FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2017

169 www.fondsprofessionell.at | 3/2017 sionsfreien Rahmen agieren. Daher darf es prinzipiell jeder tun, auch der gewerbliche Vermögensberater“, so Siemaszko. „Wir emp- fehlen, dass man sich für jedes Geschäfts- modell bei der FMA informiert und über das Fintech-Kontaktformular eine konkrete Anfrage stellt“, rät die Expertin. „Ein bisschen zuständig“ Apropos FMA: Die betrachtet sich – salopp formuliert – als „ein bisschen zuständig“. Sie lehnt zwar einerseits die Regulierung und Aufsicht von Kryptowährungen ab, stellte aber auch fest, dass für gewisse Geschäfts- modelle auf Bitcoin-Basis eine FMA-Kon- zession nötig sein kann: zum Beispiel wenn jemand eine App in Verbindung mit einem Girokonto anbietet. Dann kommt das Bank- wesengesetz zur Anwendung. Dass es auch anders geht, zeigt die deut- sche Aufsicht Bafin. Sie hat schon 2013 Bit- coin „rechtlich verbindlich als Finanzinstru- mente in der Form von Rechnungseinheiten gemäß § 1 Absatz 11 Satz 1 Kreditwesenge- setz (KWG)“ qualifiziert und nimmt damit auch bei der Aufsicht das Heft in die Hand. Wie die österreichischen Unternehmer die schwer berechenbare Realität bewältigen, erklärt Max Tertinegg, Geschäftsführer und Gründer von Coinfinity – nach Eigenangaben größter Bitcoin-Händler im Land. Er stimme prinzipiell jeden Schritt mit der FMA ab und habe „sicherheitshalber“ einen Gewerbeschein für Handel und für IT gelöst, obwohl das ja gesetzlich nicht nötig ist. Auch er steht wegen möglicher Haftungsrisiken auf der Bremse: Tertinegg hat versucht, über Vermögensbera- ter das Geschäft anzukurbeln. In jeder Lan- deshauptstadt sollte es einen geben, „der das wirklich versteht und seriös vermitteln kann“, so der Plan noch im Frühjahr. Doch die Akti- vitäten kommen „aus regulatorischen Grün- den nicht in die Gänge“, erfährt FONDS pro- fessionell. Es gebe keine Kooperation mit Vermittlern oder Tippgebern mehr. „Die Platt- form will ihr Risiko klein halten, nicht zu viel in Kontakt mit unbekannten Größen stehen“, gibt sich Tertinegg zurückhaltend. Der aktu- elle Krypto-Hype dürfte ihn aber über die Berater-Flaute hinwegtrösten: „Seit Jahresbe- ginn hat sich der Umsatz verdrei- oder vier- facht. Wir haben neues Personal eingestellt.“ Tertinegg lobt zwar die FMA wegen ihres Engagements bei der Digitalisierung. Aller- dings steht die Behörde ebenso wie andere offizielle Stellen in der Kritik, weil sie einer- seits keinen Rahmen schafft, auf der anderen Seite aber großzügig Warnungen verteilt. Die- se Strategie hat mitunter Nebenwirkungen für Anleger und Unternehmer, die mit Krypto- währungen zu tun haben. Auf der schwarzen Liste Experten erzählen, dass nicht selten die Bank das Konto kündigt, weil sie dunkle Kanäle vermutet. „Unsere Geschäftspartner sind damit immer wieder konfrontiert“, bestä- tigt Tertinegg. „Aber ehrlich gesagt verstehe ich es. Wenn ich in der Compliance-Abteilung der Bank sitze und auf der FMA-Homepage oder bei der OeNB nur Risikohinweise lese, dann werde ich nicht den Kopf hinhalten für einen Kunden.“ Die eigene Hausbank sei mittlerweile im Bilde, hier gebe es keine Nachfragen mehr. Auch soll die anstehende Novelle der vier- ten EU-Geldwäscherichtlinie zur Entschär- fung des Vorwurfs dunkler Kanäle beitragen: Handelsplattformen von virtuellen Währun- gen sollen sich künftig ebenfalls an die Geld- wäschebestimmungen halten. Prinzipien wie „Kenne deine Kunden“ müssen dann auch sie anwenden. Anleger im schiefen Licht Tatsächlich kann man vielen Stellen vor- werfen, dass sie mit ihren verallgemeinernden Warnungen kaum effizient zumAnlegerschutz beitragen. Die FMA zum Beispiel differen- ziert in ihren Appellen oft nicht zwischen weitläufig akzeptierten Währungen wie Bit- coin und augenscheinlichen Betrugsfällen wie Onecoin (ein Pyramidensystem, das in meh- reren Ländern die Aufsichten auf Trab hält; FONDS professionell ONLINE berichtete). Damit schwächt die Behörde ihre Glaub- würdigkeit bei Anlegern, die keineswegs in dubioser Absicht in Bitcoin und Co. inves- tieren. Auch OeNB-Gouverneur Ewald Nowotny tritt immer wieder als Mahner auf: Bitcoin seien „extrem problematisch“, oder es sei „völlig ausgeschlossen“, dass das zu einer legalen Währung werden kann. Dem steht gegenüber, dass man Bitcoin, Ether, Dash und Litecoin mittlerweile in den Filialen der halbstaatlichen Post erwerben kann. Und eine – überschaubare – Zahl von Unternehmen akzeptiert Kryptowährungen als Zahlungsmittel: etwa Stadler Völkel Rechts- anwälte in Wien. Geschätzte fünf Prozent des Umsatzes würden alternativ berappt, heißt es. Rechtsanwalt Oliver Völkel warnt, dass sich die Rechtsansicht der FMA nur auf Bitcoin bezieht. Der konkrete Grund, warum die FMA sich nicht als verantwortlich betrachtet, ist, dass sie Bitcoin nicht in die für sie ent- scheidenden Gesetze Bankwesengesetz (BWG), Zahlungsdienstegesetz (ZaDiG) und E-Geldgesetz (EGeldG) einordnen kann. Das Problem: Nicht alle virtuellen Währungen funktionieren wie Bitcoin. Bitcoin wurden vorwiegend als Geldalternative beziehungs- weise zur Wertsteigerung geschaffen. Ethe- reum wiederum ist eine Smart-Contract-Platt- form, die eine Vielzahl von Anwendungen erlaubt. Ether, so heißt die Währungseinheit, wurde geschaffen, um die Leistungen von Ethereum zu belohnen und die Plattform am Laufen zu halten. Es ist also nicht pauschal so, dass Kryptowährungen per se nicht unter BWG, ZaDiG und EGeldG fallen. Erster Austro-ICO? „Da muss noch das eine oder andere aus- judiziert werden“, sagt Johannes Grill, Präsi- dent von Bitcoin Austria. Auch er wünscht sich mehr Rechtssicherheit. Erforderlich scheint diese nicht zuletzt angesichts der Max Tertinegg: Der CEO von Coinfinity versteht die Vorsicht der Banken bei Bitcoin-Kunden. » Der Standpunkt ist noch immer, dass alle Geschäftsmodelle mit Bitcoin in einem konzessionsfreien Rahmen agieren. « Sandra Siemaszko, Fachverband

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=