FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2021

von Assets sich schnell zur teuersten und am wenigsten profitablen Art des Wachs- tums entwickeln. Natürlich schafft man es mit der Ankündigung einer entsprechend großen Akquisition ohne Mühe in die Schlagzeilen. Aber die Wahrscheinlichkeit, mit einer solchen Kaufentscheidung falsch- zuliegen, ist mindestens genauso groß, wie damit richtig zu liegen. Dennoch kann man manchmal den Eindruck gewinnen, dass der eine oder andere Chef einer Fondsgesellschaft im Aufkauf eines Mit- bewerbers nicht nur seine Daseinsberechti- gung sieht, manch einer scheint zu glau- ben, damit seinen eigenen Wert steigern zu können. Das wiederum birgt noch ganz andere Gefahren. Wovon sprechen Sie genau? Wenn man sich von dem zweifellos vor- handenen Reiz einer größeren Übernahme allzu sehr einnehmen lässt, läuft man Ge- fahr, weniger preissensibel zu agieren. An- ders gesagt: Ganz gleich, ob ich ein Unter- nehmen am oberen oder am untere Ende der Preisspanne kaufe, solange das hinzuge- wonnene Fondsvermögen nicht wächst, er- weist sich der Kauf am Ende als zu teuer. Wenn ich es aber schaffe, die zugekauften Assets innerhalb eines angemessen Zeit- raums zu verdoppeln, so erweist sich dieser Zukauf selbst dann noch als günstig, wenn ich am oberen Ende der Preisspanne ge- kauft habe. Daher ist die Übernahme eines Mitbewerbers immer nur dann sinnvoll, wenn man damit Fähigkeiten oder Mög- lichkeiten erhält, über die man bis dahin noch nicht verfügt. Es sollte jedenfalls nicht darum gehen, lediglich die eigenen Spei- cher der verwalteten Assets aufzufüllen. Denn das kann böse nach hinten losgehen. Inwiefern „böse nach hinten losgehen“? Nehmen wir an, eine Fondsgesellschaft ver- waltet heute bereits fünf Milliarden Pfund in britischen Aktien und erhält die Mög- lichkeit, durch eine Übernahme zusätzlich Assets in Höhe von 20 Milliarden Pfund in britischen Aktien zu managen. Das hört sich im ersten Moment verlockend an, weil die Gesellschaft mithilfe einer Art Abkür- zung ihre verwalteten Assets auf einen Schlag deutlich steigert. Auf der anderen Seite belastet sie dadurch nicht nur einen großen Teil ihrer Kapazitäten, sie reduziert auch definitiv ihre Fähigkeit zur Outper- formance in diesem Anlagesegment. Sie meinen, weil ihre Compliance-Regeln und ihr Risikomanagement die entspre- chende Strategie gewissermaßen immer näher an den Index heranzwingenwerden? Korrekt, aber nicht nur das.Durch den Ver- lust der Fähigkeit zur Outperformance geht auch die Möglichkeit verloren, eine zusätzliche Performancegebühr zu berech- nen. Am Ende führt das dazu, dass aus einer ursprünglich aktiven Strategie ein In- dexinvestment wird, wovon es schon heute mehr als genug am Markt gibt. Und noch viel schlimmer ist: Man ist zu einem Index- manager geworden, der aber auf der Kos- tenbasis eines aktiven Managers arbeitet. Sie scheinen eher ein gutes Händchen zu haben, was Ihre Akquisitionen angeht. Ein regelrechter Meilenstein, wenn auch nicht unsere größte Akquisition, war die Übernahme des auf das Nachhaltigkeits- thema spezialisierten Asset Management Teams von Alliance Trust. Damals hat uns manch einer für verrückt erklärt, weil im Grunde vom Thema Nachhaltigkeit noch niemand so recht Notiz genommen hat. Im Rückblick war die Nachfrage nach ESG-Strategien das einzige in unserer Bran- che, was sich sozusagen schneller als mit Lichtgeschwindigkeit bewegt hat. Ich habe zwar keine konkreten Zahlen zum deut- schen Markt, aber in Großbritannien hat- ten nachhaltige Produkte im vergangenen Jahr einen Anteil von 85 Prozent an den Nettoabsätzen im Fondsbereich. » Der eine oder andere Chef einer Fonds- gesellschaft sieht im Aufkauf eines Mitbewerbers seine Daseinsberechtigung. « John Ions, Liontrust VERTRIEB & PRAXIS John Ions | Liontrust FOTO: © TOM BIRTCHNELL 226 fondsprofessionell.at 2/2021

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