FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2020

Vollvermietung im Förderzeitraum rech- nen. In Zeiten wie diesen wird das an Bedeutung gewinnen. Wie meinen Sie das? Kitzberger: Es macht einen Unterschied, ob der Mieter neun oder elf Euro Miete bezahlt.Wenn es wirtschaftliche Einbrüche gibt, wird es Nomadentum geben, weil sich die Leute die teuren Wohnungen nicht mehr leisten können. Holzinger: Wir schaffen leistbare Mietflä- chen und setzen durch Sanierung und Neubau städtebauliche Akzente. Die frei finanzierten Wohnungen sind viel teurer, und hier ist es wahrscheinlicher, dass die kalkulierte Miete nicht durchsetzbar ist. Immobilienprojekte in den Großstädten werden in der Annahme ewigen Wachs- tums aufzogen: Immer mehr Einwohner sorgen für weiter steigende Preise. Wie sehen Sie das – nicht zuletzt in der Corona- krise, die allen die Enge der Stadt vor Augen geführt hat? Holzinger: In den kleinen Wohnungen ist das so. Allerdings kann sich nicht jeder eine große Wohnung mit zwei Dachter- e e rassen oder ein Einfamilienhaus auf dem Land leisten. Eine aktuelle Studie vor der Coronakrise besagt, dass der Anteil der Bevölkerung, die im urbanen Umfeld lebt, bis 2030 von 50 auf 60 Prozent steigen wird. Wir gehen davon aus, dass sich die Urbanisierung trotz Corona weiter fortsetzt. Sie dürfen nicht vergessen, dass es am Land nur wenige Arbeitsplätze gibt und die Infrastruktur ausgedünnt wird. Die Coronakrise zeigt doch, dass keine An- nahme in Stein gemeißelt ist. Homeoffice funktioniert entgegen allen Erwartungen. Holzinger: Das ist richtig, und es zeichnet uns Menschen aus, dass wir uns flexibel auf neue Situationen einstellen können. Glauben Sie, dass durch die neue Krise die Gestehungskosten sinken könnten? Kitzberger: Dafür sind aber sowohl die öffentliche Hand als auch die Baufirmen ins Boot zu holen, weil die öffentliche Hand das Bauen teuer macht, indem sie ständig neue Vorschriften macht. Die Bau- firmen und auch das Baunebengewerbe haben in den vergangenen Jahren die Gunst der Stunde genutzt und die Preise erhöht. Würden sich die Kosten normali- sieren, könnte für das gleiche Geld mehr Nutzfläche errichtet werden. Wir rechnen allerdings nicht mit sinkenden Kosten. Glauben Sie, dass sich die Investorennach- frage in der Krise verändern wird? Holzinger: Davon gehen wir nicht aus, denn die Angst vor der Geldentwertung steigt, und sehr viele Menschen verfügen über Geldmittel, die sicher angelegt wer- den sollen. Dafür eignen sich Immobilien. Kitzberger: Ich glaube, dass die Nachfrage nach Immobilieninvestments – auch bei Leuten mit der kleinen Brieftasche – stei- gen wird. Bedeutet das, dass die Investoren zu jedem Preis investieren, oder werden sie wegen der Wirtschaftskrise preissensibler? Holzinger: Bei Gewerbeimmobilien ist das vermutlich so, die Preise der Wohnimmo- bilien sind jedoch stabiler. Kitzberger: Solange sich die Rahmenbedin- gungen nicht ändern und es Negativzinsen für größere Geldbeträge gibt,wird das Kapi- tal weiter in Immobilien, mit denen im- mer noch positive Renditen möglich sind, investiert. Dazu gibt es kaum Alternativen. Vielen Dank für das Gespräch. ALEXANDER ENDLWEBER KURZ-VITA: Julia Holzinger Julia Holzinger hat Rechtswissenschaft studiert und ist außerdem ausgebildete Immobilientreuhänderin. Vor der Gründung der Wertsecure GmbH arbeitete sie mehr als 14 Jahre bei der IFA AG, zuletzt als Leiterin Projektabteilung. KURZ-VITA: Harald Kitzberger Der Betriebswirt Harald Kitzberger absolvierte sein Studium in Linz und gründete Anfang 2018 die Wertsecure gemeinsam mit Julia Holzinger. Davor war er mehr als 30 Jahre beim Immobilienanbieter IFA tätig und seit 2010 Prokurist der IFA. FP » Solange es Negativ- zinsen gibt, wird das Kapital weiter in Immobilien investiert. « Harald Kitzberger, Wertsecure fondsprofessionell.at 3/2020 145

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