FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2022

Nachfolger gesucht Laut einer Studie betreiben 90 Prozent der Versicherungsmakler kein aktives Nachfolgemanagement . Große Makler, Pools und Versicherer screenen solche „planlos“ frei werdenden Bestände. E s ist kein Geheimnis, dass die Gesell- schaft altert. In der Versicherungs- vermittlung ist diese Dynamik jedoch besonders deutlich: Bei einer Recherche der Redaktion Ende 2015 waren 40 Pro- zent der Versicherungsmakler in Österreich über 50 Jahre alt. Heute sind es bereits über 60 Prozent (siehe Grafik nächste Sei- te). Aus dieser Entwicklung ergeben sich Wachstumsmöglichkeiten für jüngere Kollegen oder für andere Marktteilnehmer. Je nachdem, wen man befragt, sind diese Chancen enorm – oder aber mit Vorbe- halten zu betrachten. Denn Bestands- übernahmen bergen auch Herausforde- rungen. Millionenpotenzial „Die Branche hat verstanden, dass der Kauf von Maklerportfolios eine relevante Marktchance ist. Versicherungsunterneh- men und große Maklerverbände screenen gezielt den Markt nach Beständen, die für sie interessant sein könnten“, sagt KPMG- Partner und Versicherungsexperte Lorenz Lang. Er hat mit Kollegen im Rahmen einer Vermittlerstudie ein Millionenpo- tenzial errechnet. Demnach könnte eine exemplarische Versicherung mit 20 Prozent Marktanteil aus übergabereifen Beständen von Maklern und Mehrfachagenten zusätz- lich 57 Millionen Euro an neuen Prämien generieren (ohne Lebensversicherung). An- genommen wurde, dass 50 Prozent der auf diesemWeg erworbenen Bestände tatsäch- lich auf die eigene Versicherung umge- deckt werden können. In ihrer Berechnung gehen die Studienautoren davon aus, dass 35 Prozent der Volumina von über 50-jäh- rigen Maklern übergabereif sind und dass 90 Prozent kein aktives Nachfolgemanage- ment betreiben. Wer kauft wirklich? Dass die Dynamik bei Unternehmens- übergaben zunimmt, berichtet auch Wolf- gang Willim, Geschäftsführer des auf Versi- cherungsvermittler spezialisierten Beraters Sewico. Die Consultingfirma bewertet zwi- schen 35 und 45 Versicherungsvertriebsun- ternehmen jährlich und begleitet die Über- gabeprojekte. Allerdings sieht Willim die Versicherungsunternehmen nicht als die wesentlichen Player beim Kauf von Mak- lerbeständen. Geht ein Makler in Pension, würden in den meisten Fällen andere gro- ße Branchenkollegen oder Maklerpools übernehmen. Denn rein rechtlich kann eine Versicherung die Kunden eines Maklers (der ja per Gesetz unabhängig ist) nicht eins zu eins selbst übernehmen. Bei sol- chen Deals müsste sich die Assekuranz eines hauseigenen Maklers bedienen.Doch bei den Kunden sei eine Übertragung dort- hin wenig beliebt, sagt Willim. „Die Kon- sumenten haben ein zunehmend hohes Bewusstsein, dass sie wirklich unabhängig beraten sein wollen. Die wechseln nicht einfach zu einem an eine Versicherung » Der Kauf von Makler- portfolios ist eine relevante Marktchance. « Lorenz Lang, KPMG Ein großer Teil der Versicherungs- vermittler ist über 50 Jahre alt. Wer sein Geschäft an die nächste Generation übergeben möchte, sollte mindestens fünf Jahre vor dem Rückzug mit der Planung beginnen. FONDS & VERSICHERUNG Betriebsübergaben 190 fondsprofessionell.at 2/2022 FOTO: © SEPY | STOCK.ADOBE.COM

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