FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2022

Luke Barrs , Aktienchefstratege für EMEA und Asien bei Goldman Sachs Asset Management , warnt davor, sich durch die Baisse von der langfristigen Stärke bestimmter Unternehmen ablenken zu lassen. Aus seiner Sicht bieten vor allem US-Werte Potenzial. I n einer von hoher Unsicherheit gepräg- ten Zeit ist ein Aktienfondsmanager im Grunde permanent mit der Frage konfron- tiert: Ist auf dem aktuellen Kursniveau an den Märkten ein Punkt erreicht, den ich zum Einstieg nutzen sollte, oder ist es sinn- voller, an der Seitenlinie zu bleiben oder mich gar von bestimmten Positionen zu trennen? Wir haben darüber mit Luke Barrs gesprochen, er ist Leiter eines in London ansässigen Teams von Spezialisten für die europäischen und asiatischen Märkte bei Goldman Sachs Asset Management. Herr Barrs, welches Volumen managt das Aktienmanagementteam, das Sie als Chef- stratege für EMEA und Asien leiten? Luke Barrs: Mein Team steht für den funda- mental orientierten Investmentansatz und verantwortet gemeinsam mit unseren quantitativ orientierten Kollegen das Port- foliomanagement für an Börsen gehandel- te Aktien. Insgesamt managen wir allein im fundamentalen Aktienbereich ein Fondsvermögen von 110 Milliarden US- Dollar für unsere Kunden weltweit. Wie reagieren Sie auf Kapitalmärkte, die zurzeit gleich mit einer ganzen Serie von Herausforderungen konfrontiert sind? Herausfordernd ist wahrscheinlich sogar ein etwas zu schwacher Ausdruck, um die derzeitige Verfassung der Kapitalmärkte zu beschreiben.Die vergangenen zwölf Mona- te waren zum größten Teil von einem zunehmenden Inflationsdruck geprägt, hervorgerufen durch die Energiekrise auf- grund des Kriegs in der Ukraine. Aber man sollte nicht vergessen, dass wir schon vor Ausbruch des Kriegs mit den Folgen der Lieferkettenprobleme durch die Covid- Pandemie konfrontiert waren. All das zusammengenommen hat nicht nur das Wirtschaftswachstum, sondern auch die Stimmung an den Märkten insgesamt erheblich belastet. Mit welcher Konsequenz? Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass sich die Ausrichtung der Zentralbanken komplett verändert hat. Vor nicht einmal einem Jahr sind Marktteilnehmer noch von vielleicht ein oder zwei Zinserhöhun- gen der Fed für das laufende Jahr ausgegan- gen. Tatsächlich befinden sich die Noten- banken aktuell jedoch auf einem deutlich restriktiveren Kurs, mit dem sie versuchen, verloren gegangene Glaubwürdigkeit zu- rückzugewinnen und einemweiteren Aus- ufern der Inflation, so gut es geht, zuvor- zukommen. Davon darf man sich aber als Aktieninvestor nicht vereinnahmen lassen. Leichter gesagt als getan. Die Zeit seit Jahresbeginn war natürlich geprägt von enormen Kursrückgängen in einzelnen Werten und an den Märkten ins- gesamt. Für den Großteil des Sommers hat eine phasenweise hohe Volatilität zu einem deutlichen Anziehen der Kurse geführt, was sich nach kurzer Zeit aber als Bären- marktrally erwiesen hat. Das macht es für einen Aktienfondsmanager natürlich nicht einfach. Man darf sich aber dadurch nicht ablenken lassen von der langfristig funda- mentalen Stärke einiger Unternehmen. Denn die allgemeine Kursschwäche bietet „Möglichkeiten zum Einstieg durch selektive Käufe “ » Für risikoorientierte Investments wird es alles andere als eine einfache Phase sein, die vor uns liegt. « Luke Barrs, Goldman Sachs AM 114 fondsprofessionel.at 3/2022 MARKT & STRATEGIE Luke Barrs | Goldman Sachs AM

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