FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2020

Foto: © Marlene Fröhlich | LuxundLumen D ie Erste Bank Österreich will die Kundenstruktur im Private Ban- king ordentlich verjüngen und neue Netzwerke aufbauen. Ein schwieri- ges Unterfangen in einem vergleichsweise kleinen Markt, der als overbanked gilt. Lösen soll diese Aufgabe Beatrice Scho- besberger. Die erfahrene Bankerin wurde beauftragt, die Akquise neu aufzustellen. Sie hat davor bereits in anderen Häusern für hohe Zuwächse im Private Banking gesorgt. Im Gespräch erzählt Schobes- berger, wie sie diesmal vorgeht. Frau Schobesberger, die Neukunden- gewinnung gilt im Private Banking als die schwierigste Aufgabe … Ja, das kann man schon sagen, es ist die Kö- nigsdisziplin im Privatkundengeschäft. Ich bin in dem Bereich schon über 25 Jahre tätig und wurde vor einem Jahr in die Erste Bank zu- rückgeholt, um die Akquise auf- und auszu- bauen und neue Akzente zu setzen. Wir wollen nicht wie bisher das Geschäft, das aus den Fi- lialen zu uns gekommen ist, weiterentwickeln, sondern wirklich aktiv in den Markt gehen. Was machen Sie neu? Österreich ist overbanked. Es gibt wenige sehr Vermögende, und die sind oft schon in Form eines Family Office woanders betreut. Meist ist die Kundenstruktur im Private Banking überaltert. Ganz wichtig ist deswegen eine neue Kundenstruktur. Wir wollen auch jünge- re Leute ansprechen. Das bedeutet, dass nicht immer gleich sehr viel Geld zum Veranlagen vorhanden ist. Da muss man ein gutes Gespür dafür haben, wer in relativ kurzer Zeit das Potenzial hat, in unsere Kundenschicht hin- einzuwachsen. Von welchen Kunden sprechen Sie da? Es gibt sehr viele tüchtige junge Leute, die aufgrund der Industrie 4.0 zu Geld kommen. Meine Söhne sind 27 und 30. Da gibt es zum Beispiel Freunde, die eine Programmierung verkaufen konnten und auf einmal zweistel- lige Millionenbeträge bekommen. Wie gewinnt man junge, risikobereite Leute fürs Private Banking? Die wollen sehr oft wieder in neue Unter- nehmen investieren. Mein Team und ich ver- suchen, sie zu überzeugen, dass ein Teil des erarbeiteten Geldes in einem sicheren Hafen – sprich in einer langfristigen Vermögens- verwaltung – angelegt werden soll. Ich glau- be, da habe ich eine Position, wo mir Men- schen aufgrund meiner langjährigen Erfah- rung vertrauen. Über welche Plattformen kommen Sie zu Jungunternehmern? Das ist sehr verschieden. Zum Beispiel gibt es die Digitalisierungsplattform einer jungen Juristin. Da arbeiten Thinktanks an der Ent- wicklung digitaler Lösungen. Ich habe es mit meinen Kollegen schon öfter geschafft, bei solchen Plattformen zu Präsentationen oder Pitches eingeladen zu werden. Man lernt interessante Leute kennen und kann hoffen, dass jemand dabei ist, der einen lukrativen Exit macht. Das ist nur eine Strategie. Ein anderer Schwerpunkt sind Frauen. Viele Frauen trauen sich nicht, zu investieren, und bleiben lieber beim Sparbuch. Wir laden im Rahmen unseres „Women’s Circle“ zu Veranstaltungen, wo zum Beispiel der professionelle Aufbau eines Portfolios erklärt wird. Suchen Sie neue Berater, die speziell auf die Kundenschichten Frauen oder Jungunternehmer spezialisiert sind? Ja, absolut. Aber es gab schon profunde Experten hier im Haus, aus denen ich mir mein Team zusammenstellen konnte. Ich hab einen Pitch gemacht unter Kollegen aus dem Private Banking und aus anderen Abteilungen, um herauszufinden, bei wem ich diesen Spirit orte, in die neue Strategie hineinzugehen. Man muss wis- sen, was Kundenakquisition bedeutet: nämlich eine hohe Frustrationsschwelle zu haben. Man muss wirklich rennen ums Geschäft. Weil es laufend Absagen gibt? Natürlich. Man kriegt ein freundliches Lächeln, hört aber oft: „Danke, momentan nicht von Interesse, da bin ich schon betreut.“ Was sagen Sie sich dann? „Das kann sich auch ändern. Für heute danke, bleiben wir in Kontakt.“ Oft gibt es in Banken personelle Änderungen oder Strategiewechsel. Die internationalen Banken konzentrieren sich immer mehr auf die ganz großen Portfolios. Der Hauptfokus meines Teams liegt zwischen 500.000 und fünf Millionen Euro. Ich kann da in eine Nische stoßen, wo Kunden in ihrem alten Haus aus strategischen Gründen nicht mehr so willkommen sind. Diese Strategie hat schon gefruchtet. Ich würde Sie ja gern nach Ihren Zahlen und Margen fragen, aber die Erste gibt fürs Private Banking derzeit keine Details bekannt … Bei der Vermögensverwaltung sprechen wir in der Branche von Margen zwischen einem halben und zwei Prozent, abhängig von der „Neuen Kunden bieten wir aktiv » Man muss wissen, was Kundenakquisition bedeutet: nämlich eine hohe Frustrations- schwelle zu haben. Man muss wirklich rennen ums Geschäft. « Beatrice Schobesberger, Erste Bank Private Banking Vor rund einem Jahr wechselte die damalige Chefin des Wealth Managements der Hypo Vorarlberg, Beatrice Schobesberger, als Private-Banking-Leiterin zur Erste Bank . Sie tritt dort in der „Königsdisziplin“ an: in der Akquise. FONDS professionell sprach mit ihr über neue Strategien, Kundenbedürfnisse und Literatur. bank & fonds I beatrice schobesberger | erste bank private banking 258 www.fondsprofessionell.at | 1/2020

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