FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2020

Kunden den Rechtsweg beschreiten, weil sie meinen, wir hätten die Entschädigung zu Unrecht abgelehnt. Gibt’s schon Entscheidungen? Nein. Wir haben Briefe von Anwälten be- kommen. Fakt ist, es gibt dazu keine Judi- katur. Das ist neues Gesetz. Gewisse Dinge wird man, wenn’s drauf ankommt, gericht- lich entscheiden lassen müssen.Wir dürfen nur auszahlen, was das Gesetz zulässt. Bis jetzt hat niemand an die Einlagensiche- rung gedacht, wenn es darum ging, einen Betrag aus der Erbschaft oder eine Pen- sionszahlung auf die Bank zu legen. Wo liegt für die Zukunft die Verantwortung, sol- che Feinheiten besser zu kommunizieren? Bei der ESA, bei den Finanzberatern? Natürlich müssen sich die Kunden selbst schlau machen. Auch müssten die Bank- berater die Basics der Einlagensicherung kennen. Man kann jederzeit bei uns anru- fen. Sicher könnte man das bei der finan- ziellen Bildung künftig mehr hervorheben. Die ESA hat bewiesen, dass die geschützten Einlagen wirklich gesichert sind. Aber man muss sich im Klaren sein: Wenn jemand viel Geld auf die gleiche Bank legt, dann sind Girokonto, Festgeld und ein Sparbuch keine Diversifizierung. Das ist für die Einlagensicherung ein und dasselbe. Bei Aktien und Fonds ist es wieder anders. Da gelten die Bedingungen der Anlegerent- schädigung. Die refundiert nur maximal 20.000 Euro. Gab es weder bei Commerzialbank noch bei Meinl/AAB einen Fall? Ja. Das war bisher bei beiden Banken kein Thema. Der einzige denkbare Fall für die Anlegerentschädigung wäre, dass die Papie- re veruntreut wurden und nicht mehr aus- gefolgt werden können. Sind die Wert- papiere vorhanden, muss man sich an den Insolvenzverwalter wenden, der überträgt sie auf ein neues Depot. Die ESA hat als größte Gläubigerin im In- solvenzverfahren Forderungen in Höhe von 489 Millionen Euro angemeldet. Es gibt bei der Bank Mattersburg aber kaum reale Vermögenswerte. Werden Sie sich den Klagen gegen die Republik beziehungs- weise gegen den Bilanzprüfer oder das Bundesland anschließen? Eine Amtshaftungsklage ist in Vorberei- tung. Die ESA hat der Finanzprokuratur bereits das im Amtshaftungsgesetz vorgese- hene Aufforderungsschreiben übermittelt. Wir prüfen aber in alle Richtungen, auch Ansprüche gegen das Land Burgenland. Den Bilanzprüfer TPA hat der Massever- walter ja bereits geklagt.Wenn dieser Geld bekommt, fließt das über die Masse uns zu. (Die ESA ist vorrangiger Gläubiger, Anm.) Wir haben auch Forderungen bei den Pri- vatinsolvenzen der Bankvorstände Herrn Pucher und Frau Klikovits angemeldet. Und im Strafverfahren sind wir als Privat- beteiligte angeschlossen. Wolfgang Peschorn, der Chef der Finanz- prokuratur, hat bereits erklärt, es gebe keine Chancen für eine Amtshaftung. Wie sehen Sie das? Es ist natürlich die Aufgabe des Herrn Peschorn, dass er das sagt. Das Gesetz kön- » Gewisse Dinge wird man, wenn’s drauf ankommt, gerichtlich entscheiden lassen müssen. « Stefan Tacke, Einlagensicherung fondsprofessionell.at 4/2020 223

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