FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2019

, Foto: © Marlene Fröhlich für LuxundLumen E s ist nicht übertrieben, Martin Sturzlbaum als „Generali-Urge- stein“ zu bezeichnen. Mehr als drei Jahrzehnte im Konzern, ist er seit 2017 verantwortlicher Vorstand für den wichti- gen Bereich Leben in der Generali Versi- cherung AG. Zu Beginn des Jahres 2019 übernahm er zusätzlich den Chefposten bei der 75-Prozent-Tochter Bawag PSK Versicherung (BPV), die vorwiegend Lebensversicherungen anbietet. Im Inter- view erzählt Sturzlbaum, warum sinkende Provisionseinnahmen nicht unbedingt schlecht sein müssen und warum ihm die Scheidung der Bawag von der Post keine Sorgen bereitet. Herr Dr. Sturzlbaum, Sie waren für den Generali-Konzern immer dort, wo etwas aufgebaut oder Probleme gelöst werden mussten – in den 90ern in Ungarn, Tschechien, der Slowakei. Dann haben Sie als CEO der Reiseversiche- rung die Expansion bis nach Russland verantwortet und mussten schließlich die Generali am harten Markt Belgien in die schwarzen Zahlen bringen. Nun sind Sie seit 2019 auch CEO der Bawag PSK Versicherung. Was müssen Sie in der BPV richten? Martin Sturzlbaum: Zu richten gibt es nichts. Aber es gilt ständig zu dynamisieren und zu wachsen. Es ist klar, dass wir profitables Wachstum haben wollen. Das ist eine Ziel- richtung. Gibt es keine Veränderungen durch Ihren Wechsel an die Spitze der BPV? Die BPV ist ein gut geführtes Haus. Sie hat in den letzten Jahren ihre Erträge gesteigert und hat gute operative Ergebnisse erzielt. Es gibt ein gutes Einvernehmen mit dem Co- Aktionär und Partner Bawag. Wir wollen die Gesellschaft weiter ausbauen. Die italienische Mutter setzt gerade europaweit harte Effizienz- und Wachs- tumspläne um. Kleinere Töchter werden verkauft, etwa Belgien. In Deutschland gab es massive Restrukturierungen, die Lebensversicherungen wurden abgesto- ßen, der Vertrieb komplett umgekrem- pelt, die Traditionsmarke Aachen Mün- chener eingestampft. Ist in Österreich bereits alles im Optimalzustand? Sie packen da schon sehr viel hinein, warum es Änderungen geben sollte. Deutschland und Österreich sind zwei ganz unterschiedliche Märkte. Die Eigenkapitalausstattung im Ver- sicherungsbereich ist eine völlig andere. Vor allem die deutsche Zinszusatzreserve kann man nicht mit Österreich vergleichen. Es ist überhaupt kein Thema, dass Lebensversiche- rungsbestände verkauft werden. Wir wollen das Optimum herausholen aus der Koopera- tion mit der Bawag PSK Bank genauso wie mit der 3-Banken-Gruppe. Der Anteil der Generali an der BPV bleibt bei 75 Prozent? Wir haben eine exzellente langfristige Koope- ration und sind interessiert, diese auszubauen. Wir wollen nichts an dem Modell ändern. Trotzdem frage ich mich, wie zufrieden Sie mit der Zusammenarbeit sein kön- nen. Seit 2014 sind die Lebensprämien in der BPV um ein Drittel gesunken. Was kann man von so einer Vertriebs- schiene erwarten? Wir gehen davon aus, dass wir uns positiv entwickeln, und setzen absolut auf diesen Vertriebspartner. Rückgänge gab es auch in anderen Gesellschaften. Wir befinden uns hier nicht im luftleeren Raum. Die Kapitallebensversicherung hat nicht mehr den Stellenwert, den sie einmal hatte. Das ist ein Megatrend, der den Gesamtmarkt erfasst hat. Das Thema rückläufiger Ein- malerläge kommt auch noch dazu. Jetzt geht es um die Neuausrichtung. Wie sieht die aus? Wir müssen uns als Branche insgesamt, aber auch als Unternehmen in den Bereichen Fondsgebundene und Biometrie neu aufstel- len. Wer Vorsorge machen will, muss Fonds- gebundene machen, nicht klassische Lebens- versicherung. Es hat sicher eine Zeit ge- braucht, dass der Markt da umdenkt. Anleger müssen sich bewusst sein, dass ein gewisses Kapitalmarktrisiko nötig ist. Die Alternative ist ein Eckzinssparbuch mit zehn Basispunk- ten. Unsere Lösung ist eine „fondsorientierte“ Lebensversicherung, ein Hybridprodukt aus fondsgebundener mit einem kleineren Teil klassischer Lebensversicherung als stabiles Element. Wir tun gerade sehr viel, damit das von den Konsumenten besser angenommen wird. Stichwort Biometrie: Fast alle Versiche- rungen setzen wie Sie darauf. Eine neue KPMG-Studie zeigt, dass dadurch selten der Schwund bei der Lebensversiche- rung kompensiert wird. Ist Biometrie ausreichend in den Köpfen verankert, um daran als Versicherer seine Hoffnun- gen zu hängen? Sie denken da zu stark in Prämien. Der Kun- de braucht die biometrischen Produkte. Und sie sind für den Versicherer ertragreich. Bio- metrie heißt Risiko, und eine Risikoversiche- Die Generali schrieb 2018 auf dem rückläufigen Lebensversicherungsmarkt Österreich ein Plus. Vorstand Dr. Martin Sturzlbaum erklärt, warum und welchen Beitrag ein Vermögensverwaltungsprodukt künftig leisten soll. Als Neo-CEO der Tochter Bawag PSK Versicherung will Sturzlbaum außerdem den Bankvertrieb kräftigen. „Wir betreuen erstmals sehr » Zu richten gibt es nichts. Aber es gilt ständig zu dynamisieren und zu wachsen. Es ist klar, dass wir profitables Wachstum haben wollen. « Dr. Martin Sturzlbaum, Vorstand Generali und CEO Bawag PSK Versicherung fonds & versicherung I mar tin sturzlbaum | generali + bawag psk versicherung 156 www.fondsprofessionell.at | 2/2019

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