FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2020

pleton haben keine gemeinsamen Wur- zeln. Auch bei dem Fondshaus aus Boston wahren die Sprösslinge des Unternehmens- gründers einen erheblichen Einfluss: Die Familie besitzt fast die Hälfte der Anteile von FMR, die Mitarbeiter den anderen Teil. FMR ist das Unternehmen hinter demUS- Haus Fidelity Investments. Die Johnsons besitzen zudem gut 40 Prozent an Fidelity International, der außerhalb der USA täti- gen Investmentgesellschaft. Anders als Schroders und Franklin Templeton ging Fidelity nie an die Börse. Neuerungen eingeführt Wie die kalifornischen Johnsons behal- ten die Nachkommen der Johnsons aus Massachusetts bei ihrem Privatunterneh- men das Sagen im operativen Geschäft. Das Haus wurde 1946 von Edward John- son II. gegründet. 1977 übernahm Sohn Edward Johnson III. das Steuer. Dessen Tochter Abigail stieg 1988 als Analystin in das Unternehmen ein und durchlief dann zahlreiche Stationen. 2014 übernahm sie den Vorstandsvorsitz von ihrem Vater, zwei Jahre später den Verwaltungsratsvorsitz von Fidelity Investments und dem Schwester- haus Fidelity International. Dort installierte sie Anne Richards als Vorstandschefin, die zuvor das britische Fondshaus M&G gelenkt hatte. Abigail Johnson führte bei dem strau- chelnden Riesen einige Neuerungen ein. So forcierte sie den Einstieg in das Geschäft mit ETFs. Die Bostoner wollen so dem Preisdruck durch die Passiv-Konkurrenz begegnen. Zugleich experimentiert der Anbieter auf der aktiven Seite mit einem neuen Gebührenmodell, der an den Erfolg der Fonds gekoppelten „Fulcrum Fee“. Zudem lotet das Haus das Potenzial von Blockchain und Digitalwährungen wie Bit- coin aus. Die Entwicklung neuer Techno- logien hat für das Haus offenbar einen ho- hen Stellenwert. Die Analysten der Rating- agentur Moody’s zählten die Patente, die die großen amerikanischen Asset-Manage- ment-Häuser seit den 1980er-Jahren ange- meldet hatten: Mit großem Abstand vorn rangiert Fidelity, erst danach folgen Charles Schwab und Blackrock. Bedeckt und bescheiden So progressiv die jüngste aktive Vertre- terin der Johnsons die Entwicklung des Unternehmens vorantreibt, so zurück- haltend und bescheiden gibt sich Abigail. Über das Privatleben der gesamten Familie dringt wenig in die Öffentlichkeit. Dabei gelten die Johnsons als reichster und ein- flussreichster Clan im Großraum Boston. Neben demHauptgeschäft der Vermögens- verwaltung ist die umtriebige Familie auch in anderen Feldern aktiv. So gründete sie in den 1990er-Jahren das britische Telekom- munikationsunternehmen Colt. Daneben reicht das Beteiligungsspek- trum der Familie Berichten zufolge von Immobiliengesellschaften und Schieferöl- förderern über Technologie- und Gesund- heits-Start-ups bis hin zu einem Chauffeur- dienst, der mittlerweile jedoch verkauft wurde. Trotz des breiten Portfolios an privaten Investments sind die Geschicke der Familie eng mit dem Schicksal der Fidelity-Fonds verwoben. Abigail muss beweisen, dass ihr Haus die Gunst und das Geld der Anleger dauerhaft halten kann. So stehen die jüngsten Vertreterinnen bei Schroders, bei Fidelity sowie bei Frank- lin Templeton jeweils vor unterschiedli- chen Aufgaben. Einen dürfte sie das Ziel, einen möglichst erfolgreichen Familien- konzern an die nächste Generation weiter- zureichen. SEBASTIAN ERTINGER FP Abigail Johnson, Fidelity: Die Enkelin des Gründers stieg zunächst als Analystin in das Familienunter- nehmen ein und durchlief zahlreiche Stationen. 1946 Edward Johnson II. gründet in Boston Fidelity Investments. 1969 Gründung von Fidelity International als weltweiter Ableger des Asset Managers. 1977 Edward Johnson III. übernimmt von sei- nemVater die Posten des Präsidenten und des Vorstandschefs der Fidelity-Gruppe. 1980 Fidelity International wird aus der US- Mutter herausgelöst. Die Anteile des Unternehmens befinden sich größtenteils im Besitz von Mitgliedern der Familie Johnson sowie von Management und Mit- arbeitern. Seither agieren beide Einheiten als unabhängige Unternehmen, die aber miteinander kooperieren. 1995 Fidelity International wandelt sich vom Aktienspezialisten zum Universalanbieter. Dafür wird ein Anleihenteam aufgebaut. 2014 Abigail Johnson, die Enkelin des Unterneh- mensgründers, übernimmt den Vorstands- vorsitz bei Fidelity Investments von ihrem Vater. Zudem wird sie Aufsichtsratschefin von Fidelity International. 2016 Die Enkelin des Firmengründers schlüpft auch in die Rolle der Präsidentin der Fide- lity-Gruppe. Das Unternehmen bleibt damit in dritter Generation familiengeführt. 2018 Anne Richards wird die neue Vorstands- chefin von Fidelity International. Richards leitete zuvor das britische Haus M&G. fondsprofessionell.at 3/2020 203

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