FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2022

Schlechter Schmäh „Grundbuchbesichertes Nachrangdarlehen“, „FMA-geprüft“, „Anleihe für Tippgeber“. Solchen Tricks dürfen Vermittler nicht aufsitzen, warnen Experten anlässlich der Pleiten von CPI und Go Lending. I nnerhalb weniger Tage gingen Ende Juni 2022 das fragwürdige Pfandleih- Modell Go Lending und das komplex strukturierte Immobilienunternehmen CPI in die Insolvenz. Zig Millionen Anleger- geld dürfte verloren sein. Während Behör- den und Masseverwalter versuchen, sich in den beiden sehr verschieden gelagerten Fällen einen Überblick zu verschaffen, ist bereits eine Gemeinsamkeit zu erkennen: Wieder einmal waren Vermittler involviert, die sich ihrer Pflichten zu wenig bewusst waren. „Die Berater sind oft zu gutgläubig“, ärgert sich René Hompasz, Geschäftsführer des Vermögensschadenhaftpflichtversiche- rers Höher Insurance. Er hat sowohl bei CPI als auch bei Go Lending erste Fälle auf dem Tisch liegen: Verbraucher orten Fehlberatung und wollen von ihren Ver- mögensberatern Schadenersatz. Hompasz muss als Haftpflichtspezialist zahlen, wenn die bei ihm versicherten Vermittler Fehler machen. Bei manchen dieser Kunden dürf- te Höher jedoch aussteigen. Zum Beispiel habe ein Vermittler eine Anleihe von Go Lending als Tippgeber vermittelt. „Dabei darf man solche Finanzinstrumente in Österreich nur unter einem Haftungsdach vermitteln“, stellt Hompasz klar. Gewerblichen Tippgebern ist nichts an- deres erlaubt, als Kundendaten aufzuneh- men und weiterzuleiten; Beratung ist tabu. Genau diese wäre aber eigentlich bei kom- plexen Produkten wie Anleihen Pflicht. In der Praxis scheint es auch kaum realistisch, dass ein „Tippgeber“ nicht über das Pro- dukt spricht – wodurch er eigentlich wieder den Erlaubnisrahmen sprengt. Der genaue Hergang sei zu klären. Jedenfalls dürfte es im vorliegenden Fall so sein, dass der Be- troffene der Meinung war, er trage keine Verantwortung. „Wir sehen leider oft, dass Produkthersteller dem Vertrieb erzählen: ‚Als Tippgeber hast du keine Haftung.‘Vie- le glauben das. Dieser Tippgeberschmäh muss endlich aufhören“, so Hompasz. Prüfpflicht bei Produkten Go Lending hat Pfandkredite an kleine Unternehmen und Privatpersonen verge- ben. Das Geld dafür holte man sich aus dem Verkauf von qualifizierten Nachrang- darlehen und Anleihen. Anlegeranwälte bezweifeln, dass die Sicherheiten wirklich werthaltig waren, und hinterfragen auch die Zahlungsflüsse. Go Lending hingegen sagt, es war alles in Ordnung. Es gilt die Unschuldsvermutung. Was genau passiert ist, werden Gerichte klären. Obwohl die Sache komplex ist, lässt sich sagen, dass manche der Vermittler durch- aus mehr Zweifel hätten haben können. Vielen sei zum Beispiel nicht bewusst, dass es für den Berater die Pflicht gibt, seine Produkte zu prüfen und zu verstehen, so Hompasz: „Vor allem, sobald ein Unter- nehmen nicht direkt von der FMA beauf- sichtigt wird, muss ich ganz anders hin- » Dieser Tippgeber- schmäh muss endlich aufhören. « René Hompasz, Höher Insurance Zwei Unternehmen sind pleite. In der Sache haben Go Lending und CPI nichts miteinander zu tun. Beiden Fällen ist jedoch gemein: Finanz- berater waren zu leichtgläubig oder haben falschen Argumenten vertraut. STEUER & RECHT Nachrangdarlehen 270 fondsprofessionell.at 3/2022 FOTO: © GAJUS | STOCK.ADOBE.COM

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