FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2022

beobachten eigentlich keine wesentlich ver- änderte Vorgehensweise bei der Kredit- vergabe. Die Banken unterliegen ohnehin einem sehr strengen Aufsichtsregime, daher wurden die finanziellen Verhältnisse von Kunden schon bisher so detailliert geprüft wie jetzt auch“, meint Buwog- Geschäftsführer Andreas Holler. Anbieter sind gelassen Die Kreditinstitute müssen bei der An- passung der Vergabekriterien behutsam vorgehen. Denn überall dort, wo sie den Bau von Immobilienprojekten finanziert haben, sind sie darauf angewiesen, dass die Entwickler die Wohnungen und Häuser verkaufen. Auch hier geht es um einen beträchtlichen Betrag: Das Volumen der an private Unternehmen ausgegebenenWohn- baukredite beträgt weit mehr als 200 Mil- liarden Euro. Spitzer berichtet in diesem Zusammenhang: „Die Banken sehen eine Immobilienblase, daher stehen sie auch bei Bauträgerfinanzierungen momentan stark auf der Bremse.“ Dennoch scheint die Anbieterseite zur- zeit entspannt zu sein: Von den neuen Vor- gaben der FMA erwartet beispielsweise das Makler- und Beratungsunternehmen EHL in der Praxis „in den seltensten Fällen relevante“ Auswirkun- gen, da die meisten Käufer über eine gute Bonität verfüg- ten und mit mehr Eigenkapital agierten, als eigentlich erforder- lich wäre. Geschäftsführerin Karina Schunker meint, dass die Vorsicht durch neue Re- striktionen nur noch größer wird: „Es ist ein bisschen so, wie wenn auf einer Straße, auf der fast alle ohnehin nur 30 km/h fahren, die Geschwindig- keitsbeschränkung von 70 auf 50 gesenkt wird. Das mag auf dem Papier eine große Ände- rung sein, tatsächlich ändert sich aber kaum etwas.“ Kurswechsel Wer tiefer in den Markt hineinhört, erfährt, dass die Kreditinstitute bereits um- schwenken. „Die Stimmung bei den Ban- ken ist momentan schaumgebremst, wobei westösterreichische Banken in der Kredit- vergabe momentan noch etwas kunden- freundlicher sind“, erzählt Spitzer aus der Praxis. Je nach Kunde und Bonität sind weiterhin gute Konditionen erhältlich, da- ran dürfte sich nichts Wesentliches ändern. Die Verkäufer vergessen aber, dass in den vergangenen Jahren viele bonitätsschwache Käufer finanziert wurden und teilweise sogar die Erwerbsnebenkosten über den Kredit abgedeckt wurden. Diese Auswüch- se wird es nicht mehr geben, wodurch den Anbietern viele Käufer wegbrechen wer- den. „Wir sehen bereits, dass nicht nur die Eigenkapitalanforderungen und die Belei- hungs- und Zinsdeckungsquoten, sondern auch die Werte in den Haushaltsrechnern der Banken angepasst werden“, so Spitzer. Die Nachfrage nach Eigentums- und Vorsorgewohnungen ist jedenfalls wei- terhin hoch, und viele Käufer sind in der Lage,mehr Eigenkapital einzubringen. „Bei einer Vorsorgewohnung erwarten die meis- ten Banken jetzt schon ein gewisses Eigen- kapital, da es sich um ein langfristiges Investment mit gewissen, wenn auch gerin- gen Risiken handelt“, sagt Klier. Die Banken werden künftig ein noch größeres Augenmerk auf die Wirtschaftlichkeit der Vorsorge- wohnung legen. Denn ange- sichts der steigenden Inflation und der sinkenden Kaufkraft ist es alles andere als sicher, dass sich alle Nutzer die Höhe der Mieten nebst Mieterhöhungen in frei finanzierten Wohnun- gen längerfristig leisten kön- nen. Dieses Risiko muss in der Gesamtbetrachtung nicht nur beim Kredit, sondern auch beim Kaufpreis bewertet wer- den und ist einer von vielen Gründen, warum ein Kredit nicht Spitz auf Knopf gerech- net werden sollte. ALEXANDER ENDLWEBER FP » Das mag auf dem Papier eine große Änderung sein, tatsächlich ändert sich aber kaum etwas. « Karina Schunker, EHL Zinsen bei Wohnbaukrediten Die Nullzinspolitik der EZB hat die Zinssätze für neue Wohnbaukredite in den Keller geschickt. Das heizt die Immobilienpreise an. Quelle:OeNB 0% 1% 2% 3% 4% 5% 6% I I 2020 I I I I I 2015 I I I I I 2010 I Wohnbaukredite an private Haushalte 3 Wohnbaukredite 5 - 10 Jahre an private Haushalte Wohnbaukredite über 10 Jahre an private Haushalte Effektivzinssatz Wohnbaukredite an private Haushalte SACHWERTE Wohnimmobilienpreise 164 fondsprofessionell.at 1/2022 FOTO: © ALEXANDER SCHLEISSING

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