FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2023

Der Markt trocknet aus Die FMA entschärft die strengen Wohnkreditvergaberegeln nur leicht. Es drohen sogar neue Maßnahmen. Viele Kreditmakler werden sich neu ausrichten müssen. A m österreichischen Wohnimmobi- lienmarkt ist in den vergangenen Monaten sprichwörtlich kein Stein auf dem anderen geblieben. Die Kreditzinsen schnellen hoch, die Vergabe bricht ein, Jungfamilien müssen den Traum vom eige- nen Wohnsitz immer häu ger begraben. „Manche Banken berichten uns, dass sie 2023 in den ersten Monaten Rückgänge bei der Neukreditvergabe von 70 Prozent haben“, sagt Christoph Kirchmair, Ge- schäftsführer des Kreditmaklers In na. Diese Marktbeobachtung liegt noch ein- mal ein gewaltiges Stück über dem Wert, den die letzten verfügbaren Zahlen der Nationalbank (OeNB) anzeigen: Im Jänner 2023 lagen die Immobilienkreditneuver- gaben an private Haushalte in Österreich knapp 58 Prozent unter dem Vorjahr. In absoluten Zahlen wurden Wohn nanzie- rungen in Höhe von nur 778 Millionen Euro vergeben. Das ist beinahe ein Zehn- jahrestief. Weniger gab es in einem Monat zuletzt im Februar 2013. Das in Zahlen gegossene Gesamtbild wird sich erst in den kommenden Mona- ten nach und nach zusammensetzen. So fehlen momentan noch exakte Gesamt- marktdaten, wie hoch der Einbruch bei den tatsächlichen Objektverkäufen ist, da die Verbücherung einige Monate dauern kann, wie eine Sprecherin der Oesterrei- chischen Nationalbank (OeNB) betont. Man gehe jedoch von einem „deutlichen“ Rückgang aus. Einstweilen helfen Segment- berichte: Laut einer Eigenanalyse des Mak- lers Rai eisen Immobilien NÖ/Wien/Bur- genland (RIV) wurden im großen Bundes- land Niederösterreich im Jahr 2022 um ein Viertel weniger Häuser verkauft als 2021 und um ein Drittel weniger Wohnungen – und das obwohl der Markt erst um die Jahresmitte 2022 zusammengesackt war, als die EZB erstmals nach elf Jahren die Zin- sen anhob. 2023 dürfte demnach düster werden. „Durch die hohen Objektpreise und Zinsen können nur noch Wohlhaben- dere Immobilien erwerben“, so Kirchmair. Er erwartet deutliche Preisabschläge: „Und man wird erste Notverkäufe sehen.“ Auch in dieser Situation würden jedoch vor allem Vermögende mit genug Liquidität Objekte kaufen, die sich weniger Wohlha- bende immer noch nicht leisten können. „Das ist momentan der Status. Der Markt trocknet aus“, so Kirchmair. Beim Wohn- immobilienpreisindex der OeNB sei ein Minus von 20 bis 30 Prozent möglich. Vermittler bekommen Probleme Für die Kreditmakler wird das Jahr eine Herausforderung. Es sei zu erwarten, dass einige in der Branche in andere Marktseg- mente wechseln oder ihren Fokus auf Pro- dukte wie Lebensversicherungen verlagern. Dass die Lage ernst ist, hat man an der Pleite der bekannten Vermittlungsplatt- form Schlau nanziert gesehen. Apropos Plattformen: Die zu Geizhals gehörende » Manche Banken berichten uns Rückgänge von 70 Prozent. « Christoph Kirchmair, Infina Vor allem Familien können sich Immobilien immer seltener leisten. Für Berater wird die Situation unüber- sichtlicher. Die Lockerung der Kredit- regeln birgt zumindest Möglichkeiten bei der Generationenberatung. BANK & FONDS Wohnkreditregeln 260 fondsprofessionell.at 1/2023 FOTO: © HALFPOINT | STOCK.ADOBE.COM

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