FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2021

Wo liegt die durchschnittliche Mindest- verzinsung in den LV-Beständen bei der Wiener Städtischen derzeit? Das kommt darauf an, wie man es rechnet. Mit einem Fünftel befindet sich ein guter Teil des Lebensversicherungsbestands in der PZV, die in unserem Haus aus Kun- densicht immer noch sehr gut funktioniert. Rechnen wir diese hinzu, haben wir über den gesamten Bestand eine durchschnitt- liche Garantieverzinsung von deutlich unter zwei Prozent. Ohne PZV sind wir etwas über zwei Prozent. Auch das ist imaktuellen Umfeld ohne grö- ßeres Risiko nicht mehr leicht zu verdienen. Wie sieht die Asset Allocation in der Veran- lagung derzeit aus? Wir haben seit langer Zeit einen nicht un- wesentlichen Teil in Immobilien, Darlehen und Infrastruktur veranlagt. Das lässt uns mit der Klassischen durchaus langfristig im Spiel bleiben. Die Aktienquote liegt bei uns derzeit bei rund fünf Prozent. Damit fühlen wir uns sehr wohl, da wir immer in dieser Größenordnung unterwegs waren. Um unsere Renditeziele zu erreichen, ist das der richtige Wert. Müsste die Aktienquote im Deckungsstock nicht trotzdem deutlich höher sein? Sollte es hier im Hinblick auf die Rechnungsle- gungsvorschriften und Solvency II Ihrer Meinung nach andere Regelungen geben, die dem aktuellen Umfeld angepasst sind? Natürlich zwingt uns Solvency II bei Aktien zu einer hohen Eigenmittelunter- legung, insofern hat man gar nicht die Möglichkeit, die Quote deutlich zu erhö- hen. Vertreter der reinen Lehre nach Solvency II sagen, dass das Risiko nicht weg ist, nur weil man es regulatorisch anders einstellt. Das ist einerseits richtig, auf der anderen Seite haben wir bei Solvency II in der Standardformel auch Situationen, in denen das Spreadrisiko – das viel größer ist als jenes aus Aktien –, tendenziell überschätzt wird. Auch das Zinsrisiko, das eigentlich erst durch eine künstliche EZB-Politik erzeugt wird, schlägt hier sehr stark durch. Angesichts dessen könnte man bei Aktienrisiken durchaus eine niedrigere Unterlegung ermöglichen. Das würde auch dem Stand- ort Österreich helfen, da Versicherungs- unternehmen dann stärker in heimische Unternehmen investieren könnten. Gerade im Hinblick auf die kommende Post- Covid-Situation wäre es vorteilhaft, wenn wir hier mehr Spielraum hätten. Von wie viel Spielraum reden wir hier? Natürlich würde es nicht das Bild kom- plett ändern, aber wenn wir eine zwei bis drei Prozent höhere Aktienquote fahren könnten, dann wären das bei größeren Deckungsstöcken schon Hunderte Mil- lionen Euro, die in die österreichische Wirt- schaft gesteckt werden könnten. Im Bereich der Fondspolizzen geht der Trend in Richtung Nachhaltigkeit. So haben Sie vergangenes Jahr die FLV Eco Select Invest vorgestellt. Was ist das Besondere an der Fondspolizze, und wie hat der Ver- trieb auf das neue Produkt reagiert? Über Eco Select Invest bieten wir ESG- konforme Investmentfonds im Rahmen einer fondsgebundenen Polizze an. Wir haben die Nachfrage nach derartigen Produkten gespürt und darauf reagiert. Insgesamt kann in 22 verschiedene ESG- Fonds investiert werden. Eco Select ist zudem die erste Fondspolizze, die das Österreichische Umweltzeichen trägt. Vom Vertrieb wurde das neue Produkt sehr gut angenommen, und es hat auch wesentlich zum Wachstum in der Fondsgebundenen beigetragen. Obwohl das Produkt erst Mitte des Jahres vorgestellt wurde, konnten wir über tausend Abschlüsse verzeichnen. Und man muss hier auch weiter denken: Wenn der Regulator verstärkt Akzente in » Angesichts dessen könnte man bei Aktienrisiken durchaus eine niedrigere Unter- legung ermöglichen. « Ralph Müller, Wiener Städtische FONDS & VERSICHERUNG Ralph Müller | Wiener Städtische FOTO: © MARLENE FRÖHLICH | LUXUNDLUMEN 164 fondsprofessionell.at 1/2021

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