FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2021

Europa überdenkt schon wieder die gesetzlichen Vorgaben für gewerbliche Versicherungsvermittler. FONDS professionell sprach darüber mit Stefan Trojer, der imWirtschaftsministerium für die Finanzberufe und für die Gewerbeordnung zuständig ist. F ür die Aufsicht über die selbstständi- gen Versicherungsvermittler sind in Österreich die lokalen Gewerbebehörden zuständig – die Bezirkshauptmannschaften und Magistrate. Dass es das Wirtschaftsmi- nisterium, das die gesetzlichen Vorgaben ausarbeitet,mit dieser dezentralen Struktur nicht immer einfach hat,wird imGespräch mit Stefan Trojer deutlich. Insbesondere im Hinblick auf das sechste Anti-Geldwäsche- Paket der EU sei ein koordinierteres Vorge- hen nötig, sagt der Experte aus dem Bun- desministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (BMDW). Herr Trojer, die nationale Einführung der Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD im Jahr 2018 verursachte auch im Wirt- schaftsministerium hohen Arbeitseinsatz. Ist mittlerweile Ruhe eingekehrt? Stefan Trojer: Aus meiner Sicht war der Umsetzungsprozess im Vergleich zur Vor- gängerrichtlinie IMD, der Versicherungs- vermittlungsrichtlinie, sehr gelassen. Da- mals haben wir offenbar bereits viele Pro- bleme abgearbeitet. Auf EU-Ebene gibt es hingegen gerade viel Bewegung. Die Versicherungsaufsicht EIOPA erstellt soeben einen Bericht über die Befragung der Stakeholder zu den IDD- Erfahrungen. Und unlängst hat die EU- Kommission einen Call for Advice an die EIOPA geschickt, in dem sie um Ideen für einen besseren Kleinanlegerschutz bittet. Dieses Papier greift einer IDD-Revision vor. Die EIOPA stellt momentan schon sehr viele Überlegungen an, die alle im Sinne der Kapitalmarktunion der EU sind.Das ist sehr interessant, weil alles mit den zahlrei- chen Aktivitäten ineinandergreift, die gera- de von der EU-Kommission ausgehen. Da wird auf vier bis fünf großen Ebenen, gear- beitet. Es gibt weitere Studien der Kommis- sion zum Schutz der Retailanleger. Und sie hat ihren Call for Advice auch an die Marktaufsicht ESMA gerichtet. Im Call for Advice stellt die Kommission ja auch Unterschiede zwischen der IDD und der Wertpapierrichtlinie Mifid II in Frage … Was die Kommission vorhat, ist in meinen Augen gewaltig. Ich habe mich auch gefragt, warum sie das macht. Wie Sie schon gesagt haben: Wir haben die IDD endlich umgesetzt, auf einmal beginnen wir an allem zu zweifeln. Mein erster Gedanke war, da müssten hunderte Be- schwerden vorliegen, dass man ein derart riesiges Feld eröffnet. Existieren diese Probleme, die so große Änderungen rechtfertigen? Das Wirtschaftsministerium ist ja auch Be- schwerdestelle für Versicherungsvermittler, während das Konsumentenschutzministe- rium für die Beschwerden über Versiche- rungsunternehmen zuständig ist. Bei uns gibt es ziemlich wenige Beschwerden, wäh- rend die Versicherungen relativ viele haben. Mag sein, dass die EU-Kommission diese hohe Zahl als Grundlage hernimmt. Wie viele Beschwerden haben Sie? Bei mir sind es nur ungefähr 20 pro Jahr. „Was die Kommission vorhat, ist gewaltig “ » Die EIOPA stellt momentan sehr viele Überlegungen an, die alle im Sinne der Kapitalmarktunion der EU sind. « Stefan Trojer, Wirtschaftsministerium FOTO: © MARLENE FRÖHLICH | LUXUNDLUMEN 154 fondsprofessionell.at 4/2021 FONDS & VERSICHERUNG Stefan Trojer | Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort

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