FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2019

„Als ich 1989 anfing, waren dort vier Rentenfondsmanager tätig, ich war der fünfte“, erzählt Schlumberger. Alle zu- sammen saßen in einem winzigen Zim- mer – und bewegten riesige Summen. Zu dieser Zeit, als es für die zehnjährige Bundesanleihe 9,5 Prozent gab und Anleger dennoch lieber die zweijährige kauften, weil sie an weiter steigende Zin- sen glaubten, war das Volumen der DIT- Rentenfonds zehnmal so groß wie das der Aktienportfolios. „Mit knapp 30 Jah- ren habe ich Milliarden D-Mark gema- nagt“, berichtet Schlumberger. Keine große Belastung Wie ist es, in so jungen Jahren derart viel Geld zu verwalten? War die große Verantwortung nicht belastend? Die Antwort auf diese Frage muss ein bisschen warten. Denn jetzt lockt erst einmal die Trainerbank. Schlumberger nimmt Platz. „Cool“, sagt er. „Das hätte ich auch nicht gedacht, dass ich hier einmal sitzen würde.“ Verantwortung für Milliarden an fremden Geldern? Er überlegt. „Ich glaube, gerade wenn man jung ist, empfindet man das nicht so“, sagt er. „Ob ich mein Privatvermögen manage oder deutlich höhere Summen, macht keinen großen Unter- schied.“ Zudem habe ein Fondsmanager kei- nen direkten Kontakt zumAnleger. Für einen Vermögensverwalter, der dem Kunden direkt in die Augen blickt, sei das etwas anderes. Auch diese Erfahrung hat Schlumberger oft gemacht – nicht immer auf angenehme Art. Bis 1994 bleibt er beim DIT, managt bald auch einen großen europäischen Rentenfonds. In Zeiten, da die Euro-Einführung vorbereitet wird, eine extrem spannende Aufgabe. Doch mit Mitte 30 möchte er auch mal eine Füh- rungsaufgabe übernehmen – und wechselt als Leiter des Wertpapiergeschäfts zur Frankfurter Volksbank. Hier erlebt er, wie die Aktienkurse am Neuen Markt ins Unermessliche steigen. „Casino“, „Bonanza“ nennt er es heute. „Wir hatten auch eine kleine Vermögensver- waltung“, erzählt Schlumberger. Gut erinnert er sich noch daran, wie eines Tages ein promi- nenter Kunde in seinem Büro stand und ihn beschimpfte, er hätte nicht genug am Neuen Markt investiert. Dass gute Vermögensverwal- tung nichts mit Spekulation zu tun hat, konnte er dem Mann nicht klar- machen – der Kunde kündigte. Schlum- berger nahm es sportlich. „So war diese Zeit eben, reine Psychologie.“ Ein Verständnis dafür, wie die Psycho- logie an der Börse funktioniert, ist für ihn eine wichtige Voraussetzung für gutes Fondsmanagement. Welche Eigen- schaften braucht ein Portfoliomanager sonst noch, um erfolgreich zu sein? Zu- rückgekehrt auf die Haupttribüne, schaut Schlumberger noch einmal versonnen über den Rasen. „Eigentlich keine be- sonderen“, sagt er. Ein gutes Verständnis für volkswirtschaftliche Zusammenhän- ge sei das wesentliche Handwerkzeug. Auf der Suche nach Rendite So kommt Schlumberger selbst auch über die Makro-Ebene, wenn er Papiere für seine Fonds auswählt. Zunächst entschei- det er, ob er Aktien, Renten oder Rohstoffe kaufen möchte. „Dann überlege ich, welche Regionen und Sektoren vielversprechend sind.“ Erst danach filtert er über die Daten- bank Einzeltitel, die er analysiert. Ölunterneh- men findet er im Moment interessant. „Die Aktien sind gerade nicht sehr populär und da- her günstig bewertet“, erklärt er. Nach solchen Titeln sucht er, schließlich bietet ein Bewer- tungs- oder Value-Ansatz seiner Erfahrung nach langfristig die besten Renditechancen. „In Zyklen kommen bestimmte Regionen oder Branchen, die nicht beliebt waren, immer wieder“, ist er überzeugt. Diese zu erkennen könne nur aus der „Sicht von oben“ gelingen. „Von unten zu kommen, sich lediglich einzel- Auf der Tribüne Platz genommen: Eigentlich ist Manfred Schlum- berger Bayern-Fan. Er hätte auch gern mal in München gearbeitet. Foto: © Christoph Hemmerich Blick über das Stadion: Auch beim Fondsmanagement ist für Schlumberger die Sicht von oben wichtig. Vielleicht lässt sich ein Souvenir finden: Ohne eine Stippvisite im Fan-Shop fährt Manfred Schlumberger nicht wieder ab. Viel Zeit für private Unternehmungen hat er in seiner neuen Position schließlich nicht. 96 www.fondsprofessionell.at | 2/2019 porträt I manfred schlumberger I starcapital

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