FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2018

D as Szenario ist immer ähnlich: Jemand beantragt einen Mobilfunkvertrag – und scheitert unerwartet; Autoleasing, und Immobilienkredit werden nicht geneh- migt, obwohl der Job sicher und das Einkom- men gut ist. Wem das passiert, der hat mög- licherweise einen negativen Eintrag in einer Bonitätsdatenbank. Dort kontrollieren Verkäu- fer vorab, wie gewissenhaft der Kunde seine Rechnungen bezahlt. Banken haben vor der Kreditvergabe sogar eine Prüfpflicht. Das Pro- blem ist nur: Bonitätsauskunfteien speichern oft mangelhafte Daten oder Bagatelleinträge, und manche horten Vermerke scheinbar ewig. Der Verein Arge Daten schätzt, dass 30 Pro- zent der Bonitätseinträge in Österreich unrechtmäßig sind. Über diesen Zustand sind nicht zuletzt die Kreditvermittler verärgert. Ihnen entgeht nämlich unnötigerweise ein Deal, wenn Banken einen Kredit wegen eines ungerechtfertigten Eintrags ablehnen. Topbonität – kein Kredit Peter Hrubec, Prokurist beim Kreditmakler Infina, berichtet von einem Kunden, dem jüngst bei der Beantragung eines Immobilien- kredits ein Bonitätsvermerk von 40 Euro aus dem Jahr 2007 zum Verhängnis wurde. Flo- rian Rosenstatter, Mitgründer von Schlau- finanziert, muss bei solchen Problemen eben- falls immer wieder unterstützend eingreifen. Und Wolfgang Maurer, Geschäftsführer des Konkurrenten Creditnet, hat Kunden sogar aktiv zu Klagen motiviert: Einem Klienten mit Topbonität wurde überraschend der Im- mobilienkredit verwehrt. Grund war ein Ein- trag von 125 Euro aus dem Jahr 1999. Maurer begleitete diesen und einen ähnlichen Fall als Zeuge vor Gericht. Beide Male – 2017 und 2018 – sei dieselbe Bonitätsauskunftei dafür zu Schadenersatz verurteilt worden. Was alle Kreditmakler stört: Bonitätsaus- künfte sind auch für sie unverzichtbar, doch ausgerechnet bei diesem wichtigen Instrument fehlen wesentliche gesetzliche Vorgaben. Be- sonders trifft das auf die diversen „Warenkre- ditlisten“ zu. Im Unterschied etwa zu der vom KSV1870 geführten „Kleinkreditevidenz“, wo nur Banken ihre „Erfahrungen“ speichern, können in solche Warenkreditlisten alle Lie- feranten jene Kunden eintragen, mit deren Zahlungsmoral sie nicht zufrieden sind. Nach welchen Regeln das geschieht, ist undurch- sichtig. Denn das Gesetz bestimmt weder einen Mindestbetrag für die Einmeldung noch ein genaues Löschszenario. Wer seine Ver- sandhausrechnungen kürzlich nicht bezahlt hat, steht vermutlich nach allgemeiner Auffas- sung zu Recht auf so einer Liste. Es reicht da- für jedoch auch, dass man vor Jahren ein Abo zu spät bezahlt hat, das sich unwissentlich verlängert hatte. Oder man glaubt, man hat ei- ne Ware rechtmäßig zurückgeschickt, aber der Händler ist anderer Meinung. Gut gehütete Geheimnisse Die von FONDS professionell befragten Datenanbieter argumentieren, dass auch klei- nere Einträge als frühe Vorboten aussagekräf- tig sind. Beim renommierten Gläubigerschutz- verband KSV1870 dürfen zum Beispiel im Warenkreditbereich Beträge ab rund 30 bis 40 Euro gemeldet werden, eine Mahnung sei jedenfalls nach drei Jahren wieder gelöscht. Nicht alle Dienste geben aber so klar Aus- kunft. Der große Wirtschaftsdienst Crif verrät seine Meldeschwellen zum Beispiel nicht – „eine Forderung von 15 Euro“ werde aber nicht berücksichtigt. Gut gehütet ist allerorten auch die Speicherdauer. Anbieter Bisnode in- formiert auf der Homepage vage, dass man sich an „branchenüblichen“ Löschfristen ori- entiere. Mitbewerber Crif teilt sinngemäß mit: Je älter und kleiner eine Forderung, desto eher wird sie gelöscht. Die mathematische Logik dahinter sei aber „Geschäftsgeheimnis“. Sol- che Statements machen nachvollziehbar, was Betroffene aufregt: Selbst bei gezielter Nach- frage ist es hierzulande unmöglich, einen rea- litätsnahen Überblick über die Datenverwen- dung zu erhalten. Bei Crif gelte jedenfalls die „Faustregel“ ge- mäß Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) Fragwürdige Bonitätseinträge ihrer Kunden vermiesen Kreditmaklern immer wieder das Geschäft. Die seit Mai gültige DSGVO zeigt hier kaum ihre Wirkung. Auf der schwarzen Liste Die Arge Daten schätzt, dass 30 Prozent aller Bonitätseinträge in Österreich nicht gerechtfertigt sind – denn dafür, was erlaubt ist, gibt es nur wenige Regeln. Die Gerichte dürften nun entscheiden. Wirtschaftsauskunftsdienste Crif (ehemals Deltavista) www.crif.at KSV1870 u. KSV1870 Inform. GmbH www.ksv.at Bisnode www.bisnode.at Alpenländischer Kreditorenverband www.akv.at Creditreform www.creditreform.at FirmenABC Marketing www.firmenabc.at Moneyhouse www.moneyhouse.ch Quelle: Auszug aus Angaben von Arge Daten Foto: © vchalup | stock.adobe.com, Petra Spiola 238 www.fondsprofessionell.at | 3/2018 bank & fonds I bonitätsauskunft

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