FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2017

84 www.fondsprofessionell.at | 3/2017 roundtable I sauren Hans Heuser (FONDS professionell): Wir haben im Vorfeld zu diesem Gespräch die jüngste Entscheidung der Europäischen Zentralbank vernommen, die für die meisten wenig über- raschend verkündet hat, dass sie vorerst kei- ne Veränderungen ihrer Politik vornehmen wird. Wie interpretieren Sie das? Ariel Bezalel (Jupiter Asset Management): Man- che Marktteilnehmer hatten vielleicht erwartet, dass es Hinweise auf einen demnächst strafferen Kurs der Zentralbank geben würde. Aber die Rentenmärkte haben insgesamt eher mit steigen- den Kursen reagiert. Die Zentralbanken haben sich schon länger sehr generös gezeigt, was die Versorgung der Märkte mit Liquidität angeht. Allerdings setzt sich immer mehr die Erwartung durch, dass es zu einem Ende dieser lockeren Geldpolitik kommen wird. Aber auch wenn die amerikanische Notenbank die Zügel mehr und mehr anzuziehen scheint, gehe ich nicht davon aus, dass es noch in diesem Jahr zu einem Zins- schritt kommen wird. Insbesondere aufgrund der neuen Situation im Zusammenhang mit den Verwüstungen und Zerstörungen durch die Hurrikans in den USA dürfte ein solcher Schritt inzwischen vom Tisch sein. Die EZB allerdings scheint sich immer mehr einem Tapering ihres QE-Programms im Jahr 2018 zu nähern. Insge- samt hat die Entwicklung der letzten zehn Jahre natürlich massive Chancen und Möglichkeiten für einen Bondmanager mit sich gebracht. Aber es dürfte in dem Stadium des Kreditzyklus, in dem wir jetzt angekommen sind, immer wichti- ger werden, die Qualität innerhalb eines Bond- portfolios zu erhöhen. Stephen Moore (Artemis Investment Manage- ment): Im Endeffekt war die heutige Entschei- dung alles andere als eine Überraschung. Aller- dings zeichnet sich schon länger ab, dass es zu einem Ende der massiven Liquiditätsausweitung kommen wird. Die wichtigsten Impulse gehen dabei von der amerikanischen Federal Reserve aus, die geradezu unter Druck steht, was den Abbau ihrer Bilanz angeht, und lieber früher als später die Zinsen erhöhen würde – zumal sich am Markt mehr und mehr die Überzeugung durchsetzt, dass eine weitere Ausweitung der am Markt vorhandenen Liquidität die möglichen Gefahren in vielen Marktbereichen erhöhen wür- de. Nicht umsonst hat John Cryan, Chef der Deutschen Bank, vor Kurzem darauf hingewie- sen, dass, egal wo man hinschaut, die Gefahr von Blasenbildungen an den Märkten Europas immer weiter zunimmt. Und wenn der Chef der Deutschen Bank sagt, dass es zu viel Liquidität in den Märkten gibt, dann ist das schon ein wichtiges Signal. Abgesehen davon sehen wir in den USAAnzeichen eines Anziehens der Infla- tion. Und die erforderlichen Maßnahmen im Nachgang zu den erwähnten Hurrikans werden dazu führen, dass die Inflation noch weiter an- Bestands aufnahme Die Diskussionsteilnehmer (v.l.n.r.): Stephen Moore (Artemis Investment Management), Bert Flossbach (Flossbach von Storch), Stefan Böttcher (Charlemagne Capital), Ariel Bezalel (Jupiter Asset Management), Michael Boyd (Guard Cap Asset Management), Moni Sternbach (GLG Partners, Absolute Return), Franz Weis (Comgest, Aktien Europa), Eckhard Sauren (Sauren Fonds-Research), Henning Gebhardt (Berenberg Asset Management) Fotos: © Christoph Hemmerich Mit den diesjährigen Gewinnern der Sauren Golden Awards diskutierte die Redaktion über die weitere Entwicklung an den Kapitalmärkten. Die weiterhin offene Frage, die dabei am stärksten bewegt: Wie geht es weiter mit den Zinsen? » In den Automobilsektor selbst würde ich nicht investieren. Viele Werte sehen zwar preiswert aus, aber sind sie das auch wirklich? « Henning Gebhardt, Berenberg AM

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