FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2022

angeschlossenen Makler“, berichtet Willim von seinen Erfahrungen. Ganz anders sind da die Übergabevor- aussetzungen bei den Versicherungsagen- ten: Diese sind zwar wie die Makler selbst- ständig, agieren jedoch nicht unabhängig, sondern im Auftrag einer oder mehrerer Versicherungen (Generalagent oder Mehr- fachagent). Gehen Mehrfachagenten in Pension, können sie die Bestände nicht ein- fach weiterreichen; diese fallen an die Ver- sicherung zurück, erklärt Horst Grandits, Obmann der Versicherungsagenten in der Wirtschaftskammer (WKO). Dem poten- ziellen Nachfolger könne ein Agent höchs- tens die Provisionsansprüche, nicht aber den Bestand verkaufen – eine häufig gestellte Anfrage beim Fachverband, wie Grandits sagt. Rechtlich müsse sich der Nachfolger selbst mit der Versicherung zu- sammensetzen und einen Vertrag aushan- deln. Üblicherweise seien die Assekuranzen jedoch bemüht, den Einstieg in das Ge- schäft des Vorgängers nahtlos zu regeln. „Die Versicherungen haben selbst Schwie- rigkeiten, im Vertrieb ausreichend gute Fachkräfte zu finden, und sind in der Regel froh, wenn jemand Neuer nachkommt“, so Grandits. Am einfachsten sei die Betriebs- übergabe wohl für die Generalagenturen, sagt Grandits. Solche Betriebe seien gefragt und hätten kaum Probleme, einen Käufer zu finden. Vereinfachend komme hinzu: Beim Inhaberwechsel bleibt der Kunden- bestand in der Agentur. Grundsätzlich zeigt die Statistik, dass die große Schar der Versicherungsagenten (8.432 aktive Gewerbeinhaber) deutlich jünger ist als die Maklerkollegen (2.351 Aktive). Bei den Agenten, deren Gewerbe als weniger aufwendig gilt, dürften Neben- verdienstmöglichkeiten in jungen Jahren ebenso die Altersstatistik drücken wie der Strukturvertrieb, der in hoher Zahl Junge anwirbt. Details darüber, wie Unternehmensüber- gaben bei den Versicherungsagenten in der Praxis klappen – etwa wie oft es vor- kommt, dass kein Nachfolger gefunden wird –, kenne der Fachverband nicht, sagt Grandits. Beim Fachverband der Versicherungs- makler wiederum steht das Altersstruktur- problem momentan relativ weit oben auf der Liste. Soeben wurde zum Thema ein Ausschuss eingerichtet, der einen Nach- folgeleitfaden erarbeitet hat, erklärt Makler- obmann Christoph Berghammer. Er kennt das Problem, dass viele Kollegen tatsächlich kein Nachfolgemanagement haben. „Auf einen Bestand bin ich gestoßen, weil ein Hotelier gefragt hat, ob ich ihn überneh- me. Sein Makler hat dem Kunden einfach gesagt, suchen Sie sich einen neuen Ver- mittler“, so Berghammer. Früh planen Vernünftig ist ein so abrupter Rückzug natürlich nicht. Schaut man sich aber den enormen Aufwand an, ist es nicht unver- ständlich, dass bei manchen eine Über- forderung eintritt.Wer sein Lebenswerk zu zufriedenstellenden Konditionen weiter- geben möchte, muss dafür mehrere Jahre einplanen. „Man sollte mindestens fünf Jahre vor dem geplanten Rückzug damit beginnen, besser aber noch früher“, sagt Sewico-Geschäftsführer Willim. Denn ab- seits der Suche nach einem geeigneten Nachfolger wollen zahlreiche organisatori- sche und strategischen Fragen gelöst sein. In vielen Fällen zahle es sich etwa steuer- Versicherungsmakler Altersstruktur und Frauen-/Männeranteil (aktive Gewerbeinhaber) 61 Prozent sind „50 plus“. Und es gibt ein Genderungleichgewicht. Vielleicht würde mehr Diversität den Nachfolgepool vergrößern. Quelle:FachverbandVersicherungsmakler 70 und älter 5 % 15–29 Jahre 6 % 50–69 Jahre 56 % 30–49 Jahre 33 % Männer 86 % Frauen 14 % Versicherungsagenten Altersstruktur und Frauen-/Männeranteil (aktive Gewerbeinhaber) Die Versicherungsagenten sind jünger. Nebenverdienst in jungen Jahren und der Strukturvertrieb spielen eine Rolle. Quelle:FachverbandderVersicherungsagenten 70 und älter 7 % 15–29 Jahre 24 % 30–49 Jahre 33 % 50–69 Jahre 36 % Männer 78 % Frauen 22 % » Die Integration ist ein enormer Aufwand und ein Prozess, der sehr lang dauert. « Christoph Berghammer, Maklerobmann fondsprofessionell.at 2/2022 191

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