FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2022

Business Case Ausgebuchte Beraterinnen und übervolle Seminare zeigen, dass Finanzberatung für Frauen am Markt angekommen ist. Ein Überblick, warum dieses Thema so relevant ist. F rauen müssen mit weniger Geld län- ger auskommen. Einige Finanzberate- rinnen stellen diese Tatsache ins Zentrum ihrer Arbeit und konzentrieren sich auf ein weibliches Zielpublikum. Mit Erfolg. Marietta Babos, Gründerin der Vermö- gensberatung Damensache und Initiatorin der Frauenberatungsschiene beimHaftungs- dach Finum, illustriert den Bedarf mit ihrem überquellenden Terminkalender: „Der Markt braucht das. Ich bin die kom- menden sechs Wochen komplett ausge- bucht“, sagt die Expertin, die in einem Team mit 20 BeraterInnen arbeitet. Auch die Damensache-Webinare verdeutlichen bei 600 bis 700 Teilnehmerinnen das Inter- esse am Thema. Dabei hätten ihr Bran- chenkenner abgeraten, in so eine Nische einzusteigen. „Es war auch ein wenig Trotz dabei, es doch zu machen“, sagt die studier- te Makroökonomin und langjährige Unter- nehmensberaterin. Entscheidend war aber ein anderes Erlebnis, nämlich als ihre früh verwitwete Mutter mit Altersarmut kon- frontiert war. „Ich habe mir gedacht, das kann nicht sein, dass Frauen systematisch benachteiligt sind“, so Babos. Die Zahlen, die diese Benachteiligung belegen, sind seit Langem bekannt: Frauen leisten den Hauptteil unbezahlter Sorge- arbeit (Kinder, Haushalt, Pflege). Dafür re- duzieren sie ihre Erwerbsarbeit: 73 Prozent der Frauen zwischen 25 und 49 Jahren, die Kinder unter 15 Jahren haben, arbeiten Teilzeit, während das nur knapp sieben Prozent der Männer tun (Zahlen der Sta- tistik Austria). Selbst wenn man die tatsäch- lich bezahlten Stunden vergleicht, erhalten Frauen fast ein Fünftel weniger Lohn. Ins Bild fügt sich außerdem ein scheinbar unvermeidlicher Karriereknick durch das Kinderkriegen: Noch zehn Jahre nach der Karenz verdient eine Frau nur 67 Prozent des Salärs einer Kollegin, die durchgehend gearbeitet hat, errechnet Agenda Austria. Das alles ergibt am Ende des Erwerbs- lebens eine eklatante Kluft: Die gesetzliche Alterspension macht im Durchschnitt nur 1.219 Euro aus, während es bei den Män- nern 2.104 Euro sind. Hauptthema Pensionsvorsorge Geschlechterspezifische Finanzberatung, bedeutet, dieses Wissen parat zu haben. Da wird etwa mitbedacht, dass Frauen sta- tistisch fünf Jahre länger leben, also ihr Erspartes anders aufteilen müssen. Es wer- den keine gesonderten Produkte eingesetzt. Aber der Pensionsvorsorge komme ange- sichts der Armutsgefährdung eine vorran- gige Stellung zu, sagt Babos. Wie deutlich die systematische Schlech- terstellung ist, sei selbst langjährigen Profis manchmal nicht bewusst, sagen Expertin- nen im Gespräch. „Frauen fallen in der Wahrnehmung der Berater oft durch. Klas- siker ist die Unternehmerfamilie, wo die Frau nur geringfügig angemeldet wird, und in der Pension oder bei der Scheidung » Es kann nicht sein, dass Frauen systematisch benachteiligt sind. « Marietta Babos, Damensache Finanzberaterinnen, die sich auf die Zielgruppe Frauen spezialisieren, haben großen Zulauf. Frauen sind häufiger von Altersarmut betroffen als Männer. In der Beratung spielt daher die Vorsorge eine große Rolle. VERTRIEB & PRAXIS Finanzberatung für Frauen 204 fondsprofessionell.at 1/2022 FOTO: © GORODENKOFF | STOCK.ADOBE.COM

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