FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2021

Welche Themen sind dabei besonders wichtig? Die gesamte Materie ist sehr komplex. Die Komplexität steigt, sobald es auch um Un- ternehmensnachfolge geht. Eine umfassen- de Analyse ist unabdingbar, um sich ein Gesamtbild der Situation zu machen und auf Fragestellungen hinzuweisen, an die die Klienten üblicherweise nicht denken. Zu berücksichtigen ist zum Beispiel, ob es Ver- mögen im Ausland gibt oder wo Klienten zum Todeszeitpunkt ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort haben. Stichwort EU-Erb- rechtsverordnung. Da kann ein österreichi- scher Staatsbürger durch die sogenannte Rechtswahl österreichisches (Erb-)Recht wählen, auch wenn er seinen gewöhnli- chen Aufenthalt beispielsweise in Rom hat. Auch ausländisches Immobilienvermögen unterliegt immer wieder einer Erbschaft- steuer, was vielen Klienten nicht bewusst ist. Eine Frage wäre auch, ob der Klient ei- ne Vorsorgevollmacht und eine Patienten- verfügung getroffen hat. Und natürlich ak- tuelle Themen, beispielsweise die Regelung des digitalen Nachlasses. Sofern auch ein Familienunternehmen vorhanden ist, steigt die Komplexität. Soll das Unternehmen von einem Familienmitglied weitergeführt werden? Wenn daran kein Interesse besteht, kann das bis zu einer Einbringung des Un- ternehmens in eine Privatstiftung gehen. Bei allen Fragestellungen spielen auch rechtliche und steuerliche Aspekte eine große Rolle, mit denen Experten konfron- tiert werden müssen. Wo liegen beim Thema Nachfolgeplanung Ihrer Erfahrung nach die größten Schwie- rigkeiten? Die Aufgabenstellung bei der Nachfolge- planung ist ja breit gefächert, der Bereich ist sehr komplex. Loslassen ist natürlich für die meisten Klienten eine enorme Heraus- forderung, sie in dieser Phase dabei zu begleiten, klar definierte Aufgaben und Verantwortungen im Zuge der Übergabe zu finden, ist oft ein Hochseilakt. Da be- darf es schon großer Sensibilität seitens des Beraters. Dazu kommen oft noch innerfa- miliäre Gegebenheiten, widersprüchliche Interessen in der Familie. Emotionale Intel- ligenz ist gefragt. Auch eine geeignete Rechtsform, spezielle Förderungen oder Finanzierungen für den Nachfolger zu fin- den, ihn bei der Erstellung von Business- plänen zu unterstützen sowie steuerliche Aspekte zu klären – all das zählt zu den Aufgaben des Vermögensberaters. Hier kommt mir meine umfassende betriebs- wirtschaftliche Ausbildung im Rahmen des CFEP und CFP sehr zugute. Sie sind einer von zehn Beratern in Öster- reich, die den „Certified Foundation and Estate Planner“ (CFEP) gemacht haben. Können Sie die Vorteile der Ausbildung für Ihre Beratungspraxis schildern? Die Ausbildung zum CFEP ist eine wert- volle Ergänzung zum CFP, der ja die Vor- aussetzung für diese weiterführende Ausbil- dung darstellt. CFP ist ein weltweiter Bera- tungsstandard auf höchstem Niveau mit klaren Standesregeln sowie laufender Wei- terbildung, die Voraussetzung für eine Re- zertifizierung ist ebenso wie beim CFEP. Die Lehrinhalte des CFEP umfassen schwerpunktmäßig Unternehmensbewer- tung, Aspekte der Vermögensweitergabe unter Lebenden sowie im Todesfall. Dazu werden auch grenzüberschreitende Aspek- te berücksichtigt. Vertiefend dazu Grundla- gen zum Erbrecht anhand von Praxisfällen, die Gesamteinschätzung von Businessplä- nen, Ziele, Grundlagen und der Ablauf von Unternehmensbewertungen. Darüber hinaus im Bereich der unternehmerischen Vermögensnachfolge gesellschafts- und steuerrechtliche Grundlagen, die Bedeu- tung strategischer Nachfolgeplanung, Nachfolgeregelung in den einzelnen Unter- nehmensformen sowie Nachfolge bei aus- ländischem betrieblichem Vermögen. Inter- nationales Erbrecht und Erbschaftsteuer- » Die Aufgabenstellung bei der Nachfolge- planung ist ja breit gefächert, das Thema ist sehr komplex. « Raimund Enengl, Taurus Investment SPEZIAL | ERBEN & VERERBEN Raimund Enengl | Taurus Investment FOTO: © MARLENE FRÖHLICH 194 fondsprofessionell.at 2/2021

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