FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2017

170 www.fondsprofessionell.at | 3/2017 zunehmenden Produktvielfalt. Völkels Kanz- lei zum Beispiel berät die Gaming-Plattform Byte Heroes beim ersten Initial Coin Offering (ICO) nach österreichischem Recht. Das Unternehmen gibt kurz gesagt eine neue Währung aus, die – im Idealfall – einmal bei vielen Online-Wettanbietern als Währung akzeptiert wird. Aus der Sicht von Völkel ist die rechtliche Situation gar nicht so prekär: „Es gibt gute Rechtsgrundlagen. Man muss sich nur überlegen, in welches Gesetz man fällt“, so Völkel. Ein ICO müsse nicht ins Kapitalmarktgesetz fallen. Als Tauschgeschäft (zwischen virtuellen Währungen) könne etwa das Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz zu- treffen. Der ICO sollte im September stattfin- den. China hat nach Betrugsfällen und einer Überhitzung ICOs verboten. Auch die briti- sche Aufsicht warnt vor Risiken bei ICOs. Zertifikate ausverkauft Etabliert hat sich am deutschsprachigen Markt indes Vontobel mit einem Tracker- Zertifikat auf Bitcoin. Seit 2016 können An- leger damit die Wertentwicklung des Bitcoin- Kurses nachvollziehen. Die Nachfrage war so groß, dass das Volumen bald aufgestockt wer- den musste. Die Vorteile für die Anleger aus Sicht von Vontobel: Man trägt nicht das Risi- ko eines Bitcoin-Verlustes etwa durch Hacker- angriffe. Allerdings haben Anleger auch hier die gewohnten Liquiditätsprobleme, die man aus dem Kryptowährungsbereich kennt: Grö- ßere Positionen können nicht so leicht gehan- delt werden. Dem Vernehmen nach wird das Zertifikat auch von institutionellen Kunden rege gehandelt. In der Schweiz ist die Falcon Privatbank in diesem Jahr ins Blockchain-Asset-Manage- ment eingestiegen. „Das Interesse war sofort riesig“, sagt ein Sprecher, ohne Zahlen zu nennen. Neues Personal wurde dafür jedoch nicht eingestellt, sondern die bestehenden Kundenberater geschult. In Österreich sind die Privatbanken hingegen reserviert. Von einem „kategorischen Nein“ bis zu einem Vorstand, der Bitcoin in der unethischen Ecke sah, hör- ten wir hauptsächlich ablehnende Worte. Die Kunden sind da hingegen gar nicht so abge- neigt: Aus der Bank Gutmann wird von „re- gem Interesse“ berichtet. Die Bank hat eine Analyse zu Kryptowährungen herausgegeben und geht damit zumindest auf den Informa- tionsbedarf der Kunden ein. Und die liechten- steinische LGT-Bank, die auch in Österreich aktiv ist, bietet zwar keine Beratung, weil „Regulierung und Wertbasis fehlen“, Kunden- orders werden aber ausgeführt, heißt es. In Liechtenstein will Incrementum noch vor Jahresende die Erlaubnis der Aufsicht für einen Kryptowährungsfonds für institutionelle Investoren erhalten, wie ein Vertreter zu FONDS professionell sagte. Bei der Schwei- zer Crypto Fund AG, die das ebenfalls an- strebt, wird es heuer keinen Start mehr geben, erfahren wir. Anfang 2018 soll es nun so weit sein. Dafür hat der Schweizer Fonds bereits fixe Zusagen im Umfang von 15 Millionen Euro. Unter den generell Interessierten seien auch Pensionskassen, sagt CEO und Mit- gründer Jan Brzezek. Ähnliche Produkte für Großanleger gibt es bereits – etwa den Logos Fund nach deutschem Recht und den Altana Digital Currency Fund in Monaco. Ihre Zu- gänglichkeit ist mehr oder weniger gegeben – Werbung machen sie jedenfalls kaum. „Es gibt Fondsprodukte, aber oft sind sie für Friends and Family“, sagt Demelza Kelso Hays. Sie schreibt eine Dissertation zu Kryp- towährungen in der Vermögensverwaltung – und ist mittlerweile bei Incrementum ange- stellt. „Es gibt einige wissenschaftliche Arbei- ten, die zeigen, dass Kryptowährungen zur Diversifikation von Portfolios geeignet sind. Aber ich spreche da von maximal einem Pro- zent Beimischung.“ Bitcoin würden sich der- zeit wie ein „Safe Haven“ verhalten. „Aber wie geht es weiter, wenn es zu einer Rezes- sion kommt? Es wird spannend, zu untersu- chen, wie sich Bitcoin im Vergleich zu ande- ren Assetklassen verhalten“, sagt Hays. Sie hat unter anderem einen Artikel über „Bitcoin und neue Österreichische Geldtheorie“ ver- öffentlicht. Darin versucht sie eine Einord- nung entlang der Ansichten von Carl Menger oder anderer Vertreter der österreichischen Schule der Nationalökonomie. Den Traditio- nalisten wird das nicht gefallen. Massenbegeisterung Acht Jahre nach der Schöpfung der ersten Bitcoin sind Kryptowährungen in das Stadium der Massenbegeisterung eingetreten: Leute, die noch nie über das Sparbuch hinaus inves- tiert haben, wollen plötzlich einsteigen. Spä- testens zu diesem Zeitpunkt sollte man raus aus einer Anlage, besagt eine alte Börsenweis- heit. Fest steht: Der steil nach oben zeigende Kurs sieht nach allen Erfahrungskriterien und Bewertungsmethoden gelinde gesagt unge- sund aus. Gleichzeitig kann man virtuelle Währungen aber als Technologie verstehen. Blockchain, die Technologie, die hinter Kryp- towährungen steht, ist nach übereinstimmen- der Aussage vieler Experten ein wichtiger Baustein für die digitale Zukunft. Ein Invest- ment erscheint unter diesemAspekt nicht nur als „Zockerei“, wenngleich höchst riskant. Es gibt mehr als 800 virtuelle Währungen (bei nur 179 nationalen Währungen). Die meisten davon werden verschwinden, bevor noch jemand Notiz von ihnen genommen hat. Es wird Blasen und Verluste geben. Es sollten sich Zuständige finden, die mehr tun können als mahnen. Das pauschale Ablehnen einer Innovation, deren langfristige Potenziale be- trächtlich sind, ist keine geschickte Strategie. EDITH HUMENBERGER-LACKNER | FP vertrieb & praxis I kryptowährungen Steuerliche Bitcoin-Situation Kryptowährungen sind keine offizielle Währung und keine Finanzinstrumente. Es handelt sich laut Finanzministerium um sonstige unkörperliche Wirtschaftsgüter. Unkörperliche Wirtschaftsgüter sind nicht abnutzbar. Umsatzsteuer Eines der ältesten Urteile dazu sprach der EuGH 2015: – Der Tausch gesetzlicher Zahlungsmittel (z.B. Euro) in Bitcoin ist umsatzsteuerfrei. – Auf eine Lieferung oder Dienstleistung, die in Bitcoin bezahlt wird, fallen dieselben Steuern an wie gewöhnlich. Bemessungsgrundlage ist der Wert eines Bitcoins. – Beim Mining (Schöpfen von Bitcoin) ist keine USt. fällig. Ertragssteuern *Gewerbliche Einkünfte: – Das Mining und das Betreiben einer Onlinebörse oder eines Kryptowährungsautomaten sind gewerbliche Tätig- keiten. Einkommensteuern werden fällig. *Im Privatvermögen: – Wer Bitcoin innerhalb eines Jahres wieder verkauft, der muss den Gewinn versteuern (Spekulationsgeschäft). *Im Betriebsvermögen: – Bitcoin müssen dem Anlagevermögen („dokumentierte Absicht, die Gegenstände langfristig zu behalten“) oder dem Umlaufvermögen zugeordnet werden. – Der zinsbringende Verleih ist steuerpflichtig. » Bitcoin verhalten sich momentan wie ein Safe Haven. Aber wie geht es weiter, wenn es zur Rezession kommt? Es wird spannend, das zu untersuchen. « Demelza Kelso Hays, Doktorandin

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