FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2023

Compera.at, über die teils auch Leads für die Immobilienkreditvermittlung generiert wurden, wird ebenfalls abgewickelt . Der Rückgang im Geschäft ist momen- tan nicht die einzige Herausforderung für Vermittler; das Segment ist auch unüber- sichtlicher geworden. „Durch die perma- nenten Zinsänderungen ist die Angebots- lage intransparenter. Auch die Kreditin- stitute müssen erst ihren Umgang mit der Situation nden“, so Kirchmair. Hannes Dolzer, Obmann der Finanz- dienstleister in der Wirtschaftskammer (WKO) betont, man habe bisher noch keine Veränderung in der Kreditvermittler- statistik ausgemacht. Der Zeitraum seit dem scharfen Einbruch im Sommer 2022 sei zu kurz, um deutliche Auswirkungen zu sehen. „Ja, wenn die Entwicklung lange so fortschreitet, werden sich manche um- orientieren.Man muss aber bedenken, dass die wenigsten ausschließlich Finanzierun- gen machen. Rückgänge imKreditsegment bedeuten nicht, dass der Umsatz auf null sinkt“, so Dolzer. Teils würden die Umstän- de den Vermögensberatern sogar Zulauf bringen: Weil die Hausbank den Kredit oft ablehnt, wenden sich mehr Menschen an die gewerblichen Berater, um Alternativen auszuloten. Mühsam sind die Voraus- setzungen derzeit für jeden durchschnittlich vermögen- den privaten Haushalt auf der Suche nach Wohneigentum. Zinserhöhungen, Reallohn- verluste und gestiegene Le- benshaltungskosten durch die seit dem Vorjahr anhaltend starke In ation schmälern die Leitbarkeit drastisch. Gleich- zeitig sind die hiesigen Im- mobilienpreise auf Rekordni- veau – sie haben sich allein in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt. Auf Politik und Regulatoren steigt der Druck, etwas zu unternehmen.Doch die Spielräume dafür sind ganz o enbar klein. Das lässt sich soeben an der Novel- lierung der belastenden Kreditinstitute- Immobilien nanzierungsmaßnahmen-Ver- ordnung (KIM-V) ablesen: Die im August 2022 eingeführten strengeren Kreditverga- beregeln können trotz heftiger Proteste nur minimal abgemildert werden. Seit damals gelten in Österreich drei verp ichtende Grundregeln: Ein Eigenmittelanteil von 20 Prozent, Haushalte dürfen nicht mehr als 40 Prozent des Nettoeinkommens für die monatliche Zinsrückzahlung und Tilgung aufwenden (Schuldendienstquote), und die Laufzeit wurde auf maximal 35 Jahre be- grenzt. Im Februar trug das Finanzmarkt- stabilitätsgremium (FMSG) der Finanz- marktaufsichtsbehörde (FMA) eine Ent- schärfung auf.Diese kommt ab April. Aller- dings rüttelt die Behörde darin nicht an den drei Hauptkomponenten. Zum Un- mut vieler Kritiker: Die hätten sich etwa eine höhere Schuldendienstquote erho t. Denn an der Regel, dass die Kreditrückzah- lung höchstes 40 Prozent des Monatslohns betragen darf, scheitern besonders viele Jungfamilien, weil deren Einkommen oft durch Karenz oder Teilzeit geschmälert ist. Dass die familiäre Finanzkraft in solchen Fällen nur vorübergehend eingeschränkt ist,würdigt die Verordnung nicht. Experten hätten hier zum Beispiel Ausnahmen für Erstkäufer vorgeschlagen. Warnung aus Europa Für große Lockerungen sind den Auf- sehern im Prinzip die Hände gebunden. Internationale Institutionenmonieren schon länger, dass Österreichs Banken die übli- chen Vorsichtsstandards bei Hypothekar- krediten zu sehr strapaziert hätten. Im Frühjahr 2022 verwarnte der europäische Systemrisikorat ESRB Österreich wegen drohender Überhitzung des Wohnimmo- bilienmarktes, worauf das FMSG der FMA die viel kritisierte KIM-Verordnung auftrug. Bei deren Novelle setzt die FMA nun vor dem Hinter- grund eines weiteren EU-Rüf- fels nur kleine Schritte. Die Hauptänderung: Zwischen- nanzierungen werden aus- genommen; also Geld, das Kreditnehmern vom Kauf einer neuen Immobilie bis zur Veräußerung des bishe- rigen Wohnobjekts geliehen wird. Banken mussten laut KIM-V Zwischen nanzie- rungsbeträge in die „Ausnah- mekontingente“ aufnehmen, die ihnen die Verordnung zu- gestand. Dort blockierten sie jedoch mehr als ein Drittel der Ausnahmevolumina, die » Die wenigsten machen nur Finanzierungen. Bei Rückgängen sinkt der Umsatz nicht auf null. « Hannes Dolzer, Finanzdienstleisterobmann Neuvergabe von Wohnbaukrediten im vierten Quartal 2022 in ausgewählten EU-Ländern Viele geben der KIM-V die Schuld am Vergabeeinbruch. Die These hält nicht. Zinserhöhungen und Makroökonomie sorgten EU-weit für ein Minus. Quelle:OeNB -100% -80% -60% -40% -20% 0% 20% 40% 60% Irland Bulgarien Spanien Belgien Italien Frankreich Niederlande Deutschland Österreich Ungarn Polen Tschechien Kroatien -46,3 % -95,9 % +46,8 % +14,4 % -3,3 % fondsprofessionell.at 1/2023 261

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