FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2022

Fließender Übergang Nullzins und Inflation wecken das Interesse an Wertpapieren, damit wächst auch der Beratungsbedarf. Weil sich individuelle Betreuung oft nicht rechnet, arbeiten Banken an hybriden Lösungen . I n den Pandemiejahren 2020 und 2021 fanden viele Sparer erstmalig den Weg in die Wertpapieranlage. Insbesondere jün- gere und damit digitalaffine Altersgruppen legen ihr Erspartes mittlerweile vermehrt in Aktien, ETFs und Fonds an. Eine Anfang des Jahres im Auftrag des Aktienforums von der Peter Hajek Public Opinion Strategies durchgeführte Umfrage ergab für Österreich eine deutliche Zunahme des Interesses an Aktien, Anleihen und ande- ren Wertpapieren. Für knapp 30 Prozent, die bisher noch nicht auf dem Kapital- markt aktiv sind, kommt es prinzipiell in Frage, in eine dieser Geldanlagen zu inves- tieren. In einer ähnlichen Umfrage im Jahr 2016 lag der Vergleichswert bei sieben Prozent. Für den Anstieg dürften mehrere Faktoren ausschlaggebend sein: Corona sorgte für viel freie Zeit, die es auszufüllen galt.Das Geld, das sonst imUrlaub, Restau- rant oder Kino geblieben wäre, füllte die Konten. Und schließlich machten und machen niedrige Zinsen und zuletzt hohe Inflationsraten das klassische Sparen unat- traktiv. Es lag also nahe, sich nach alterna- tiven Anlageformen umzuschauen. Diese neue Nachfrage trifft auf immer mehr digitale Bank- und Brokerage-Ange- bote, die Neulingen den sperrigen Weg zur Börse ebnen und dabei mit günstigen Gebühren und einfach zu bedienenden Handels- und Informationswerkzeugen werben. Dass parallel dazu die Filialnetze der Banken – traditionell die erste Anlauf- stelle für Investmentinteressierte – immer weitmaschiger werden, begünstigte die digitalen Anbieter. Allerdings stellen die elektronischen Systeme nur für jene Anwender eine echte Hilfe dar, die bereits über einiges Hintergrundwissen bezie- hungsweise einschlägige Erfahrungen ver- fügen, und das ist bei Neueinsteigern, die vom Sparbuch auf den Aktienmarkt wech- seln, imNormalfall nicht zu erwarten. Die- se Gruppe benötigt andere Lösungen, wie auch ein Blick nach Deutschland zeigt. Die Unternehmensberatung Simon- Kucher & Partners kommt in ihrer jüngst erschienenen Studie „Kundennähe durch Digitalisierung“ zum Ergebnis, dass der Trend im Wertpapiergeschäft in Richtung „hybride Beratung“ geht. Der Prozess wird dabei in mehrere Stufen zerlegt, sodass die teure Beratung durch Fachleute nur an jenen Stellen stattfindet, wo sie unverzicht- bar ist. Schematisch darstellbare Abläufe – etwa die zeitraubende Erfassung der Eck- daten der potenziellen Kunden und ihrer Präferenzen – finden nicht mehr in einem Erstgespräch statt, sondern erfolgen online mithilfe einer digitalen Beratungsstrecke. Erst bei tiefergehenden Fragen wird eine persönliche Betreuung dazugeschaltet – per Chat, Videoanruf oder Telefon, in seltenen Fällen auch persönlich. » 45 Prozent der beratungsaffinen Kunden wünschen sich hybride Ansätze. « Maximilian Biesenbach, Simon-Kucher Digitale Endgeräte wie Tablets haben in der Anlageberatung längst Einzug gehalten. Dass Kunden auf verschiedenen Kanälen die gleichen Informationen und Optionen haben, ist aber noch nicht Standard. BANK & FONDS Hybride Beratung 262 fondsprofessionel.at 3/2022 FOTO: © DRAZEN | STOCK.ADOBE.COM

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