FONDS professionell Österreich, Ausgabe 4/2017

S onderlich beunruhigt sind Österreichs Fondspolizzenanbieter angesichts der bevorstehenden Umsetzung der Versi- cherungsvertriebsrichtline IDD nicht. In einer von FONDS professionell durchgeführten Umfrage unter den zwölf größten österreichi- schen Lebensversicherungen gab nur eine an, deutliche Auswirkungen auf das Fondspoliz- zengeschäft zu erwarten. Die scheinbare Gelassenheit der übrigen Gesellschaften könn- te allerdings auch darin begründet sein, dass sich das EU-Parlament Ende Oktober dafür ausgesprochen hat, den Start der Versiche- rungsvertriebsrichtlinie zeitlich zu verschie- ben. Allzu viel Aufregung bezüglich IDD kann es aber allein schon deshalb nicht geben, weil der heimische Gesetzgeber die konkrete Umsetzung der EU-Vorgabe in heimisches Recht bisher schuldig geblieben ist. Ein ent- sprechender Entwurf wird erst für Ende des Jahres erwartet (siehe auch Artikel ab Seite 230). Wenn sich die Versicherer über etwas aufregen, dann ist es am ehesten die Tatsache, dass man von ihnen verlangt, sich auf neue Vorgaben einzustellen, ohne diese Vorgaben konkret zu formulieren. Bisher sind die Ge- sellschaften darauf angewiesen, aus wenigen Anhaltspunkten zu schließen, wie die natio- nale Ausgestaltung der EU-Regeln aussehen könnten. Fest steht bisher nur, dass hier weitere Kos- ten und Bürokratie auf die Branche zukom- men. Sabine Usaty-Seewald, Leiterin Kun- den- und Vertriebsmanagement bei Uniqa Österreich, erwartet daher: „Die IDD und die erhöhten Standards bei Lebensversicherungen bedeuten ein Mehr an Dokumentation und in gewissemAusmaß eine administrative Last.“ Die Uniqa-Managerin sieht in der verschärf- ten Regulierung nicht nur eine zusätzliche Belastung, sondern auch eine Chance. Ihrer Meinung nach eröffnet IDD auch die Mög- lichkeit, den in den letzten Jahren erlittenen Vertrauens- und Reputationsverlust der Versi- cherungsbranche hinter sich zu lassen. „Ein transparenter, an den Bedürfnissen des Kun- den ausgerichteter Beratungsprozess und die erweiterte Dokumentationspflicht schützen Kunden wie auch Vermittler und das Ver- sicherungsunternehmen“, gewinnt Usaty- Seewald der neuen Gesetzgebung auch etwas Positives ab. Auch andere heimische Lebensversicherer gehen mit einer optimistischen Haltung an das Thema heran. So erwartet etwa die Wiener Städtische, dass die Analyse der persönlichen Kundensituation noch stärker in den Mittel- punkt der Gespräche rücken wird. Das stelle zwar zusätzliche Anforderungen an die Do- kumentation des Beratungsablaufs, sollte aber dank des damit verbundenen Standardisie- rungsprozesses insgesamt zu einer Qualitäts- verbesserung führen. „Die IDD verlangt stan- dardisierte Produktinformationsblätter, die den Kunden verpflichtend ausgehändigt werden müssen. Der gesamte Verkaufsprozess inklu- sive Beratungsprotokoll und Kundenprofil wird vordefiniert. Von unseren Beratern wird das zum Großteil schon jetzt umgesetzt, nun wird das Prozedere formalisiert und genau dokumentiert. Das hat den Vorteil, dass Haf- tungsfragen eingegrenzt werden können“, be- schreibt der Vertriebsvorstand der Wiener Städtischen, Hermann Fried, die Situation. Er sieht auch hinsichtlich der erweiterten Doku- mentationspflichten keine unlösbaren Aufga- ben für sein Haus: „Im Zuge der IDD- und Priip-Umsetzung ist es erforderlich, Fonds- informationen noch umfangreicher und detail- lierter zur Verfügung zu stellen. Unsere Ana- lysen haben ergeben, dass 99 Prozent der von uns angebotenen Fonds diese Voraussetzun- gen erfüllen.“ Zumindest teilweise werden die Versicherer auch versuchen, zusätzliche administrative Lasten an die Fondsanbieter weiterzureichen. Der Lebensversicherungsexperte Ernst Schneckenleitner von der Allianz Versiche- rung macht sich bezüglich der Kooperations- bereitschaft der Investmenthäuser keine Sor- gen: „Die Fondsanbieter werden alle erforder- lichen Informationen zur Verfügung stellen. Damit können die Fonds auch weiter in unse- remAngebot bleiben.“ Ungezillmerte Tarife Produktseitig soll die Einführung einheit- licher Produktinformationsblätter die Trans- parenz für die Kunden erhöhen. Dabei sind sich die Versicherer einig, dass die Produkte dadurch leichter vergleichbar werden. Somit werden auch die Kostenstruktur und die Art 148 fonds & versicherung I fondspolizzen Foto: © Elke Mayr Keine Angst vor der IDD Im kommenden Jahr werden sich die heimischen Lebensversicherungen mit einer Vielzahl von neuen EU-Richtlinien und EU-Verordnungen, die in heimisches Recht übergehen, auseinandersetzen müssen. Auf Regulierungsebene kommt im nächsten Jahr die IDD auf die Branche zu – die heimischen Fondspolizzenanbieter zeigen sich trotzdem eher entspannt.

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