FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2022

zeigt die Umfrage, dass die gemeldeten European-ESG-Template-Daten der einzel- nen Fonds sowohl in Quantität als auch in Qualität sehr unterschiedlich sind.Christian Eder, Berater bei Private Banking Attersee, beschreibt die Situation etwa folgenderma- ßen: „Wir reiben uns des Öfteren verwun- dert die Augen, wenn Fonds, die ganz of- fensichtlich grüne Fonds sind und auch entsprechende Gütesiegel vorweisen kön- nen, im systemischen Bankberatungspro- zess nicht als nachhaltiges Investment ein- gestuft sind. Andererseits gibt es Fonds, die seit Jahren nicht unbedingt als ESG-Fonds bekannt sind und auf einmal ein grünes Nachhaltigkeits-Umfrage unter Private-Banking-Anbietern FRAGE: Seit 2. August müssen Sie bei der Beratung zu Anlageproduk- ten die Nachhaltigkeitspräfe- renzen Ihrer Kunden erheben und diese in Ihren Produktemp- fehlungen berücksichtigen. Wie haben Sie den Start der neuen Vorgaben wahrgenommen? Wie setzen Sie die neuen Vor- gaben in der Praxis um, und mit welchen Schwierigkeiten haben Sie dabei zu kämpfen? Wie ist die Datenlage, und wie stellt sich die Zusammenarbeit mit den Asset Managern dar? Liegen Ihnen für alle Fonds die Angaben vor, die Sie benötigen, um einen Abgleich mit den Nachhaltigkeitspräferenzen der Kunden vorzunehmen? Gibt es aus Ihrer Sicht derzeit überhaupt genügend Produkte, um die Wünsche der Kunden erfüllen zu können? Dr. Robert Löw, CEO, Liechten- steinische Landesbank (Österreich) AG 1. Die LLB-Gruppe setzt in ihrer neuen Strategie ACT-26 einen Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit. Wir haben bereits seit Längerem ein umfassendes ESG-Produkt- angebot und kennen die Präferen- zen unserer Kunden schon sehr gut. Neu ist die formale schriftliche Dokumentation. Diese haben wir fristgerecht umgesetzt und in den Beratungsprozess integriert. 2. Es bestehen unsererseits keine Schwierigkeiten in der Umsetzung. Wir haben unsere Kundenbera- ter/innen umfassend geschult und ESG in den Beratungsprozess inte- griert. Eher empfinden die Kunden diese zusätzliche formale Doku- mentation neben den ohnehin schon viele Seiten umfassenden Kontovertragsunterlagen als zusätzliche bürokratische Belastung. 3. Bei den hauseigenen Produkten besteht natürlich volle Transpa- renz. Bei Drittprodukten bedienen wir uns der ESG-Datenbanken spezialisierter Anbieter wie MSCI, Bloomberg oder ISS, die hohe Standards betreffend Daten- qualität- und -pflege, -schutz und -sicherheit bieten. 4. Das Universum an ESG- Produkten in den meisten Vermögensklassen hat sich in den letzten drei Jahren vervielfacht. Ein Großteil der Anlagesegmente kann über Investmentprodukte abgebildet werden. Aber es gibt natürlich einzelne Anlageklassen oder -regionen – beispielsweise Aktien oder Anleihen aus Schwellenländern –, deren Standards noch nicht den ESG-Normen entsprechen. Erich Stadl- berger, Leiter Private Banking & Asset Management Oberbank 1. Durchaus herausfordernd – aber wir sind gut aufgestellt. Unser Beratungsprozess wurde um die Abfrage der Nachhaltigkeitspräfe- renzen erweitert. Parallel dazu haben wir im Produktbereich den schon bisher bestehenden Auswahlprozess entsprechend aus- gebaut. Neue Verkaufsunterlagen, Informationsseiten im Oberbank-In- tranet und Internet erstellt. Unsere Berater haben eine externe ESG- Zertifizierung absolviert und wur- den somit intensiv auf die neuen Gegebenheiten vorbereitet. 2. Zu den Herausforderungen zählten die technische Umsetzung und der Zeitdruck, innerhalb von drei Monaten die regulatorischen Anforderungen laut EU-Aktions- plan in die Praxis umzusetzen und dabei den Kunden das Thema verständlich aufzubereiten. Die Umsetzung der Nachhaltigkeits- beratung erfolgte in der Oberbank abteilungsübergreifend. Durch die gute Zusammenarbeit und das hohe Engagement aller Beteiligten wurden für alle Bereiche sehr gute Lösungen erarbeitet. 3. Aufgrund dessen, dass die Fonds bis zum Jahr 2023 ihre Nachhaltigkeitsstrategie bezüglich ihrer Ausrichtung bekannt geben müssen, die Umsetzung für Banken jedoch schon jetzt erfolgt, ist die Datenmenge gering. Daher greifen wir auf eine externe unab- hängige Researchdatenbank zu, die geschätzte unabhängige Daten zur Verfügung stellt. Jedoch ist hier auch nicht sichergestellt, dass zu allen Fonds ausreichende Daten zu allen Produkteigen- schaften vorhanden sind. 4. Der nachhaltige Auswahlpro- zess ist bei uns streng. Wir können unsere Kunden dennoch eine attraktive, ausreichende Produkt- palette in den Anlageklassen Aktien, Fonds und Anleihen anbieten. Lediglich im Fall extrem starker Einschränkungen, insbe- sondere bei den PAI, kann es dazu kommen, dass wir tatsächlich kein passendes Produkt anbieten können. Die Erfahrungen der ersten Wochen zeigen allerdings, dass dies die Ausnahme ist. Karsten Volker, Leitung Nach- haltigkeit, Schel- hammer Capital Bank AG 1. Der Regulator hat nun eine eigene Definition von Nachhaltigkeit auf den Weg gebracht. Dass die Abfrage der Nachhaltigkeits- präferenzen nun über drei unter- schiedliche Konzepte erfolgt, sorgt bei den Kunden erst mal für Verwirrung. Viele fragen uns: Muss das so kompliziert sein? 2. Die Abfrage der Nachhaltigkeits- präferenzen stellt uns vor zwei Herausforderungen: zum einen die Implementierung in die IT-Systeme und zum anderen der Umgang mit dem Thema im Beratungsgespräch. Die Umsetzung der Vorgaben in den IT-Systemen ist teilweise komplex und erfordert große Datenmengen, die beschafft und verarbeitet werden müssen. Darüber hinaus existieren in einigen Bereichen kei- ne genauen Definitionen, dies führt zu einem gewissen Interpretations- spielraum bei der Umsetzung. 3. Die Abfrage der Nachhaltigkeits- präferenzen startete im August, die Asset Manager müssen allerdings verpflichtend erst Ende des Jahres aussagekräftige Daten liefern – das hätte der Regulator besser lösen können. Die Daten der hauseigenen Produkte liegen selbstverständlich vor, einige Asset Manager liefern auch jetzt schon Daten, einige erst später. Es müssen riesige Daten- mengen verarbeitet werden, die Qualität der Daten reicht von befriedigend bis zu mangelhaft oder sogar ungenügend. 4. Es stehen drei Konzepte bei der Abfrage der Nachhaltigkeits- präferenzen zur Auswahl oder eine Kombination aus diesen. In der Tat: Entscheidet sich der Kunde für alle drei, bleibt nicht mehr viel übrig. Für uns war es daher wichtig, unsere Berater umfassend zu schulen und mit verständlichen Unterlagen auszustatten. BANK & FONDS Private-Banking-Umfrage | Nachhaltigkeit 258 fondsprofessionell.at 3/2022 FOTO: © GÜNTER MENZL, ERIC KRÜGL | OBERBANK, PETER BERGER | SCHELHAMMER CAPITAL BANK

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=