FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2020

sie auch von der Einlagensicherung erfasst. Für diese Fälle ist gesetzlich ein Vorrang der Einlagensicherung vorgesehen. Historischer Hintergrund Die österreichische Einlagensicherung hat schon einige Bankenpleiten miterlebt – denn der Gesetzgeber hat sie bereits im Jahr 1986 ins Leben gerufen. Beinahe un- vorstellbar ist heute, dass damals kein Ban- kenzusammenbruch verantwortlich für die entsprechenden Gesetze war, sondern diese vielmehr als präventive Maßnahme vor- gesehen wurde.Ursprünglich hatte die Ein- lagensicherung einen Höchstbetrag von 200.000 Schilling pro natürlicher Person gesichert. Heute wären das etwa 14.500 Euro. Der Anstieg der gesicherten Beträge kann dabei auf das verstärkte Bedürfnis nach gesicherten Einlagen zurückgeführt werden, daneben haben europäische Vor- gaben die Erhöhung erforderlich gemacht. Waren es zunächst noch 50.000 Euro, mussten ab dem 1. Jänner 2011 schon die heute bekannten 100.000 Euro pro Einle- ger gesichert sein. Die Anlegerentschädi- gung geht demgegenüber auf eine europäi- sche Richtlinie aus dem Jahr 1998 zurück. Damals waren 20.000 ECU (European Currency Unit, Buchgeld-Vorgänger des Euro), in Österreich somit zirka 260.000 Schilling, gesichert. Auf freiwilliger Basis haben sich Kreditinstitute aber bereits deut- lich vor den 80er-Jahren zu Einlagensiche- rungsgemeinschaften zusammengeschlos- sen. In Österreich wurde die erste Einlagen- sicherung 1937 gegründet, seit 1966 gibt es bundesweite Sicherungssysteme. Im inter- nationalen Vergleich gehört Österreich da- mit zu den Vorreitern. Die Musterschüler waren hingegen die damalige Tschecho- slowakei und die USA, die bereits 1933 eine Einlagensicherung einführten. Wie die Causa Commerzialbank jüngst zeigt, ist die Einlagensicherung auf statt- liche Geldreserven angewiesen. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wer denn diese Mittel zur Verfügung stellt. Naheliegend wäre die Annahme, dass der Staat als „Retter der Sparstrümpfe“ ein- springt – womit letztlich der Steuerzahler Bankenausfälle zu tragen hätte. Das fand der österreichische Gesetzgeber schon in der Geburtsstunde der Einlagensicherung ungerecht – deshalb hat er vorgesehen, dass die Banken unmittelbar selbst die Mittel zur Verfügung stellen müssen: Banken, die wissen, dass die Republik beziehungsweise die Steuerzahler letzten Endes ein Sicher- heitsnetz unter ihnen aufspannen, agieren anders, als wenn sie selbst ein solches Netz finanzieren müssen. Mit dem EU-Beitritt wäre eine staatliche Einlagensicherung noch undenkbarer geworden, denn durch eine staatliche Haftungsübernahme wären österreichische Banken im Vergleich zu Banken aus anderen Mitgliedsstaaten unge- rechtfertigt bevorzugt worden. Drei Rechtsträger In Österreich gibt es aktuell drei Rechts- träger, die als Sicherungseinrichtungen qua- lifiziert sind und damit sowohl für die Ein- lagensicherung als auch für die Anlegerent- schädigung zuständig sind: die Einlagen- sicherung Austria GmbH, die S-Haftungs GmbH und die Anlegerentschädigung von Wertpapierfirmen GmbH. Die S-Haftungs GmbH ist die Einlagensicherung aller Banken aus dem Sektor der Erste Bank und Sparkassen. Die Einlagensicherung Austria GmbH deckt die übrigen österrei- chischen Banken ab. Bis zum 1. Jänner 2019 hatten die einzelnen Bankensektoren noch eigene Einlagensicherungseinrichtun- gen – eine Gesetzesnovelle hat hier jedoch für Umstrukturierungsbedarf gesorgt. Für Wertpapierfirmen ist hingegen exklusiv die Anlegerentschädigung von Wertpapier- firmen GmbH zuständig. Bei ihr müssen alle Wertpapierfirmen, die sicherungspflich- tige Wertpapierdienstleistungen erbringen, Mitglied sein. Alle bestehenden Sicherungseinrichtun- gen finanzieren sich über Beiträge ihrer Mitglieder. Diese werden von den Siche- rungseinrichtungen abhängig vom Risiko vorgeschrieben, das die jeweilige Bank aus- strahlt. Kleinere Banken – wie auch die Commerzialbank – müssen daher im Ver- hältnis zu großen Instituten (z.B. Raiff- eisen-Sektor) weniger zahlen. Die bereits erwähnte doppelte Gefahr für Banken liegt darin, dass sie einerseits Beiträge in den Sicherungsfonds einzahlen und die Insol- venz einer Bank so wirtschaftlich zumin- dest mittragen. Die Einlagen, die die Ban- ken beim insolventen Institut haben, sind selbst nicht gesichert – sie kommen daher zweimal zum Handkuss. Was ist gesichert? Die österreichischen Sicherungssysteme erfassen jedenfalls Einlagen von österreichi- schen Kunden bei österreichischen Banken. Das erscheint ebenso logisch, wie dass sie Einlagen etwa von deutschen Kunden bei deutschen Banken nicht erfassen.Wie sieht es in Fällen aus, die dazwischen liegen? Ein- lagen von österreichischen Kunden bei Banken im Ausland sind weder von der Einlagensicherung noch von der Anleger- entschädigung erfasst. Das liegt – nachvoll- ziehbarerweise – daran, dass z.B. amerika- nische Banken keine Mitglieder einer öster- reichischen Sicherungseinrichtung sind. Einlagen von ausländischen Kunden bei österreichischen Banken sind demgegen- über sehr wohl von der Einlagensicherung und der Anlegerentschädigung geschützt. Gleichzeitig sind die Vorschriften in den EU-Mitgliedsstaaten harmonisiert – in der EU sind Einlagen jedenfalls bis zum Betrag von 100.000 Euro pro Einleger gesichert. Auch in der Schweiz sind Einlagen bis 100.000 Schweizer Franken geschützt – pro Sicherungsfall aber insgesamt maximal sechs Milliarden Schweizer Franken. In den USA sind Einlagen sogar bis zu 250.000 Dollar gesichert. DIE AUTOREN: Dr. Raphael Toman, LL.M. (NYU) ist Rechtsanwalt, Florian Braunauer, LL.M. (WU) ist Rechtsanwaltsanwärter bei der auf Kapitalmarktrecht spezialisierten Kanzlei Brandl & Talos Rechtsanwälte. FP fondsprofessionell.at 3/2020 261

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