FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2022

zu befragt (siehe Tabelle). Dabei zeigt sich, dass alle befragten Banken die neuen Vor- gaben fristgerecht umgesetzt und in den Beratungsprozess integriert haben. Aller- dings gibt Erich Stadlberger, Leiter Private Banking & Asset Management der Ober- bank, durchaus zu, dass die Umsetzung mühsamwar.Hier nennt der Banker nicht nur die technische Umsetzung, sondern auch den Zeitdruck als größte Hürde: „In- nerhalb von drei Monaten die regulatori- schen Anforderungen laut EU-Aktionsplan in die Praxis umzusetzen und dabei den Kunden das Thema verständlich aufzube- reiten, war eine Herausforderung.“ Zudem Nachhaltigkeits-Umfrage unter Private-Banking-Anbietern FRAGE: Seit 2. August müssen Sie bei der Beratung zu Anlageproduk- ten die Nachhaltigkeitspräfe- renzen Ihrer Kunden erheben und diese in Ihren Produktemp- fehlungen berücksichtigen. Wie haben Sie den Start der neuen Vorgaben wahrgenommen? Wie setzen Sie die neuen Vor- gaben in der Praxis um, und mit welchen Schwierigkeiten haben Sie dabei zu kämpfen? Wie ist die Datenlage, und wie stellt sich die Zusammenarbeit mit den Asset Managern dar? Liegen Ihnen für alle Fonds die Angaben vor, die Sie benötigen, um einen Abgleich mit den Nachhaltigkeitspräferenzen der Kunden vorzunehmen? Gibt es aus Ihrer Sicht derzeit überhaupt genügend Produkte, um die Wünsche der Kunden erfüllen zu können? Maximilian Clary und Ald- ringen, Head of Private Banking & Wealth Manage- ment, Erste Bank 1. Für den überwiegenden Teil der Kunden sind nach wie vor Perfor- mance und Risiko die entscheiden- den Kriterien. Der Fokus in der aktuell angespannten Situation ist stärker auf Vermögenserhalt als auf Nachhaltigkeit ausgerichtet. Für einige Kunden ist das Thema aber ein sehr wichtiges, aber nur für die wenigsten spielen Details wie Taxonomie, Disclosure oder PAI- Indikatoren eine Rolle. Insgesamt können wir bis jetzt keine größeren Änderungen im Anlageverhalten der Anleger beobachten. 2. Wir haben die neuen regulatori- schen Vorgaben in unserem Bera- tungstool und in unserem Repor- ting umgesetzt. Wo wir uns noch weiterentwickeln müssen, ist in der Analysemöglichkeit von Kunden- portfolios in Bezug auf ESG-Risiken. Dies erfordert aber auch noch eine wesentlich bessere Datenbasis sowohl auf Einzeltitel- als auch auf Fondsebene. Die Qualität der verfügbaren Daten variiert massiv, und dies liegt auch daran, dass wir noch in einer regulatorischen Übergangsphase sind. 3. Um den aktuellen regulatori- schen Anforderungen gerecht zu werden, ist die aktuelle Datenlage ausreichend. Zu diesem Zweck haben wir imVorfeld auch mit den für uns wichtigen Vermögensver- waltern kommuniziert und unsere Vorgaben betreffend Datenqualität erläutert. Ein genauerer Blick auf Datenanbieter wie Morningstar zeigt jedoch ein komplexes Bild. Die gemeldeten European-ESG-Tem- plate-Daten der einzelnen Fonds sind sowohl in Quantität als auch in Qualität sehr unterschiedlich. 4. Da wir in unserer Produktstrate- gie bereits seit Längerem das The- ma Nachhaltigkeit miteinbezogen haben, verfügen wir über eine um- fangreiche Palette im Nachhaltig- keitsbereich bei Fonds. So haben wir in der Erste Asset Management drei Artikel-9-Aktienfonds entwickelt und haben ein breites Angebot an Artikel-8-Aktien- und Anleihen- fonds. Andererseits achten wir auch bei der Produktselektion von exter- nen Asset Managern darauf, ein diversifiziertes Angebot im Nachhal- tigkeitsbereich bieten zu können. Robert Karas, Chief Investment Officer und Partner der Bank Gutmann 1. Die Zeit der Umsetzung ist mit viel Unsicherheit behaftet, da sich der Markt an die neuen regulatori- schen Anforderungen anpassen muss. Es sind Aufklärungsgesprä- che mit den Kunden notwendig. Zusätzliche Transparenz gegenüber unseren Kunden und ihre Präferen- zen gut zu verstehen, ist richtig und wichtig. Doch der bürokratische Aufwand ist hoch und hat mit Nachhaltigkeit wenig zu tun, was kontraproduktiv ist. 2. Um lit a und lit b der möglichen Nachhaltigkeitspräferenzen effektiv umzusetzen, fehlen derzeit noch Daten der Emittenten. Somit sind die Marktteilnehmer zögerlich, weil sich noch kein Standard amMarkt gebildet hat. Dennoch können wir interessante Investmentlösungen anbieten. Kunden, die negative Auswirkungen auf Umwelt, Soziales und Unternehmensführung ver- meiden wollen, stehen im Rahmen von lit c) unsere mit dem Umwelt- zeichen versehenen Nachhaltig- keitslösungen zur Verfügung. 3. Aktuell nicht ausreichend für eine effektive Umsetzung nach lit a und lit b der möglichen Nach- haltigkeitspräferenzen gemäß Mifid II. Die hauseigene KAG ermöglicht es aber, punktgenau Produkte zu entwickeln, die den Bedürfnissen unserer Kunden entsprechen. 4. Aktuell nicht für lit a und lit b der möglichen Nachhaltigkeits- präferenzen gemäß Mifid II. Der Markt ist aber dabei, sich den neuen regulatorischen Anforderun- gen anzupassen, und wir rechnen damit, dass sich die Produktland- schaft schnell erweitert. Harald Holzer, Vorstandsmitglied und Chief Invest- ment Officer der Kathrein Privatbank 1. Wir begrüßen grundsätzlich die verpflichtende Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenzen. Wir haben die nötigen regulatori- schen Vorgaben zeitgerecht und gut umgesetzt. Angesichts der doch teils unpräzisen Ausführungen in den verschiedenen Regularien war dies mitunter eine anspruchsvolle Aufgabe. 2. Die größte Herausforderung waren/sind, einerseits die Prozesse inhaltlich neu zu strukturieren und auf der anderen Seite die Daten entsprechend beziehen zu können. Weiters muss für den Privat- investor, der mit den unterschied- lichen Begriffen der Regulatorik wenig vertraut ist, dieses komple- xe Thema gut und nachvollziehbar aufbereitet werden. Das bedeutet Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter in den Vertriebsnetzen. 3. Eine entsprechende Daten- versorgung durch verschiedene Anbieter wird abgedeckt, wenn auch die Datenlage noch eine Minimallösung darstellt und aus- baufähig ist. Durch die Nutzung des EET-Files (European ESG Tem- plate) zwischen Produktherstellern und Interessengruppen werden die Informationen vereinheitlicht. Die geforderten ESG-bezogenen regulatorischen Informationen sind vorhanden. 4. Die meisten Produkte stehen in jener Kategorie (laut Mifid II – DelVO) zur Verfügung, die die nachteiligen Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren (Principle Adverse Impacts) berücksichtigt. Produkte aus jener Kategorie, die auch nachhaltige Investitionen laut EU-Taxonomie abdeckt, sind in der Unterzahl. Grund dafür sind die fehlenden Daten der Unternehmen zu nachhaltigen Wirtschafts- aktivitäten. Dies wird sich in den kommenden Monaten sicherlich positiv verändern. fondsprofessionell.at 3/2022 257 FOTO: © MARLENA KÖNIG | ERSTE BANK, INGO PERTRAMER | BANK GUTMANN, BARBARA NIDETZKY | KATHREIN PRIVATBANK

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