CPI hat laut FMA seit rund einem Jahrzehnt nur noch unter der Ausnahmeregel emittiert. Laut Insolvenz- verwalter steht derzeit ein Anleihenbetrag von über 43 Millionen Euro aus. Go Len- ding emittierte ebenfalls „privat“. Das ist wie erwähnt prinzipiell legal. Aber als An- leger kann man sich fragen: Warum steigt ein großes Unternehmen wie CPI von „ge- billigten“ Anleihen plötzlich auf die Aus- nahme um? Warum soll ich nicht lieber öf- fentlich platzierte Bonds kaufen? Zweitens: Manche Anbieter strapazieren die KMG- Ausnahme extrem und machen serielle Privatplatzierungen. Als Betrachter von au- ßen kann man kaum glauben, dass es im Sinne des Gesetzes ist, wenn auf diesem Weg teils zigMillionen bei Anlegern landen. Beobachter vermuten, dass hier oft das Gesetz umgangen wird, weil das Angebot in Wirklichkeit an mehr als 150 Leute ergeht. Immer wieder hört die Redaktion folgendes Verfahren: Ein Produktgeber legt bei „unverdächtigen“ Terminen Listen auf und telefoniert dann alle durch, die sich eingetragen haben. Scheinargument Grundbuch Erwähnenswert ist auch der „Grund- buch“-Schmäh, besonders wenn er im Zusammenhang mit Nachrangdarlehen auftaucht. „So etwas darf ein Vermittler ein- fach nicht glauben. Bei einem Nachrang- darlehen steht immer die Bank im ersten Rang. Ein Eintrag nutzt dem Anleger bei Problemen nichts“, so Hompasz. Eine Ver- triebsperson aus Deutschland erklärte der Redaktion, dass auch im Nachbarland ein Haftungsdach über Jahre hinweg CPI-An- leihen als „sicherer als manche Staatsanlei- he“ und mit Grundbuchargumenten be- warb. Die Anleger werden diese vermeint- liche Sicherheit heute wohl hinterfragen. Zum Abschluss einWarnruf von Finanz- dienstleister-Obmann Hannes Dolzer.Man müsse bedenken, dass fragwürdigen Pro- duktgebern egal sei, was mit dem Vermitt- ler passiert, so Dolzer sinngemäß unlängst bei einem Webinar. Daher sei Eigenver- antwortung gefragt. EDITH HUMENBERGER-LACKNER FP » Man sollte sich als Ver- mittler wirklich fragen, warum es ausgerechnet ein Hochrisikoprodukt sein muss. « René Hompasz, Höher Insurance fondsprofessionell.at 3/2022 271 FOTO: © HOMPASZ

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