FONDS professionell Österreich, Ausgabe 1/2019

I n Österreich steht bei Unternehmensfinan- zierungen zwar nach wie vor der „klassi- sche“ Bankkredit im Vordergrund, in den letzten Jahren hat sich der Finanzierungsmarkt dennoch stark verändert. Banken sind heute bei der Kreditvergabe an strengere aufsichts- rechtliche Vorgaben gebunden, die nach der Finanzkrise 2008 Schritt für Schritt eingeführt wurden. Das hat die Flexibilität der Banken in gewissen Bereichen deutlich eingeschränkt und dazu geführt, dass viele Unternehmen von Banken heute keine Kredite mehr er- halten oder ihnen unattraktive Konditionen angeboten werden. Das gilt insbesondere für Start-ups und KMU auf der Suche nach frischem Kapital für ihre Unternehmensent- wicklung. Vor diesem Hintergrund sind in den letzten Jahren Formen des „Alternative Financing“ wie Crowdfunding immer mehr in den Fokus dieser Unternehmen gerückt. Denn der Kapi- talmarkt – der gedanklich oft nur mit aufwen- digen Kapitalmarktprospekten und hohen Transaktionskosten verbunden wird – bietet auch KMU einfache und kostengünstige Möglichkeiten, frisches Kapital aufzunehmen. Die Zahl und das Volumen alternativer Finan- zierungen haben sich in den letzten Jahren vervielfacht. Im Jahr 2019 wird das Trans- aktionsvolumen in Österreich laut Prognosen bei 48 Millionen Euro liegen, bis 2022 soll es auf 79 Millionen Euro steigen. Grund für diesen Anstieg sind auch aktive Maßnahmen des Gesetzgebers, um rechtliche Rahmenbedingungen für diese Art der Kapi- talmarktfinanzierungen zu schaffen. Schon 2015 wurde mit der Einführung des Alterna- tivfinanzierungsgesetzes (AltFG), das manch- mal (etwas irreführend) als „Crowdfunding- Gesetz“ bezeichnet wird, ein großer Schritt gesetzt, um den Kapitalmarkt auch für KMU zu öffnen. Die Sache hatte aber einen Haken: Die Abgrenzung zwischen dem AltFG und dem Kapitalmarktgesetz (KMG) war unklar und strittig. Das hat für Emittenten zu erheb- lichen Rechtsrisiken geführt, weil Verstöße gegen das KMG sogar mit gerichtlichen Strafen geahndet werden können. Darauf hat der österreichische Gesetzgeber reagiert und im Vorfeld der EU-Prospektver- ordnung, die ab 21. 7. 2019 europaweit gilt, das Prospektrecht und das Zusammenspiel von AltFG und KMG seit Juli 2018 deutlich vereinfacht. Die bis dato in der Praxis hoch- komplexe Abgrenzung zwischen „Veran- lagungen gemäß KMG“, „Wertpapieren gemäß KMG“ und „alternativen Finanz- instrumenten gemäß AltFG“ wurde ebenso abgeschafft wie Einschränkungen des AltFG in Bezug auf Emittenten und die Mittelverwendung aus der Finanzierung. Komplexe Abgrenzungsfragen gehören damit der Vergangenheit an. Im Ergebnis unterscheiden sich die Anwendungsbereiche des KMG und des AltFG seit 2018 nur noch durch ihre jewei- ligen Wertgrenzen. Vereinfacht gesagt gel- ten heute folgende Schwellenwerte: • Unter dem Schwellenwert von 250.000 Euro pro Jahr besteht für Emissionen von Wertpapieren und Veranlagungen keine Prospektpflicht. • Öffentliche Angebote von Wertpapieren oder Veranlagungen mit einem Gesamtgegenwert von jeweils bis zu zwei Millionen Euro pro Jahr unterliegen demAltFG. • Ab einem Schwellenwert von zwei Millio- nen Euro pro Jahr unterliegen Angebote von Wertpapieren oder Veranlagungen dem KMG. Mit diesem Schwellenwertmodell besteht wesentlich mehr Klarheit und Rechtssicher- heit für Emittenten. Ein weiterer Aspekt, der das Interesse von KMU an alternativen Finan- zierungen steigert, ist, dass die Finanzierungen über Crowdfunding-Plattformen öffentlich- keitswirksam beworben werden. Neben dem Marketingeffekt verstärken projektbezogene Finanzierungen auch die Kundenbindung. Aus Sicht der Anleger sind Investments in diese Art der Finanzierungen vor allem aufgrund der – jedenfalls im Vergleich zu klassischen Veranlagungsformen wie Sparbüchern oder Anleihen – oft deutlich höheren Zinsen attraktiv. Haftungsrisiken Für Vermögensberater ist die nunmehr klare Abgrenzung zwischen AltFG und KMG ebenfalls eine große Erleichterung, weil sie stets Bescheid wissen sollten, wann ein Pro- spekt nach dem KMG oder ein Informations- blatt nach demAltFG erforderlich ist. Andern- Alternative Finanzierungsformen boomen. Vermögensberater unterliegen jedoch umfassenden Aufklärungspflichten, wenn sie solche Veranlagungen vermitteln. Vorsicht: Haftungsrisiko Jahr für Jahr steigt das Volumen alternativer Finanzierungsformen in Österreich. Wie aktuelle Gerichtsentscheidungen zeigen, unterliegen Vermögensberater hier aber besonders umfassenden Aufklärungspflichten. 252 www.fondsprofessionell.at | 1/2019 steuer & recht I alternative finanzierungsformen Foto: © Mathias Rosenthal | stock.adobe.com;

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