FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2020

und Hightech behandelt werden und die wirt- schaftlichen Folgen der Krise abgefedert wer- den. Ob die Politik richtig reagiert hat, wird sich erst herausstellen, wenn das Ganze zumindest eine geraume Zeit vorbei ist. Ich glaube, dass die Maßnahmen alternativlos sind und waren. Was soll richtig oder falsch sein? Das Einzige, was man tun kann, ist zu versuchen, die Wirtschaft bestmöglich am Leben zu erhalten. Nachdem die ersten Wirtschaftspakete zu klein waren und nachgelegt werden muss, stellt sich die Frage, ob die Kon- junkturmaßnahmen uferlos sein können. Die ersten Pakete in Österreich waren ein Witz, und ich habe mich gewundert, dass das so gemacht wurde. Der deutsche Finanz- minister hat von Anfang an gesagt „Koste es, was es wolle“, während bei uns zuerst nur vier Milliarden Euro bereitgestellt wurden. Die 38 Milliarden Euro werden auch nicht ausreichen. Das ist aber nur ein Aspekt. Hinzu kommt der Einnahmeausfall für den Staat. Deshalb wird die Staatsverschuldung Öster- reichs in zwei bis drei Jahren um mindestens 100 Milliarden Euro höher sein. Es kann auch mehr sein. Das Problem der hohen Staats- verschuldung werden wir mit anderen Län- dern teilen, wenn auch noch immer in einem unterschiedlichen Ausmaß. Dann gibt es zwei Fragen, die keiner beantworten kann: Wie entwickelt sich der Zins? Wie entwickelt sich die Inflation? Die Zinsen lassen sich bis zu einem gewissen Grad steuern, bei einem Inflationsdruck ist das schon sehr viel schwie- riger. Haben die Notenbanken ihr Pulver nicht schon vor der Krise verschossen? Denn wir haben ja bereits seit Längerem eine Nullzinspolitik. Die Frage ist, ob diese Politik beibehalten werden kann. Natürlich kann man auch nega- tive Zinsen einführen. Aber wie geht man mit dem Inflationsdruck um? Die Billionen, die in den Kreislauf gepumpt werden, müssen irgendwo andocken. Das Virus frisst kein Geld. Geld wird nur durch Inflation und Wäh- rungsreform gefressen. Eine andere Methode der Geldvernichtung gibt es nicht. Sie klingen nicht optimistisch. Es ist nicht meine Art, übertrieben optimis- tisch zu sein. Ich möchte den Dingen realis- tisch ins Auge blicken und wäre gern optimis- tischer. Sich sorgen zu machen ist nicht gerade erbaulich. Ich male auch nicht gern schwarz und sehe mich selbst als optimistischen Rea- listen, der sich nicht in den Sack lügt. Immobilienverkäufer schieben die Schuld an den gestiegenen Preisen und teuren Wohnungen gern auf die Bau- unternehmen. Wie werden sich die Bau- kosten in der Krise entwickeln? Grundsätzlich wird sich an der Kostenstruktur der Bauwirtschaft wenig ändern. Wir geben die tatsächlichen Kosten weiter. In den ver- gangenen zwei Jahren gab es im Bau eine Hochkonjunktur, und das hat automatisch einen gewissen Einfluss auf die Preise. Dieser Effekt wird wegfallen. Es wird einen verstärk- ten Wettbewerb geben, in dem die Preise viel- leicht auch unter die Kosten sinken. Wenn die Kollegen das übersehen, wird es eine Markt- bereinigung geben, weil niemand auf Dauer unter seinen Kosten produzieren kann. Da- nach werden die Preise wieder schnell an die anfallenden Kosten angepasst. Die Bauwirtschaft kann die Konjunktur ankurbeln. Nicht nur durch den Neu- bau, auch Erweiterungen und Sanie- rungen stimulieren die Nachfrage nach Material und Personal. Wird das in der Krise auch so sein? Und empfehlen Sie eher den Abriss veralteter und ökolo- gisch nicht besonders effizienter Immo- bilien oder eine Kernsanierung? Diese Frage lässt sich nur im Einzelfall ent- scheiden und hat mit der Konjunktur nichts Hans Peter Haselsteiner: „Die Staatsverschuldung Österreichs wird in zwei bis drei Jahren um mindestens 100 Milliarden Euro höher sein. Es kann auch mehr sein.“ » Die Billionen, die in den Kreislauf gepumpt werden, müssen irgendwo andocken. Das Virus frisst kein Geld. « Hans Peter Haselsteiner, Strabag Foto: © Rene Prohaska | picturedesk.com Hans Peter Haselsteiner Hans Peter Haselsteiner, Jahrgang 1944, promovierte 1970 an der Wirtschaftsuniversität Wien zum Doktor der Handelswissenschaften. Zwei Jahre später trat er in das Unternehmen ILBAU ein, das ab 1998 schrittweise mit der deutsch-österreichischen Bau- firma Strabag zusammenwuchs. In den vergangenen Jahren wurde Strabag zu einem weit verzweigten Konzern ausgebaut. 2007 stieg der russische Indus- trielle Oleg Deripaska ein, der aktuell nach Uniqua/ Raiffeisen und der Familie Haselsteiner drittgrößter Aktionär ist. Haselsteiner zog sich 2013 aus dem operativen Geschäft zurück. Er ist allerdings weiter unternehmerisch tätig und Miteigentümer unter anderem an der Westbahn und an Landzinshaus. sachwerte I hans peter haselsteiner 142 www.fondsprofessionell.at | 2/2020

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