FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2017

D er europäische Gesetzgeber hat sich mit seiner Richtlinie 2004/39/EG über Märkte für Finanzinstrumente, besser bekannt als Mifid II, zum Ziel gesetzt, den Anlegerschutz in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union weiter zu verbessern. Dazu gehört auch die Vorgabe, dass Anlage- berater zukünftig jene Kenntnisse und Kom- petenzen, die für das Erbringen von Wertpa- pierdienstleistungen erforderlich sind, nach- zuweisen haben. Das Vorschreiben einer ent- sprechenden fachlichen Kompetenz der han- delnden Personen ist nicht wirklich neu. Ge- schäftsleiter von Kreditinstituten werden schon seit mehreren Jahren von der Finanz- marktaufsichtsbehörde FMA im Rahmen des sogenannten Fit-&-Proper-Tests auf ihre fach- liche und persönliche Eignung geprüft. Eine solche Prüfung vor der FMA bleibt den An- lageberatern zumindest vorerst noch erspart. Kompetenznachweis Mit dem nun erforderlichen Nachweis rea- giert der Gesetzgeber auch auf die ständige Kritik vieler Experten, die eine Ursache der extremen Zunahme von Anlegerverfahren vor den Zivilgerichten auch darin gesehen haben, dass für die Berechtigung zur Vermögens- beratung lange Zeit nur ein dürftiger Kom- petenznachweis gefordert wurde. Der erste Schritt zum erfolgreichen Nach- weis der eigenen Kompetenzen und Kennt- nisse beginnt damit, jene Vorschriften zu ken- nen, die dieser Neuerung zugrunde liegen. Die Kernbestimmung findet sich in § 55 Wertpa- pieraufsichtsgesetz (WAG) 2018. Rechtsträger haben demnach dafür zu sorgen und der FMA nachzuweisen, dass jene natürlichen Personen, die gegenüber Kunden Informationen über Anlageprodukte zur Verfügung stellen bezie- hungsweise diese dazu beraten, über jene Kenntnisse und Kompetenzen verfügen, um den Kunden bestmöglich im Sinne des WAG beraten zu können. Daraus geht bereits hervor, dass sich die gesetzliche Bestimmung nicht an den einzelnen (natürlichen) Berater, son- dern an den jeweiligen Rechtsträger, für den der Berater auftritt, richtet. Welche Rechtsträ- ger damit gemeint sind, legt auch das WAG 2018 fest. Dazu zählen neben Kreditinstituten, Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleis- tungsunternehmen auch Kapitalanlagegesell- schaften und Alternative Investmentfonds Ma- nager, die individuelle Portfolioverwaltung und Anlageberatung erbringen. Diese Rechts- träger haben zukünftig die Pflicht, die erfor- derliche fachliche Qualität ihrer Anlageberater sicherzustellen. ESMA-Leitlinie Die Kriterien, anhand derer die Rechtsträ- ger und die FMA beurteilen sollen, ob die not- wendigen Kenntnisse und Kompetenzen vor- liegen, sind der von der europäischen Auf- sichtsbehörde ESMA bereits Anfang 2016 er- lassenen „Leitlinie für die Beurteilung von Kenntnissen und Kompetenzen“ zu entneh- men. Mit diesem vorgegebenen Kriterienka- talog erhofft sich die ESMA nicht nur einen besserenAnlegerschutz, sondern auch ein stär- keres Angleichen der Kenntnisse und Kompe- tenzen der Berater auf ein bestimmtes Niveau. Die Leitlinie wird gleichzeitig mit demWAG 2018 Anfang Jänner 2018 in Kraft treten. FMA-Rundschreiben Aber auch das österreichische Pendant zur ESMA, die FMA, war nicht untätig. Basie- rend auf dem eingangs erwähnten § 55 WAG 2018 hat die FMA am 21. August 2017 ein Rundschreiben zu den Kompetenzkriterien veröffentlicht. Dieses Rundschreiben baut auf der eben genannten ESMA-Leitlinie auf und übernimmt den darin definierten Kriterienka- talog. Aus dem Rundschreiben der FMA er- gibt sich, dass Berater, die Informationen über Anlageprodukte, Wertpapierdienstleistungen oder Nebendienstleistungen erteilen, zukünftig jedenfalls über folgende Kenntnisse und Kompetenzen verfügen müssen: 1. ZumAnlageprodukt: Die Berater müs- sen die wesentlichen Merkmale, Risiken und Funktionen der angebotenen Anlageprodukte kennen. Dazu zählen auch die allgemeinen steuerlichen Auswirkungen und die Summe aller Kosten und Gebühren, die dem Kunden im Zusammenhang mit den Geschäften ent- stehen können. Je komplexer dabei ein Pro- dukt ist, desto höher ist der Sorgfaltsmaßstab, den der Berater bei Beratungsleistungen über das Produkt an den Tag zu legen hat. Das bedeutet wohl auch, dass bei komplexen Produkten ein höherer Schulungsaufwand gefordert sein wird. Ab dem kommenden Jahr wird das Theme Fortbildung deutlich an Bedeutung gewinnen. Wertpapierberater müssen neben einer einschlägigen Ausbildung und Berufserfahrung auch eine kontinuierliche Weiterbildung vorweisen können. 226 www.fondsprofessionell.at | 4/2017 steuer & recht I wag 2018 Foto: © Fotolia | Zerbor Wissenstest für Anlageberater Mit Inkrafttreten des WAG 2018 ab 3. Jänner 2018 müssen Wertpapier- berater ein breiteres Wissen über Finanzmärkte und Produkte vorweisen.

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