FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2022

bilienfirma CPI, bei der es Unregelmäßig- keiten gab, pleitegegangen. Beide stehen nicht direkt unter FMA-Aufsicht. Sie können da im Vorfeld nur eingreifen, wenn solche Firmen etwa das Prospektrecht verletzen. In beiden Fällen wurden Produkte von der Anleihe bis zum Nachrangdarlehen ver- trieben. Sind die österreichischen Anleger in diesen Bereichen genug geschützt? Ettl: Da besteht ein großer Unterschied. Nachrangdarlehen sind für den Anleger so ziemlich das Nachteiligste, was es gibt. Er verzichtet als Fremdkapitalgeber auf alle Rechte, ohne dass er irgendeinen Einfluss auf die Firma nehmen kann. Bei den Anleihen hat man hingegen in der Regel einen Prospekt als Haftungsdokument.Die FMA hat hier aber nicht auf inhaltliche Richtigkeit zu prüfen, sondern nur auf die Vollständigkeit der gesetzlich erforderlichen Angaben sowie die Widerspruchsfreiheit. Und wenn da was Falsches drinsteht, sind wir nicht bei Verwaltungsstrafen, sondern relativ rasch im Strafrecht. Für Anleger sind die Regeln dennoch oft schwer zu durchschauen. Immer wieder geben Unternehmen Anleihen heraus, wo das Prospektrecht in Serie umgangenwird. Ettl: Es gibt Ausnahmebestimmungen, wo kein Prospekt erforderlich ist: bei einer Privatplatzierung, wenn das Angebot an weniger als 150 Anleger geht oder bei einer Stückelung von mindestens 100.000 Euro. Bei CPI gab es die letzte von der FMA gebilligte Anleihe vor mehr als zehn Jahren. Seither haben sie nur noch unter Ausnahmebestimmungen emittiert, wo kein Prospekt erforderlich ist. Jeder, der hier am Kapitalmarkt investiert, muss sich mit den Risiken vertraut machen. Ist der Anleger also genug geschützt? Oder sollte die Aufsicht mehr Rechte bekommen, etwa bei Nachrangdarlehen? Müller: Eine Vollkaskoversicherung für Anleger gibt es nicht. Ein Anleger kann mit seinem Geld machen, was er will. Ettl: Wirklich geschützt ist das Geld nur bei der Bank bis zu 100.000 Euro. Apropos: Nun hat der Oberste Gerichtshof (OGH) zur Commerzialbank Mattersburg entschieden, dass der Staat gegenüber den Kunden nicht haftet. Enttäuschend für Geschädigte, die sagen, der Staat hat durch Prüfmängel nicht für genug Sicherheit gesorgt … Ettl: Der OGH hat nicht entschieden, dass der Staat nicht haftet. OGH und Verfas- sungsgerichtshof haben festgestellt, dass die Amtshaftung gegenüber den beaufsichtig- ten Unternehmen besteht, aber nicht ge- genüber Dritten. Das ist ein großer Unter- schied. Eine Amtshaftung, die auch die Kunden der beaufsichtigten Unternehmen umfasst, das würde jeder Marktwirtschaft widersprechen. Da wäre das gesamte Geschäft mit Banken und Versicherungen völlig risikolos. Bei jedem Ausfall würde der Staat geklagt. In ganz Europa ist die Amtshaftung gegenüber Dritten ausge- schlossen. Die Urteile sind in diesem euro- paweiten Kontext zu sehen. Es gibt keine risikolose Gesellschaft. Herr Ettl, Ihr Vertrag läuft kommendes Jahr aus. Werden Sie sich wieder bewerben? Ettl: Ja. Herr Müller, sehen Sie Ihre Zukunft lang- fristig in der FMA, oder sagen Sie: „Nach zwei Jahren hab ich genug gesehen“? Müller: Nein. Es macht Spaß. Ich hatte eine spannende Lernkurve, durch Covid und andere Krisen war die Kurve vielleicht etwas steiler. Vielen Dank für das Gespräch. EDITH HUMENBERGER-LACKNER FP KURZ-VITA: Eduard Müller Seit Februar 2020 Vorstandsdirektor der FMA. Der vormalige Sektionschef im Finanzministerium war Finanzminister in der Beamtenregierung Bierlein (Juni 2019 bis Jänner 2020). » Eine Vollkaskover- sicherung gibt es nicht. Ein Anleger kann mit seinem Geld machen, was er will. « Eduard Müller, FMA FOTO: © MARLENE FRÖHLICH | LUXUNDLUMEN fondsprofessionell.at 3/2022 269

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