FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2019

den Erbfall sozusagen simulieren, indem man jedes Jahr ein 33stel einer hypothetischen Erb- schaftsteuer der Einkommensteuer zuschlägt. Das wäre insgesamt fairer. Was wir heute ha- ben, ist eine einseitige Belastung des Faktors Arbeit und daher ein Problem. Die Forderung nach mehr Beteiligung am Produktivvermögen wird aber doch schon seit Jahren erhoben. Genutzt hat es bisher nicht viel. Weil wir nicht wirklich etwas unternommen haben in diese Richtung. Schauen Sie sich doch nur die Diskussion um die Riester-Rente an. Da wird zwar eine höhere Beteiligung am Produktivvermögen gefordert, heraus kom- men aber am Ende lediglich Anreize seitens der Politik, in Geldwerten und vor allem Staatsanleihen zu sparen, um die Finanzierung des Staatshaushalts zu sichern. Stattdessen müsste ein unabhängig gemanagtes und glo- bal diversifiziertes Vermögensvehikel her, auf das der Staat keinen Zugriff hat. Ich möchte nicht, dass der Finanzminister unsere Vorsor- gegelder verwaltet. Sonst wäre meine Sorge, dass es für Politiker zu verlockend wäre, sich entsprechende Posten zu sichern oder dass Er- träge am Ende doch wieder zur Finanzierung von anderen staatlichen Aufgaben umgelenkt würden. In ein solches Instrument könnte dann jeder über mit gewissen Garantien ver- sehene Riester-Pläne einzahlen, um auf Sicht ein renditeträchtiges Investment für die ge- samte Gesellschaft zu schaffen. So könnte in den nächsten Jahrzehnten etwas aufgebaut werden, womit sich die steigenden Kosten ei- ner alternden Bevölkerung leichter schultern ließen. Was können freie Finanzdienstleister, Vermögensverwalter und Bankberater heute tun, um notwendige Prozesse anzustoßen und zu unterstützen? Aufklären, aufklären und nochmal aufklären! Wir müssen generell das Verständnis für wirt- schaftliche Zusammenhänge in Deutschland unbedingt verbessern. Aber während in ande- ren Ländern in dieser Beziehung bereits heute ein sehr viel breiteres Verständnis herrscht, gilt es bei uns immer noch bis in die gebildetsten Schichten hinein als gewissermaßen schick, von Wirtschaft keine Ahnung zu haben. Da- mit lässt man der Politik freie Hand, nach dem Motto zu agieren „Wir meinen es doch nur gut“. Es gut zu meinen ist aber, wie jeder weiß, das Gegenteil von gut gemacht. Im Grunde doktert die Politik nur herum, und am Ende kommen faule Kompromisse heraus. Bestes Beispiel ist der Kohlekompromiss. Zwischen 40 bis 80 Milliarden Euro soll der Ausstieg aus der Kohle kosten. Abgesehen da- von, dass man trefflich darüber diskutieren kann, ob es überhaupt etwas bringt, wenn wir den CO 2 -Ausstoß senken und dafür die Emis- sionszertifikate billiger werden, aber woanders der Ausstoß zunimmt: Eine sehr viel einfache- re, vor allem preiswertere Lösung wäre es ge- wesen, jedemArbeitnehmer in der Kohleför- derung eine Million Euro zu dessen Absiche- rung auf sein Konto zu überweisen. Das hätte den Staat lediglich 20 Milliarden Euro geko- stet. Da frage ich mich, warum wir 60 Milli- arden Euro mehr ausgeben sollen. Ein schö- nes Beispiel dafür, wie aus politischen Grün- den ökonomisch unsinnige Dinge gemacht werden und die Bevölkerung für dumm ver- kauft wird, nur weil ihr die Transparenz für die Zusammenhänge fehlt. Diese fehlende Transparenz prangern Sie auch im Zusammenhang mit der von der Politik links wie rechts propagierten „schwarzen Null“ an. Warum? Ich bin tatsächlich kein Freund der schwarzen Null, aus mehreren Gründen. Erstens steht da- hinter keine eigene Leistung, denn die Zins- ersparnis ist aufgrund der Niedrigzinspolitik höher als die Schuldentilgung der letzten Jah- re. Zweitens ist damit ein fatales Sparen am falschen Ende verbunden. Gespart wird näm- lich an der Zukunft, an Investitionen in Infra- struktur, Bildung und Innovation. Bei der Di- gitalisierung sind wir sogar auf Platz 28 von 32 Ländern in Europa. Und drittens ist die schwarze Null eine große Lüge. Denn müsste der Staat sich finanzieren wie ein Unterneh- men, würden die Schulden sofort explodieren. Am Ende kommt zu einer Politik des totalen Desasters hinzu, dass die schwarze Null zu ei- nem noch größeren Handelsüberschuss bei- trägt. Wenn aber Private, Unternehmen und Staat sparen, müssen andere Schulden ma- chen, um diesen Überschuss zu finanzieren, und das ist das Ausland. Wir werden damit zu Gläubigern. Nur ist es aus meiner Sicht selten dämlich, Gläubiger in einer immer stärker verschuldeten Welt zu sein. Vielen Dank für das Gespräch. HANS HEUSER | FP » Es ist aus meiner Sicht selten dämlich, Gläubiger in einer immer stärker verschuldeten Welt zu sein. « Daniel Stelter, Beyond The Obvious Daniel Stelter: „Während in anderen Ländern ein sehr viel breiteres Verständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge herrscht, gilt es bei uns immer noch als gewissermaßen schick, von Wirtschaft keine Ahnung zu haben.“ 93 www.fondsprofessionell.at | 2/2019

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=