FONDS professionell Österreich, Ausgabe 3/2017

188 www.fondsprofessionell.at | 3/2017 vertrieb & praxis I verkaufsunterstützung Foto: © Axel Gaube, Union Investment, Karl Werner Schmitz E inen brandneuen Ferrari Probe zu fah- ren ist zweifellos ein besseres Gefühl, als die Produktbroschüre eines Fonds in der Hand zu halten. Wenn ein Kunde ein Auto kauft, setzt er sich hinein, findet das Auto toll, und der Händler muss eigentlich nicht mehr viel erzählen. In der Finanzdienstleistungs- branche ist die Vermittlung von Produkten nur selten so einfach. Liegt es daran, dass hier ein nicht greifbares Produkt verkauft wird? Men- schen schreiben Gütern, die sie besitzen, einen höheren Wert zu. Dieses Phänomen ist als der Endowment-Effekt bekannt, und für seine Grundlagenforschung zu diesem Thema wur- de der US-amerikanische Psychologe Daniel Kahneman 2002 mit dem Wirtschaftsnobel- preis ausgezeichnet. Doch die Wertschätzung eines Produkts wird nicht nur davon beein- flusst, ob wir es besitzen, es reicht sogar schon, es einfach nur in die Hände zu neh- men. Dazu führte der Konsumforscher James Wolf ein interessantes Experiment durch: Er ließ eine Hälfte der Teilnehmer eine Kaffee- tasse zehn Sekunden in den Händen halten. Anschließend wurden sie gefragt, wie viel sie dafür bezahlen würden. Die durchschnittliche Summe lag bei 2,44 US-Dollar. Die andere Hälfte durfte die Tasse 30 Sekunden in der Hand halten – ihnen war die Tasse anschlie- ßend 3,91 US-Dollar und damit 60 Prozent mehr wert. Es kann also schon das einfache Anfassen in einem Menschen den Besitz- wunsch auslösen und für eine höhere Preis- akzeptanz sorgen. Zurück zu Fonds: Hier sollen Kunden ihr Geld in etwas investieren, das sie grundsätz- lich nicht angreifen und in vielen Fällen noch nicht einmal begreifen können. Und an dieser Stelle kommen haptische Verkaufshilfen ins Spiel. Digitalisierung stiehlt die Show Dass es damit besser gelingen kann, weiß Karl Werner Schmitz, Verkaufsprofi und Autor des Buches „Die Strategie der 5 Sinne“. Er beschäftigt sich bereits seit über 30 Jahren mit Verkaufsstrategien, die auf Haptik setzen. Schmitz ließ 1987 die erste haptische Verkaufshilfe für Berater patentieren, mittlerweile sind 30 unterschiedliche Tools auf seiner Homepage erhältlich. Längst hat ihn auch die Finanzbranche entdeckt. In Kooperation mit dem Maklerpool Jung, DMS & Cie. entstand etwa 2012 die haptische Verkaufshilfe „Pack’s an!“, die der Pool damals sei- nen Partnern zur Verfügung stellte. Trotz steigender Absatzzahlen und guter Resonanz von Seiten der Bera- ter und Kunden wurde das Projekt in- zwischen allerdings eingestellt. Die Branche setzt zunehmend auf digitale Hilfsmittel, wenn es um Neukunden geht. Immer häufiger wird versucht, mit eigenen Youtube-Kanälen und über Erklärvideos die Konzepte von Investmentfonds und Geldanlage zu vermitteln. Die Bandbreite der vir- tuellen Verkaufshelfer reicht von Finanz-Apps über Renditerechner bis hin zu Handyspielen. Schmitz ist bezüglich der Wirksam- keit solcher Maßnahmen aber skeptisch: „Im Moment haben Leute einen leichten Digitali- sierungswahn. Das ist ja auch nicht falsch, än- dert aber nichts daran, dass man beim Kunden vor Ort sein und sein Vertrauen gewinnen muss.“ Vor allem das Überangebot an media- len Inhalten sieht er als größtes Problem bei digitalem Marketing. Haptische Verkaufshil- fen kommen hingegen selten zum Einsatz, weshalb sie für Schmitz eine ideale Einleitung für Beratungsgespräche darstellen. Im Ideal- fall liefern sie auch gleich einen roten Faden, der dem Berater hilft, das Gespräch richtig zu strukturieren. Schmitz: „Mit der haptischen Verkaufshilfe wird das Gespräch auf allen Lernkanälen intensiv belebt. Hören, sehen und begreifen – so prägen sich die Argumente für den Kauf schneller, einfacher und wesentlich nachhaltiger ein.“ FONDS professionell hat sich bei 50 gro- ßen Fondsanbietern umgehört, ob sie ihre Ver- triebspartner mit haptischen Verkaufshilfen unterstützen. Das Ergebnis: Die Branche in- Während sich die Finanzbranche im Digitalisierungswahn befindet, zeigt Union Invest- ment den Mitbewerbern, wie alte Ideen mit neuen Möglichkeiten zum Erfolg führen. Geldanlage begreifen Für die „Erlebnisausstellung Finanzanlage“ müssen die Volks- und die Raiffeisenbank einen Kostenbeitrag übernehmen – dennoch ist die Nachfrage enorm. In einigen Landesdirektionen ist die Erlebnisausstellung für die kommenden zwei Jahre ausgebucht.

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