FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2022

Offen gefragt: Neue Regeln FONDS professionell hat zehn Private-Banking-Anbieter zu ihren jüngsten Erfahrungen mit der Umsetzung der neuen ESG-Präferenzen befragt. Noch läuft nicht alles rund … D ie neue Überprüfungspflicht der Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kunden stellt auch die heimischen Private- Banking-Anbieter vor echte Herausforde- rungen. Geht es doch nicht nur um die Frage, was genau die Anleger wünschen und wie sich diese Vorstellungen auf die Geldanlage übertragen lassen. Schwierig ist auch die Ableitung, was das alles konkret für die Depots bedeutet. Sprich: Welcher Fonds ist überhaupt geeignet, die Kunden- bedürfnisse zu erfüllen? FONDS professionell wollte daher von heimischen Private-Banking-Anbietern wis- sen, wie sie die seit 2. August geltenden Re- geln umgesetzt und mit welchen Schwierig- keiten sie aktuell noch zu kämpfen haben. Insgesamt zehn Gesellschaften wurden da- Seit Anfang August müssen auch Private Banker ihre Kunden fragen, ob und, wenn ja, wie sie Nachhaltig- keitsaspekte bei der Geldanlage berücksichtigt wissen wollen. In der Praxis gibt es aber noch Hindernisse. Nachhaltigkeits-Umfrage unter Private-Banking-Anbietern FRAGE: Seit 2. August müssen Sie bei der Beratung zu Anlageproduk- ten die Nachhaltigkeitspräfe- renzen Ihrer Kunden erheben und diese in Ihren Produktemp- fehlungen berücksichtigen. Wie haben Sie den Start der neuen Vorgaben wahrgenommen? Wie setzen Sie die neuen Vor- gaben in der Praxis um, und mit welchen Schwierigkeiten haben Sie dabei zu kämpfen? Wie ist die Datenlage, und wie stellt sich die Zusammenarbeit mit den Asset Managern dar? Liegen Ihnen für alle Fonds die Angaben vor, die Sie benötigen, um einen Abgleich mit den Nachhaltigkeitspräferenzen der Kunden vorzunehmen? Gibt es aus Ihrer Sicht derzeit überhaupt genügend Produkte, um die Wünsche der Kunden erfüllen zu können? Christian Eder, Berater Private Banking, Berater für Nachhaltige Geldanlagen, Private Banking Attersee 1. Wir beschäftigen uns schon seit vielen Jahren intensiv mit dem Thema Nachhaltigkeit. Unsere Mei- nung ist, dass die verpflichtende Abfrage der Nachhaltigkeitspräfe- renzen im Anlegerprofil ein gewis- ser Gamechanger sein könnte, um die Finanzflüsse in eine grünere Richtung zu lenken. Höhere Anlage- volumen sehen wir zum Beispiel im Bereich der erneuerbaren Energien. Alte Denkmuster werden aufgebro- chen, und die KundInnen werden ermutigt, in enkeltauglicheren Dimensionen zu denken. 2. Wir sehen zwei Kundengruppen: die, die mit dem Thema Nachhal- tigkeit überhaupt nichts anfangen können und lieber in Bereiche wie Tabak, Glücksspiel, Öl und Gas oder Rüstung investieren – dieser Zugang hat selbstverständlich sei- ne Berechtigung und ist zu akzep- tieren; und die Kunden, die einen echten Impact auf die Gesellschaft und die Umwelt generieren möch- ten. Hier können wir durch unsere langjährige Erfahrung die passen- den Produkte liefern. 3. Wir sehen hier die Gefahr des „Greenwashings“ ganz klar gege- ben und gehen mit den System- auswürfen äußerst vorsichtig um. Fehleinstufungen hängen in erster Linie mit fehlender oder falscher Datenanlieferung zusammen. Hier sind die Fondsanbieter gefordert, die notwendigen Daten zu liefern. Da wir hausintern ESG-Berater ha- ben, die die Fonds bis ins kleinste Detail durchleuchten, können wir diese Systemfehler aufdecken und dem Kunden dennoch die passen- den Produkte liefern. 4. Produkte gibt es einige. Das komplexe technische Zusammen- spiel aus Datenanlieferungen der Fondsgesellschaften zu den Datenprovidern (Stichwort EET) und dem nachfolgenden korrekten Einspielen in die unterschiedlichen Banksysteme scheint aber noch nicht friktionsfrei zu laufen. Wie immer am Start eines neuen Systems werden sich diese anfänglichen technischen Hürden aber im Lauf der Zeit immer leichter überwinden lassen. BANK & FONDS Private-Banking-Umfrage | Nachhaltigkeit 256 fondsprofessionell.at 3/2022 FOTO: © TIKO | STOCK.ADOBE.COM, STEFAN SOESER | PRIVATE BANKING ATTERSEE

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