FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2019

Vaamo. Im Februar stellten die Berliner das Produkt „N26 Invest“, das einen ETF-Spar- plan beinhaltete und nur in Deutschland ver- fügbar war, ein. Als Grund vermuten Bran- cheninsider die mangelnde Akzeptanz bei der Kundschaft. Verbraucherschützer hatten zuvor die hohen Gebühren des Sparplans kritisiert, insbesondere bei niedrigen Anlagesummen. Die Priorität der Gründer liegt ohnehin nicht darauf, schon schnell profitabel zu werden. Zunächst stecken sie das eingeworbene Geld in die Internationalisierung und die Gewin- nung neuer Kunden. Und hoffentlich jetzt auch in den Kundenservice. Viel Vertrauen verloren Trotz aller Beschwichtigungen: Die Pannen der vergangenen Monate haben dafür gesorgt, dass bei den jungen und technikaffinen Kun- den von N26 viel Vertrauen verloren ging. Das eröffnet den traditionellen Banken eine Chance – selbst wenn dort auch nicht immer alles glattgeht. „Denn das ist bei allen Skan- dalen und Schwierigkeiten noch ein echtes Pfund, mit dem die Banken wuchern können: das Vertrauen, das ihnen bestehende Kunden entgegenbringen“, sagt Vermögensverwalter Zimmer. Nicht ohne Grund kam jüngst die Idee einer bundesweiten Direktbank der Spar- kassen wieder auf. MARCUS HIPPLER | FP Foto: © Frankfurt University of Applied Sciences Christian Rieck, Frankfurt University of Applied Sciences „Nur eine hauchdünne Schicht Show“ Christian Rieck, Professor für Finance und Wirtschaftstheorie an der Frankfurt University of Applied Sciences, über den Erfolg der Smartphone-Bank N26 und die Frage, was traditionelle Geldhäuser von dem Start-up lernen können. C hristian Rieck, Jahrgang 1963, lehrt an der Frankfurt University of Applied Sciences. Der Wissenschaftler tritt zu- dem als launiger Redner auf, unter anderem zur Frage, wie der Megatrend rund um Digi- talisierung, künstliche Intelligenz und Robotik die Finanzbranche umkrempeln wird. Herr Rieck, das Unternehmen N26 spricht davon, täglich fast 10.000 neue Kunden zu gewinnen. Warum begeis- tern sich so viele Menschen für die Smartphone-Bank? Christian Rieck: Da die sozialen Medien so schnell sind, verbreiten sich auch die Themen sehr schnell. Sie verschwinden aber auch ebenso flott wieder. Ob die neue Lust an der Bank so schnell wieder verschwindet wie ein Abziehbildchen, wird sich erst noch zeigen. N26 ist aber ein deutliches Zeichen dafür, dass sich auch Bankgeschäfte modisch auf- peppen lassen. Das haben die klassischen Banken unterschätzt beziehungsweise dabei in die falschen Richtungen gedacht. Dass man nur ein hippes Frontend braucht, damit haben die wenigsten gerechnet, meine Person eingeschlossen. Kapitalgeber bewerten das Unterneh- men mit über zwei Milliarden Euro, obwohl es noch keine Gewinne erzielt hat. Rechtfertigt das skalierbare Ge- schäftsmodell Ihrer Meinung nach die hohe Bewertung? Skalierbarkeit allein reicht nicht aus. Wichtig ist, dass man den anderen Anbietern den Weg abschneidet, einfach das Gleiche nachzuma- chen, denn bei der Konkurrenz würde es ja genauso skalieren. Der Markt scheint zu ver- muten, dass die traditionellen Banken durch N26 vom Kunden abgeschnitten werden und zu reinen, austauschbaren Backoffice-Einrich- tungen verkommen. Zugleich dürfen aber auch keine anderen Frontend-Anbieter ent- stehen. Diesen zweiten Teil sehe ich im Moment nicht. Der Erfolg von N26 steht und fällt mit der Frage, ob das Unternehmen einen Netzwerkeffekt schaffen kann, den andere dann nicht mehr knacken können. Was müssen traditionelle Banken tun, um ihre Kunden zu halten und neue Kunden zu gewinnen? Die traditionellen Banken müssen branchen- weite Kooperationen eingehen. Das Zah- lungsverkehrssystem und die Kreditkarten- Schemes sind in der Vergangenheit ein wenig aus Zufall entstanden, haben dann aber über den Netzwerkeffekt ein Bollwerk errichtet, durch das kein Branchenfremder an den Banken vorbei eindringen konnte. So etwas brauchen die Institute auch für die neuen Bereiche. Außerdem sollten die Kreditinsti- tute versuchen, ein hippes Frontend zu schaf- fen. Die Banken erscheinen unglaublich alt- backen. N26 zeigt, dass man darüber nur eine hauchdünne Schicht Show legen muss, um beim Kunden gut anzukommen. Was empfehlen Sie Mitarbeitern, die derzeit noch im Kontoservice einer Bank oder Sparkasse tätig sind? Bisher waren mausgrau und Fehlerfreiheit der Schlüssel zum Erfolg. In Zukunft wird man mehr bunte Vögel brauchen, die gut mit ihren Roboter-Kollegen zusammenarbeiten können. Die Branche braucht sich aber nichts vorzu- machen: Die Banken werden zukünftig sehr viel weniger Mitarbeiter in den klassischen Bereichen benötigen. MARCUS HIPPLER | FP Christian Rieck: „Die Banken werden zukünftig viel weniger Mitarbeiter in den klassischen Bereichen benötigen.“ 224 www.fondsprofessionell.at | 2/2019 bank & fonds I n26

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