FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2021

Als Kernkompetenz würde ich unsere sehr starke und ausgeprägte Investmentkultur nennen: Wir sind ein aktiver Verwalter und glauben, dass ein Teamansatz für eine lang- fristige Anlageperformance förderlicher ist als eine Starkultur. Das erklärt auch unsere geringe Mitarbeiterfluktuation und stärkt die Beziehung zu unseren Kunden. Wir versuchen nicht krampfhaft, jede sich bie- tende Gelegenheit wahrzunehmen, son- dern haben uns klar für unsere vier strate- gischen Schwerpunkte – thematische Investments, Schwellenländer, alternative Anlagen und Multi-Asset – entschieden. Das deckt zwar nicht unser gesamtes Ange- bot ab, aber es sind unsere vier Kernberei- che, für die wir mit rund 80 Prozent den Großteil unserer Ressourcen einsetzen, weil unsere Kunden hier zurecht einen Mehr- wert von uns erwarten. Darüber hinaus sind wir davon überzeugt, dass Umwelt-, Sozial- und Governance-Überlegungen (ESG) uns helfen können, bessere langfris- tige Anlageentscheidungen für unsere Kun- den zu treffen. Daher verwalten wir nicht nur Aktienportfolios mit Themen, die für das Konzept der Nachhaltigkeit von zentra- ler Bedeutung sind, wir sind auch bestrebt, ESG-Kriterien in unsere gesamten Anlage- prozesse zu integrieren, um Renditen zu steigern und Risiken zu mindern. Beim Stichwort thematische Investments: Hat dieser Bereich nicht schon jetzt ein zu großes Gewicht in Ihrem Produktangebot? Es ist schon richtig, dass die thematischen Investments mit einem insgesamt verwal- teten Vermögen von inzwischen über 70 Milliarden Euro mittlerweile fast der Hälfte unserer über Intermediäre vermittelten Fondsbestände entsprechen. Als ein zu gro- ßes Gewicht erachten wir das jedoch nicht. Das sage ich nicht etwa, weil wir in diesem Bereich echte Pionierarbeit geleistet haben, seit wir 1995 unsere erste Strategie dieser Art umgesetzt haben. Aber die Tatsache, dass eine Reihe von Themen nicht um- sonst eine Vielzahl von Nachahmern ge- funden hat, zeigt doch das damit nach wie vor verbundene Potenzial. Wobei wir den dadurch entstandenen Wettbewerb, der in- zwischen sowohl auf der passiven wie auch der aktiven Seite enorm stark ist, durchaus begrüßen. Dieser Wettbewerb verhindert schließlich, dass wir uns auf unseren Lor- beeren ausruhen. Unsere Führungsrolle wollen wir indes auf jeden Fall behalten. Laufen Themenfonds nicht Gefahr, ein ähn- liches Schicksal zu erleiden, wie es um die Jahrtausendwende die Branchenfonds oder vor der Finanzkrise die Immobilien- investments erlebt haben? Solange wir einen echten thematischen Ansatz durch erfahrene Teams professionell umsetzen, sind wir von dieser Art Risiko meiner Auffassung nach noch weit ent- fernt. Aber ich räume ein, dass Themen- fonds inzwischen sehr populär geworden sind. Das Etikett wird inzwischen fast schon inflationär verwendet für Invest- mentansätze, die aus unserer Sicht eher eine Nische darstellen. Denn wenn ein Thema in Bezug auf seine Definition und die Liquidität zu eng gefasst ist, dann äh- nelt es in der Tat schnell einem eher sekto- ralen Ansatz.Und man läuft Gefahr, dass es zu Enttäuschungen kommt, sobald es auf » Wir glauben, dass ein Team- ansatz für eine langfristige Anla- geperformance förderlicher ist als eine Starkultur. « Luca Di Patrizi, Pictet AM fondsprofessionell.at 4/2021 205

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