FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2017

168 www.fondsprofessionell.at | 3/2017 vertrieb & praxis I kryptowährungen Foto: © Fotolia | natali_mis, Coinfinity V ermögensberater, Anleger, aber auch Unternehmer, die Kryptowährungen akzeptieren, haben ein großes Problem: Gesetzgeber und Regulator machen auch acht Jahre nach der Schöpfung der ersten Bitcoin keine klaren Aussagen zur rechtlichen Situa- tion der virtuellen Währungen. Wer darf was? 790 US-Dollar war eine Bitcoin am Jahres- tiefpunkt im Jänner 2017 wert. 4.880 US-Dol- lar lautete der Rekordstand Anfang Septem- ber. Und was zwischen Redaktionsschluss und Druck dieser Ausgabe passiert, wagt wohl niemand zu prognostizieren. Auch die jüngs- ten Wertzuwächse von Ether, Litecoin, Dash und anderen virtuellen Währungen erreichten Ausmaße, die die Goldgräberstimmung man- cher Anleger durchaus verständlich machen. Doch wer darf was? Diese Frage müssen sich vor allem jene Finanzberater stellen, die mit Kundenanfragen bombardiert werden. Eine ausdrückliche Feststellung aus der Wirtschaftskammer hat hier kürzlich die Alarmglocken bei einem Versicherer ausge- löst: Für gewerbliche Vermögensberater sind nämlich grundsätzlich Bitcoin und Co. nicht tabu, erklärt der Fachverband der Finanz- dienstleister. Beratung, Annahme und Über- mittlung sind „im Gewerbeumfang möglich“, heißt es in einem Leitfaden. Interessant ist das deshalb, weil der Fachverband nur Wochen vor dessen Veröffentlichung noch vom Gegenteil ausgegangen war – nämlich dass Digitalwährungen nicht in das Gewerbe des Vermögensberaters fallen. Das zeigt eine der Redaktion vorliegende Auskunft. Versicherer wenig erfreut Beim Vermögensschadenhaftpflichtspezia- listen Höher Insurance ist man über den Schwenk nicht erfreut. „Das heißt, es muss gemäß § 136a Gewerbeordnung auch von der Haftpflichtversicherung gedeckt werden“, sagt René Hompasz, Chef von Höher Insurance. Er verspürt nach Meinl- und Immofinanz- Desaster wenig Lust, als Haftpflichtversiche- rer erneut eine Klagewelle gegen Vermögens- berater abarbeiten zu müssen. „Auf jeden Fall muss ein Vermögensberater, der bei uns ver- sichert ist, so eine Tätigkeit als Risikoerhö- hung melden“, mahnt Hompasz. Ansonsten könne die Versicherung aussteigen. Man wer- de für den Anlassfall einen Fragebogen zur Verfügung stellen: „Berät jemand nur ab und zu einen Klienten zu Bitcoin, wird es kein Problem sein. Spezialisiert sich jemand da- rauf, kann man das nicht zu gleichen Kosten versichern“, so Hompasz. Keine Verantwortlichen Die Ursache für die Unsicherheiten in die- sem Themenfeld liegt darin, dass Wirtschafts- und Finanzministerium sowie die FMA vor langer Zeit die Zuständigkeit von sich gewie- sen haben. Schon 2014 stellten die Neos eine parlamentarische Anfrage und forderten Rechtssicherheit für den wachstumsstarken Kryptowährungssektor. Die Beantwortung fiel ernüchternd aus. Das Finanzministerium sag- te, Bitcoin sind keine Finanzinstrumente, und betonte den Handelsaspekt. Das Wirtschafts- ministerium wollte davon nichts wissen und stellte fest, Kryptowährungen seien keine Handelsware, sondern ein Zahlungsmittel und gehören damit zu den Geld- und Finanzange- legenheiten. Das Gewerberecht könne nicht zur Anwendung kommen, weil kein Handels- geschäft vorliegt, argumentierte das Wirt- schaftsministerium. Immerhin hat das Finanz- ministerium vor einigen Wochen Stellung zu steuerlichen Komponenten genommen (siehe Kasten). Aber richtig verantwortlich für vir- tuelle Währungen will keiner sein. „Es gibt für die Fragen, die die Finanz- dienstleister betreffen, keine aktuellere Ansicht. Wir finden auch, dass eine klarere Zuordnung nötig wäre. Ich kann den Vermö- gensberatern momentan nur raten, sie müssen warnen, warnen, warnen und alles sorgfältig dokumentieren“, sagt Sandra Siemaszko, Ko- autorin des aktuellen Fachverbandsleitfadens zu Kryptowährungen. Bei vertraglich gebun- denen Vermittlern (vgV) stellt sich die Frage nach Bitcoin weniger, weil sie ohnehin keine Beratungen oder Vermittlungen von Finanz- instrumenten außerhalb des WAG 2007 ma- chen dürfen. Man könnte also allenfalls als gewerblicher Vermögensberater auftreten. „Es ist eine heikle Sache. Der Standpunkt ist noch immer, dass alle, die Geschäftsmo- delle mit Bitcoin betreiben, in einem konzes- Vermögensberater dürfen Kryptowährungen grundsätzlich empfehlen. Doch die gesetzliche Lage ist unklar. Eine heikle Sache Die Kurse vieler Kryptowährungen zeigen eine Blase an. Die Technik hinter Bitcoin und Co. wird uns aber noch lang begleiten. Investoren müssen mit diesem Zwiespalt umgehen.

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