FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2020

gebeutelt. Die Schroders-Führung ent- schloss sich zum Verkauf des Investment- bankings. Die Citigroup übernahm im Jahr 2000 die Einheit für rund 1,3 Milliar- den Pfund. Im Jahr 2013 wiederum kaufte Schroders das aufs Private Banking spezia- lisierte Traditionshaus Cazenove Capital. Damit forcierten die Briten ihre Ausrich- tung auf das Wealth und das Asset Management. Langsamer Rückzug Bei diesen Weichenstellungen mischte die Gründungsfamilie eng mit. Bruno Schroder etwa, der Ururenkel des Firmen- gründers, trat 1960 in das Unternehmen ein. Schon 1963 rückte er in den Aufsichts- rat nach, da sich die Gesundheit seines Vaters Helmut zusehends verschlechterte. Brunos Neffe Philip Mallinckrodt saß ebenfalls in dem Rat und hatte als Leiter der Wealth-Management-Einheit die Über- nahme von Cazenove mit eingefädelt. „Unser Einfluss als Familie ist enorm“, gab Bruno Schroder in einem Interview vor acht Jahren selbstbewusst zu Protokoll. Er und Mallinckrodt würden auf die gene- relle Strategie der Gruppe, die Finanzen und Akquisitionen einwirken. Mittlerweile ist zumindest der nach außen sichtbare Einfluss der Familie ge- schrumpft. Das operative Geschäft leiten im Unternehmen groß gewordene oder von extern hinzugestoßene Manager. Bruno Schroder saß bis zu seinem Tod im Februar 2019 im Aufsichtsrat. Er hatte aber seinen Rückzug zur Hauptversammlung imMai desselben Jahres geplant.Mallinck- rodt wiederum zog sich zur Hauptver- sammlung im April 2020 aus dem Gre- mium zurück. Das Unternehmen berief derweil häufiger unabhängige Aufsichtsräte. Gänzlich gekappt sind die Bande aber nicht. Brunos Platz nahm dessen Tochter Leonie ein. Sie spielte bisher keine aktive Rolle im Familienunternehmen und bringt auch sonst keine Erfahrung aus der Finanzbranche mit. Sie stand wohltätigen Stiftungen vor und führte das Familiengut Dunlossit auf der schottischen Insel Islay. „Leonies Berufung spiegelt die Bindung der wichtigsten Aktionärsgruppe zu Schro- ders wider. Diese war langfristig ein wichti- ger Grund für den Erfolg des Unterneh- mens“, sagte Aufsichtsratschef Michael Dobson, der Schroders lange als Vorstands- chef gelenkt hatte. Kontroverse Kandidatin An der Nominierung entzündete sich allerdings eine Kontroverse. Die einflussrei- chen Stimmrechtsberater von Glass Lewis monierten die mangelnde Erfahrung der Milliardenerbin im Finanzwesen. Sie emp- fahlen den übrigen Schroders-Aktionären deshalb, die Familienvertreterin abzuleh- nen. Dem Unternehmen zufolge signali- sierten hingegen wichtige Minderheits- aktionäre Zustimmung zur Kandidatur von Leonie. Die Aktionärsberater von ISS wiederum sprachen sich nicht gegen sie aus. Letztendlich folgten die Aktionäre auf der Hauptversammlung im April 2020 nicht der Glass-Lewis-Empfehlung, sondern bestätigten Leonie im Aufsichtsrat als letzte Vertreterin der Schroders. Die Geschicke des Fondsriesen Franklin Templeton aus dem kalifornischen San Mateo liegen dagegen noch gänzlich in Familienhand. Auch hier hat sich jüngst Leonie Schroder, Schroders: Die Erbin stand bislang wohltätigen Stiftungen vor und führte das Familien- gut Dunlossit auf der schottischen Insel Islay. 1804 Johann Heinrich Schröder siedelt von Hamburg nach London und wird Teilhaber bei dem von seinem Bruder Johann Fried- rich gegründeten Handelsfinanzierungs- haus, das später als J. Henry Schröder & Co firmiert. 1853 Die Gesellschaft gibt ihre erste Anleihe heraus, mit der der Bau einer Eisenbahn auf Kuba finanziert wird. Das Haus macht sich in der Folge mit Anleihenemissionen für ausländische Schuldner am Londoner Markt einen Namen. 1883 Johann Heinrich stirbt. Sein ältester leben- der Sohn John Henry erbt die Anteile an dem Finanzinstitut. 1895 Da John Henry keine eigenen Kinder hat, wird sein Neffe Bruno Schröder Teilhaber. Dieser übernimmt 1910 nach dem Tod seines Onkels die Leitung des Unterneh- mens. 1940 Brunos Sohn Helmut Schröder wird Teil- haber des Hauses und Vorsitzender des US-Ablegers Schrobanco. 1959 Schroders wird zur Aktiengesellschaft und notiert an der Londoner Börse. Helmut übernimmt den Aufsichtsratsvorsitz. Zuvor war der Name J. Henry Schröder & Co. anglisiert worden. 1963 Helmuts Sohn, wiederum namens Bruno, rückt in den Aufsichtsrat und bleibt dort bis zu seinem Tod 2019. 2019 Leonie Schroder rückt anstelle ihres Vaters in den Aufsichtsrat. 2020 Philip Mallinckrodt, Vertreter eines weite- ren Flügels der Familie, zieht sich aus dem Aufsichtsrat zurück. fondsprofessionell.at 3/2020 201

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