FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2022

Neue Pflichten ab August Die Abfrage der sogenannten Nachhaltigkeitspräferenzen wird für Berater mit August dieses Jahres von der Kür zur Pflicht. Aktuell fehlt es allerdings noch an einem ESG-Zielmarktkonzept. A ngesichts der aktuellen Ereignisse in der Ukraine gehen andere Themen regelrecht unter, leider verschwinden sie aber auch nicht. Eines der für die Finanzbe- ratung wichtigen Themen wird nämlich bereits mit dem 2. August 2022 schlagend. Dann ist in Kundengesprächen die Abfrage der sogenannten Nachhaltigkeitspräferen- zen zwingend. Die Kundenprofile werden also ein, zwei Seiten länger. Das ist in Dele- gierten Verordnungen festgeschrieben, die imApril 2021 veröffentlicht wurden. Sie er- weitern die Finanzmarktrichtlinie Mifid II und die Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD. Konkret muss dann erfragt werden, ob und welcher Mindestanteil eines Port- folios nachhaltig veranlagt werden soll. Daraus ergeben sich mehrere Problemstel- lungen. Zum einen fehlen aktuell immer noch die technischen Regulierungsstan- dards (RTS), welche die Vorgaben der EU- Offenlegungsverordnung präzisieren wer- den. So werden die technischen Standards etwa vorsehen, welche Angaben Kapitalver- waltungsgesellschaften zu entsprechenden Produkten auf ihrer Homepage machen müssen, was genau in den vorvertraglichen Informationen stehen muss und wie das regelmäßige Reporting auszusehen hat. Die Verzögerung an sich überrascht nicht besonders. Immerhin hat die EU- Kommission den Anwendungszeitpunkt für die insgesamt 13 RTS im August dieses Jahres schon einmal um sechs Monate ver- legt – vom 1. Januar auf den 1. Juli 2022. Mit der erneuten Verschiebung könnte nun aber auch der Starttermin für die Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenzen wackeln. Zum anderen zeigen sich bereits jetzt Probleme, die in der Praxis auftauchen könnten, denn die Bestimmungen sehen derzeit vor, dass Kunden erklärt werden soll, was unter einem Finanzprodukt im Sinne der Taxonomie oder der Offenle- gungsverordnung zu verstehen ist und wie sich nachhaltige Finanzprodukte von sol- chen unterscheiden, die diese Merkmale nicht aufweisen. Die EU-Kommission gibt in ihrer Delegierten Verordnung zur Mifid- II-Richtlinie durchaus Anhaltspunkte,wann ein Fonds den Nachhaltigkeitspräferenzen eines Anlegers gerecht wird. Wirklich pra- xistauglich sind die Vorgaben allerdings nicht.Genaue Leitlinien hierfür fehlen und werden wohl auch nicht kommen. Denn klar ist: Den alles entscheidenden „ESG-Stempel“ für Fonds und andere Finanzinstrumente wird es nicht geben. Dafür fällt das Urteil, was jemand persön- lich als nachhaltig empfindet, zu individu- ell aus.Während die einen Wert auf klima- neutrale Investments legt, stehen für andere womöglich sichere Arbeitsplätze und ein wertschätzender Umgang mit den Beschäf- tigten im Vordergrund. Die EU-Kommis- sion hat in ihrer Delegierten Verordnung zur Mifid-II-Richtlinie, die die Abfrage der » Ein ESG-Zielmarkt- konzept wird im Rahmen der WKO-Bundessparte Bank und Versicherungen gerade abgestimmt. « Dietmar Rupar, VÖIG Die Richtung ist klar: In Zukunft müs- sen die Nachhaltigkeitspräferenzen von Kunden im Bereich der Anlage- beratung abgefragt werden. Wie das in der Praxis funktionieren soll, ist allerdings noch nicht eindeutig geklärt. STEUER & RECHT Nachhaltigkeitspräferenzen 264 fondsprofessionell.at 1/2022 FOTO: © COLOURES-PIC | STOCK.ADOBE.COM

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