FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2017

222 www.fondsprofessionell.at | 4/2017 bank & fonds I drittfondsver trieb Foto: © Volksbank Niederösterreich AG, Josef M. Fallnhauser, gbv Consulting D ie Volks- und Raiffeisenbanken spielen in Österreich als finanzielle Nahversor- ger eine besondere volkswirtschaftliche Rolle. Vor allem im ländlichen Raum domi- nieren sie das Angebot, Raiffeisen mit fast 1.500 Bankstellen, über weiteren 400 prangt das „V“. Diese Filialen wickeln mit wenig Personal unterschiedliche Bankdienstleistun- gen ab, wozu auch die Beratung zum Thema Investmentfonds zählt. Im Vorfeld des Inkraft- tretens der EU-Finanzvertriebsrichtlinie Mifid II drängte sich die Frage auf, wie die Genos- senschaftsbanken in Zukunft den Fondsver- trieb und hier vor allem den Fremdfondsver- trieb organisieren werden. Lange Zeit erhielt man aus dem Sektor dazu keine Informatio- nen, nun zeichnet sich aber langsam ab, wie die Volks- und Raiffeisenbanken mit der Pro- blematik umgehen werden. Und soweit dies bisher einschätzbar ist, dürften sie für Dritt- fondsanbieter ausfallen. Die Wertpapierberater – auch zwar auch jene in den Private-Ban- king-Einheiten – werden in Zukunft mit einer stark eingeschränkten Auswahl an Fremd- produkten auskommen müssen. Das Konzept der offenen Fondsarchitektur, das heimischen Anlegern den Zugang zum gesamten Angebot der Finanzindustrie eröffnen sollte, wird damit ein weiteres Mal beschnitten. Die dabei üblichen Optionen heißen „Masterliste“ oder „Preferred Partner“, wobei es hier wiederum Abstufungen geben kann (siehe Kasten unten). Volksbank mit Masterliste Je geringer die Produktauswahl im Fonds- bereich, umso weniger kann schiefgehen, allerdings sind auch die Möglichkeiten und Potenziale im selben Maß verringert. Die Volksbank Wien, die seit geraumer Zeit als Spitzeninstitut des Volksbankenverbundes gilt, gewichtet hier Risikosenkung und Abwick- lungssicherheit vor Produktvielfalt und erklärt: „Ab dem Inkrafttreten von Mifid II gibt es eine verbundeinheitliche Masterliste, auf der zehn Drittfonds, die regelmäßig überprüft werden, gelistet sind und je nach Marktsitua- tion ausgetauscht werden.“ Welche Fonds oder Anbieter in dieser Liste enthalten sind, behält das Institut für sich. „Wir behalten uns vor, diese je nach Marktsituation zu ändern, daher haben nur unsere Berater im Rahmen einer ausführlichen Wertpapierberatung Zugriff auf die dann gültige Liste.“ Etwas weniger rigoros geht der Raiffeisen- sektor vor, wobei hier keine sektorweit ein- heitliche Vorgangsweise beschlossen wurde. Aktuell kann man beide Varianten – also Pre- ferred Partner und Masterliste – antreffen. Während es in der Vergangenheit eine um- fangreiche, damals noch von der RZB erstell- te Liste gab, hat die Raiffeisen Bank Interna- tional dieses Thema nun an den hauseigenen Asset Manager ausgelagert. Bei Raiffeisen Capital Management (RCM) wird bereits seit Mitte 2015 eine eigene Einzelfondsliste für das Private Banking der Raiffeisenlandesbank Lange blieb das Thema Drittfondsvertrieb im Genossenschaftssektor ungeklärt. Kurz vor Einführung von Mifid II offenbaren sich nun die Strategien der Institute. „V“ wie Vremdfonds Der Raiffeisen- und Volksbankensektor wird die Fremdfondsauswahl in Zukunft mittels sehr überschaubarer Master- listen steuern. Der Volksbankenverbund will gar mit einer Auswahl von lediglich zehn Drittfonds auskommen. Zwei Konzepte im Umgang mit Drittfondsanbietern Der schrittweise Abschied von der „offenen Architektur“ findet in Österreich seit Jahren statt. Von der Fondsbegeis- terung, die nach der Jahrtausendwende zu spüren war, ist wenig übrig. Regulatorische Auflagen, die Finanzmarktkrise, aber auch das vergleichsweise geringe Interesse vieler Anleger zwang die heimischen Banken und den unabhän- gigen Vertrieb, ihr Fondsangebot zu verringern, um den ad- ministrativen Aufwand, die Kosten und vor allem die Haf- tungsrisiken zu minimieren. Heute finden sich bei den Großbanken zwei Konzepte im Umgang mit Drittfondsan- bietern. Zum einen das Modell der Preferred Partner: Hier werden den Beratern ausschließlich die Produkte einer klei- nen Anzahl an ausgewählten Fondsanbietern zur Verfügung gestellt. Die Bank Austria verfolgt dieses Modell bereits seit einigen Jahren und hat zurzeit zwölf Fremdfondsanbieter in der Auswahl (siehe Tabelle auf Seite 223). Jüngster Neu- zugang auf dieser Liste ist Amundi Asset Management. Amundi hat bei der Übernahme der Fondsgesellschaft Pio- neer einen Vertriebsvertrag mit deren Vorbesitzerin UniCredit geschlossen, der zehn Jahre lang läuft. Die Vereinbarung gilt nicht nur für Italien, sondern auch für Deutschland, Österreich und Tschechien. Der immaterielle Vermögens- wert dieser Verträge summiert sich in der Amundi-Bilanz übrigens auf 546 Millionen Euro. Andere Institute lösen das Fremdfondsthema mithilfe von Masterlisten. Das sind von hauseigenen Experten geprüfte Einzelfonds, deren Produkt- qualität eine Aufnahme in die Auswahl sinnvoll erscheinen lässt. Welche Gesellschaft hinter dem Produkt steht, wird meist nicht als wesentliches Kriterium betrachtet, wobei es natürlich durchwegs renommierte Anbieter sind. Diese Her- angehensweise zeigt sich zum Beispiel bei der Erste Bank. Deren Wertpapierberater in den Filialen sowie ihre Private Banker können sich in der Beratung auf eine umfangreiche Masterliste stützen und sicher sein, dass keine potenziellen Problemfälle darin enthalten sind. Aktuell finden sich in dieser Liste Fonds von 34 Gesellschaften wieder.

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=