FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2022

FONDS professionell sprach mit den FMA-Vorständen Helmut Ettl und Eduard Müller über die neuen Befugnisse für Wertpapier- firmen, über erste koordinierte Vermittlerprüfungen und darüber, ob Anleger in Österreich ausreichend geschützt sind. D ie FMA feiert heuer ihr 20-jähriges Bestehen. Statt zu Beginn für 16 Gesetze ist sie heute für 38 zuständig. Über einige davon sprach die Redaktion mit den Vorständen. Herr Ettl, Herr Müller, Österreichs Wertpa- pierfirmen (WPF) erhaltenmehr Spielraum. Statt fünf Tätigkeiten sind theoretisch bald bis zu 14 erlaubt. Erstmals dürfen Kunden- gelder angenommen werden. Wir hören, dass sich die FMA sehr gewehrt hat gegen den Entwurf zumWertpapierfirmengesetz. Was ist aus Ihrer Sicht zu befürchten? Eduard Müller: Zu befürchten ist nichts. Es geht hier um die Umsetzung der EU-Regu- lierung IFR/IFD (Investment Firm Regula- tion/Directive, Anm.), die die Wertpapier- firmen in Klassen einteilt. In Österreich ist dabei die Herausforderung, dass wir ein System vorhalten müssen, das der Markt voraussichtlich gar nicht nachfragt. Denn in der Klasse 1 oder 1-minus, wo sich die bankähnlichen Institute befinden, haben wir derzeit kein Unternehmen. Und ob sich jemand in den Tätigkeitskatalog von Klasse 2 begibt, wird sich erst zeigen, wenn das nationale Gesetz da ist. Wäre es möglich gewesen, die IFD/IFR ohne Befugnisausweitung umzusetzen? Müller: Letztendlich entscheidet immer der politische Wille über die nationale Umset- zung. Die Frage wäre eher gewesen, ob für die ganz großen Wertpapierfirmen, die es in Österreich nicht gibt, eine Bankkonzes- sion die alternative Lösung wäre. Eine WPF, die mehr machen möchte als bisher, müsste bei der FMA einen Antrag stellen. Laut Wirtschaftskammer (WKO) kämen für einen Aufstieg von der allge- meinen Klasse 3 in Klasse 2 nur rund fünf WPF in Frage. Hat sich schon jemand interessiert – etwa für Depotführung? Müller: Nicht so, dass jemand sagt, der Antrag kommt, sobald das Gesetz da ist. Helmut Ettl: Man darf nicht vergessen, dass das ein großer Bruch ist. Kundengelder durften bisher nur von Banken entgegen- genommen werden. Eine Ausweitung wäre für Wertpapierfirmen ein großer Aufwand. Und das erfordert dann auch eine andere Art der Aufsicht. Da fürchten schonmanche, dass die neuen Regeln teuer werden könnten. Hebt die FMA ihre Gebühren an? Ettl: Die gesamte Regulierung ist ja durch die Einteilung in Klassen proportional auf- gebaut.Und so geht auch die FMA vor. Für die Klasse 3, in der sich die meisten Unter- nehmen befinden, sehen wir keine drama- tische Änderung bei den Kosten. Aber es gibt Mehrkosten auch für diese kleineren Unternehmen? Ettl: Wir bekommen gewisse zusätzliche Anforderungen von der EU. Aber das ist proportional auszulegen.Darauf haben wir auch in der Europäischen Bankenaufsicht (EBA) geschaut. Ich bin dort Vorsitzender imAdvisory Committee on Proportionality. Wir haben uns weitgehend mit demAnlie- gen durchgesetzt, dass der Aufwand für WPF ohne Kundengelder überschaubar bleibt. Wenn aber jemand Kundengelder „Eine Vollkaskoversicherung für Anleger gibt es nicht“ » Wir müssen ein Sys- tem vorhalten, das der Markt voraussichtlich gar nicht nachfragt. « Eduard Müller, FMA 266 fondsprofessionell.at 3/2022 STEUER & RECHT Helmut Ettl + Eduard Müller | FMA

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