FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2020

in China und könnten sich damit langfristig als Wettbewerbsvorteil erweisen. „Wir können viel über die Führung eines Unternehmens lernen, wenn wir sehen, wie es in Krisenzeiten reagiert“, ergänzt John Streur, Chef von Calvert Research and Management, einer Tochtergesellschaft des US-Asset-Managers Eaton Vance. „Die aktuelle Situation gibt den Managern die Gelegenheit, der Öffentlichkeit zu zeigen, dass sie die Bedeutung aller Inter- essengruppen, nicht nur der Aktionäre, erkennen und die Bedürfnisse beider Seiten in Einklang bringen können.“ Seiner Über- zeugung zufolge gehen Unternehmen, die langfristig denken, die Gesundheit und Sicher- heit ihrer Mitarbeiter an die erste Stelle setzen und ihre Kunden gut bedienen, gestärkt aus der Krise hervor. Ähnlich äußert sich Nina Roth, Direktorin im Responsible Investment Team von BMO Global Asset Management: „Wir sehen bereits jetzt, wie sich große Lücken zeigen zwischen Unternehmen, die sich gut um ihre Beschäf- tigten kümmern, und solchen Firmen, die in den sozialen Medien ausgesprochen aktiv an- geprangert werden.“ Außerdem zeige sich, dass Unternehmen, die sich auf eine flexible Arbeitskultur eingelassen haben, geringere Produktivitätseinbußen erleiden als andere. Flexibilität ist Trumpf Firmen, die geschickt auf die Krise reagie- ren, kämen nicht nur mit den momentanen Einschränkungen besser zurecht, sie würden auch ihre Attraktivität auf dem Arbeitsmarkt steigern, meint Ophélie Mortier, Leiterin Re- sponsible Investments bei Degroof Petercam Asset Management. „Die heute getroffenen Maßnahmen werden sich langfristig positiv auswirken“, so ihre Überzeugung. „Denn Zu- friedenheit und Loyalität der Mitarbeiter be- einflussen die Produktivität, die Börsenperfor- mance und auch die Unternehmensrendite.“ Sacha Sadan, Head of Investment Steward- ship bei Legal & General Investment Ma- nagement, verweist auf einen Punkt, der auf das „G“ in ESG abzielt: Seiner Meinung nach zeigt die Coronakrise, wie berechtigt viele der Forderungen an eine gute Unternehmens- führung sind. Wer etwa ein halbes Dutzend Aufsichtsratsmandate habe, könne an vielen krisenbedingten Sondersitzungen der Gremien gar nicht teilnehmen. Darum sei es so wichtig, die Zahl der Mandate zu begrenzen. ESG lohnt Offensichtlich hat Corona den Beweis erbracht, dass es sich lohnt, bei der Titel- selektion ESG-Kriterien zu beachten. Die Nachhaltigkeitsexperten, die in manchen Fondsgesellschaften lange Zeit eher belä- chelt wurden, weil sie sich um die ver- meintlich „weichen“ Themen kümmerten, ha- ben plötzlich handfeste Erfolge vorzuweisen. „ESG-Kriterien bereichern die Unterneh- mensanalyse“, erläutert Roland Rott, ESG- Leiter bei La Française Asset Management. „Sie beleuchten Umwelt-, soziale und Gover- nance-Aspekte, die noch nicht systematisch Nachhaltige Gewinner Öko- und Ethikfonds stecken den Börsencrash im ersten Quartal 2020 besser weg als herkömmlich gemanagte Portfolios. Studie Die Ratingagentur Scope hat analysiert, wie sich nachhaltige Aktienfonds in der Corona- krise geschlagen haben. Untersucht wurden alle passiv und aktiv gemanagten Publikums- fonds mit Zulassung in Deutschland. Ergebnis Egal in welcher Region der Manager investiert, die ESG-Portfolios verbuchten im ersten Quar- tal 2020 im Schnitt geringere Verluste als kon- ventionell verwaltete Sondervermögen (siehe Grafik). Außerdem interessant: In den Katego- rien „Welt“, „Europa“ und „Schwellenländer“ hielten sich nachhaltige Aktienfonds mit akti- vem Management besser als ESG-Indexfonds. Bei nordamerikanischen Aktien hatten die pas- siven Produkte allerdings die Nase vorn. Begründung „Nachhaltige Aktienfonds sind oft defensiv positioniert, da sie in Qualitätsunternehmen mit starkem ESG-Profil investieren, die auch in Krisenzeiten relativ stabile Erträge aufweisen“, schreiben die Scope-Analysten Simone Schieg und Andre Härtel. Besonders günstig wirkte sich aus, dass die Manager kaum Energietitel im Depot hatten, die besonders hohe Kursein- bußen erlitten. Auch das hohe Gewicht des Gesundheitssektors machte sich bezahlt. Masja Zandbergen, Robeco: „Der wichtigste ESG- Aspekt in der Coronakrise ist unsere Antwort darauf.“ Ophélie Mortier, DPAM: „Die heute getroffenen Maßnahmen werden sich langfristig positiv auswirken.“ » Der Klimawandel kann in der Nachhaltigkeitsdebatte nicht länger eine Monopolstellung haben. « Iain Richards, Columbia Threadneedle ESG-Produkte hielten sich in allen Kategorien besser als konventionelle Fonds. Aktienfonds mit Zulassung in Deutschland; Performance auf Eurobasis Quelle: Scope Analysis Welt Europa Nordamerika Schwellen- länder Nachhaltig Durchschnittliche Aktienfonds-Performance im ersten Quartal 2020 Konventionell –17,2 % nachhaltig –18,9 % konventionell –20,7 % –23,1 % –17,3 % –18,8 % –22,1 % –23,5 % www.fondsprofessionell.at | 2/2020 207

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