FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2021

Wende schon zu Ende? Bereits Anfang November vergangenen Jahres starteten die sogenannten Value-Aktien ein regelrechtes Comeback. Doch in diesem Sommer kamen schon wieder Zweifel auf. E s ist ein Streit, der fast schon so alt zu sein scheint wie die Börse selbst. Gemeint ist die immer wieder diskutierte Frage, ob es sinnvoller ist, auf sogenannte Value-Titel zu setzen oder ob mit den als Growth-Aktien bezeichneten Wachstums- werten langfristig das bessere Anlageergeb- nis zu erzielen ist. Bis vor zirka zwölf Mo- naten schien es für viele Marktbeobachter eine ausgemachte Sache zu sein, wer der Gewinner des Streits ist: Die Value-Strategie hatte nach fast 20 Jahren der Minderper- formance gegenüber dem Wachstumsseg- ment für manch einen ihren früheren Glanz endgültig verloren.Unterstützung er- hielten die Substanz-Skeptiker sogar von wissenschaftlicher Seite. Aswath Damoda- ran, Ökonomieprofessor an der renom- mierten Stern School of Business der New York University und oft als „Papst der Unternehmensbewertung“ gefeiert, verfass- te in einem seiner Aufsätze so etwas wie einen Abgesang auf die Value-Strategie. Value-Investing, wie es heute praktiziert werde, sei nicht nur starr und ritualisiert ge- worden, viele seiner Misserfolge seien auf Praktiken und Faustregeln zurückzuführen, die ihren Nutzen überlebt hätten. Angesichts der allgemeinen Marktent- wicklung scheint solcherlei harsche Kritik dann doch etwas übertrieben. Denn seit ungefähr einem Jahr haben Value-Aktien gegenüber ihren Growth-Counterparts die Nase vorn. Entsprechend positiv ausge- wirkt hat sich das bei Fonds, die sich dem wertorientierten Investieren verschrieben haben, wie sich unschwer in den Grafiken auf der nächsten Seite und den Tabellen auf Seite 110 ablesen lässt. Verhagelter Sommer Aber bereits im Sommer bekamen die Value-Anhänger zeitweise schon wieder kalte Füße. Der Juni war einer der schlech- testen Monate für Value-Aktien, als der Russell 1000 Value Index satte 7,4 Prozent- punkte hinter seinem Growth-Pendant zu- rückblieb. Und als Value in den Monaten Juli und August erneut hinterherhinkte, kam die Frage auf, ob die Hausse der Sub- stanzwerte schon wieder vorbei sei. Hans-Peter Schupp, Fondsmanager des Fidecum Contrarian Value Euroland, kon- tert darauf: „Gegenfrage: Hat die Value- Hausse überhaupt schon begonnen oder ist nur das Umfeld für Value-Aktien posi- tiv?“ Ein Argument gegen Value sei gewe- sen, dass bei niedriger Inflation beziehungs- weise negativen Zinsen zukünftige Gewin- ne nicht abdiskontiert werden müssten. „Nicht nur die gemessene Inflation ist ge- stiegen“, so Schupp, „auch die langfristigen Inflationserwartungen sind jetzt wieder vor- handen, ablesbar an der 25-jährigen infla- tionsindexierten Anleihe, die inzwischen mehr als drei Prozent Inflation einpreist.“ » Hat die Value-Hausse überhaupt schon begonnen oder ist nur das Umfeld für Value-Aktien positiv? « Hans-Peter Schupp, Fidecum Zum Unterschied zwischen Kurs und Wert einer Aktie zitierte Warren Buffett in seinem Investorenbrief von 2008 die Value-Legende Benjamin Graham wie folgt: „Price is what you pay, value is what you get.“ MARKT & STRATEGIE Value-Comeback 108 fondsprofessionell.at 4/2021 FOTO: © PATPITCHAYA | STOCK.ADOBE.COM

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