FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2020

Foto: © Wolfilser | stock.adobe.com D ie disruptiven Kräfte der Digitalisie- rung machen vor keinem Wirtschafts- zweig halt. Was Fin- und Insurtechs für die Banken- und die Versicherungswelt sind, heißt in der Immobilienwirtschaft „Prop- techs“ (von „property“). Mit ihren digitalen Dienstleistungen und Technologien versuchen diese jungen Unternehmen in Bereichen wie Planung, Visualisierung und Controlling Fuß zu fassen oder Apps für Vermieter, Makler und Mieter anzubieten, um an dieser Wert- schöpfung mitzuverdienen. Im Investmentmarkt überschneiden sich Fin- und Proptechs und das Geschäft mit den digitalen Schwarmfinanzierungen (Crowd- funding) läuft gut. In Österreich gibt es mit Dagobertinvest, Home Rocket, Rendity und Reval vier Plattformen, die sich auf Immo- bilienprojekte spezialisiert haben. Die fünfte in Wien gegründete Plattform Immofunding wird seit dem vergangenen Jahr von einem deutschen Unternehmen betrieben. Alle zu- sammen haben seit 2015 für mehr als 260 Projekte rund 113 Millionen Euro Crowdka- pital eingesammelt (ohne touristische Projekte und private Platzierungen). Das ist eine stolze Leistung, wenn man bedenkt, dass das Fun- dingvolumen im zehnmal so großen Deutsch- land per Jahresende für 514 Projekte „nur“ bei 721 Millionen Euro lag. Einfacher Eigenkapitalersatz Die Crowdinvestinganbieter werben mit kurzen Laufzeiten, hohen Renditen, geringen Anlagebeträgen und der unkomplizierten Ab- wicklung über das Internet. Dabei sind die Emittenten durch das liberale Alternativfinan- zierungsgesetz (AltFG) gegenüber anderen Investmentbereichen begünstigt. Sie müssen für Emissionen bis zwei Millionen Euro kei- nen Prospekt und bis fünf Millionen nur einen vereinfachten Prospekt erstellen. Es genügt ein Informationsblatt nach demAltFG. Die geringen Mindestinvestitionsbeträge, die meistens nur bei 250 Euro liegen, machen das Anlagemodell vor allem für Kleinanleger interessant. Die meisten Angebote drehen sich um Bauvorhaben mit Wohnimmobilien in unterschiedlicher Größe. Die Projektentwick- ler borgen sich das Geld in der Regel für zwölf bis 24 Monate aus und versprechen dafür bis zu 7,5 Prozent Zinsen pro Jahr. Das klingt im Nullzinsumfeld himmlisch und ermöglicht den Immobilienfirmen über das Crowdfunding eine einfache Kapitalak- quisition. Viele Angebote sind binnen weniger Tage platziert, wobei die Investoren ihr Geld in Form von Nachrangdarlehen zur Verfügung stellen. „Crowdinvesting erschließt Bauträgern also neue Eigenkapitalströme, wodurch sie die Rahmenbedingungen für die Gesamtfinanzie- rung von Projekten verbessern. Zudem ist die- se Form des Mezzaninkapitals oft günstiger als andere Varianten“, erklärt Home-Rocket- Geschäftsführer Wolfgang Deutschmann. Für den Anleger ist das Investment aber eine Blackbox. Denn anhand der rein digita- len Werbeunterlagen können Interessenten das Investment allenfalls oberflächlich prüfen und nicht hinter die Fassade des Emittenten blicken, und während der Laufzeit gibt es kei- ne gesetzlichen Transparenzvorschriften. Die Berichterstattung über den Projekt- und Invest- mentverlauf obliegt allein dem Emittenten und – ebenfalls auf freiwilliger Basis – den Cowdinvesting-Plattformen. Hohes Risiko für hohe Zinsen Finanzberater sehen insbesondere die Wer- bung für die Schwarmfinanzierungen kritisch, weil sich die Anleger, anders als das die Crowdfundingplattformen suggerieren, nicht an einer Immobilie beteiligen. Die Investoren sind lediglich Geldgeber und haben dabei weder Mitsprache- und Kontrollansprüche noch Eigentumsrechte. Wenn das finanzierte Projekt platzt, stehen die Anleger mit leeren Händen da und an letzter Stelle aller Gläubi- ger. Deshalb verlieren sie im Fall eines Kon- kurses mit hoher Wahrscheinlichkeit ihren ge- samten Einsatz. „Das Totalverlustrisiko kann nie ausgeschlossen werden. Die einzige Mög- lichkeit der Risikobegrenzung liegt wohl in der Auswahl der Projekte“, meint Reval-Ge- schäftsführer Philipp Hain. Tobias Leodolter, Geschäftsführer von Rendity, empfiehlt: „Die Anleger sollten auf eine Diversifikation mit unterschiedlichen Projekten von unterschied- lichen Immobilienentwicklern setzen.“ So lange die Projekte glatt laufen, werden die Risiken ausgeblendet. In Österreich kam es bisher nach den verfügbaren Informationen In Deutschland sind im vorigen Jahr mehrere Immobilien-Crowdinvestments gescheitert. Die Österreicher sind davon unbeeindruckt. Das Geschäft brummt. Rendite mit schmalem Gerüst Mithilfe des Crowdkapitals werden nicht nur große Zinshäuser, sondern fallweise auch Einfamilien- und Doppelhäuser errichtet. Die Anleger sind mit Nachrangdarlehen an den Projekten beteiligt und gehen dabei hohe Risiken ein. 172 www.fondsprofessionell.at | 1/2020 sachwerte I crowdinvestments

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