FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2018

Frauen haben ein enorm geringeres Einkommen … Der Gender-Gap ist dramatisch. Diese Grafik ist nicht nur für die Politik ein Auftrag zur Verbesserung. Teilzeit, schlechter bezahlt, weniger Karrieremöglichkeiten, sind keine Klischees. Altersarmut muss in der Beratung berücksichtigt werden. 47 Prozent der Arbeitnehmerinnen in Österreich arbeiten Teilzeit, viele davon nur eine geringe Stundenanzahl. Apropos Frauenthemen: Eine Öster- reicherin bekommt nur rund 1,52 Kinder. Der Wunsch ist aber deutlich höher, so Fürn- kranz-Prskawetz. Hier zeigt sich, dass die Politik doch auch die Demografie verbessern könnte, mit Maßnahmen, die Karriere und Kind vereinbar machen. 0 0,5 1,0 1,5 40 50 60 70 80 Jahre 30 20 10 0 Arbeitseinkommen und Konsum pro Kopf in Relation zum Arbeitseinkommen im Alter von 30-49 Arbeitseinkommen Frauen Arbeitseinkommen Männer Konsum m+w Arbeitseinkommen m+w … und sie leisten mehr unbezahlte Arbeit Lang bekannt, wenig honoriert Es ist lang bekannt, dass Frauen auch deshalb häufiger von Altersarmut betroffen sind, weil sie sehr viel unbezahlte Betreuung leisten. „Diese Zeittransfers müssen anders gestaltet werden“, sagt Fürnkranz-Prskawetz. „Wenn wir über die wirtschaftlichen Folgen der Gesellschaftsalterung sprechen, dürfen wir nicht nur über Demografie sprechen. Es geht darum, wie wir uns ökonomisch verhalten, und das ist gestaltbar. Momentan ist dieses Verhalten nicht nachhaltig.“ Es müssten die verschiedenen Lebensphasen unter- schiedlich berücksichtigt werden. 0 400 300 200 100 40 50 60 70 80 Jahre 30 20 10 0 Minuten/Tag Frauen Männer Total Die Gesellschaft altert – so müssen Finanzberater handeln Die meisten Menschen unterschätzen ihre Lebenserwartung enorm. Mehrere Studien zeigen, dass die Fehlannahmen sieben bis elf Jahre ausmachen. Folglich wird für eine sehr hohe Anzahl von Jahren auch nicht ausreichend vorgesorgt. Es ist ein Auftrag für die Finanzberater, auf diese gefährliche Vorsorgelücke besser hinzu- weisen und sie im Idealfall zu schließen, mahnt Eric Samuiloff, Obmann der Fach- gruppe Finanzdienstleister Wien. Er nennt einige konkrete Punkte, die in der Bera- tung angewandt werden sollten. Lebenszyklusmodell: klingt blumig, ist aber für den Berater ein Knochenjob, vor allem weil es um Themen geht, die der Kunde vielleicht gar nicht hören will: Die- ser kommt nämlich meist mit momentanen Bedürfnissen. Der Berater sollte hingegen strukturiert auch unangeneh- me Zukunftsszenarien durchgehen, mahnt Samuiloff: Die aktuellen Pläne des Kunden und seiner Familie müssen genauso Berücksichtigung finden wie die Frage der Absicherung für den Fall, dass man deutlich länger lebt, als statistisch erwartbar. „Es reicht einfach nicht mehr, eine Lebensversi- cherung abzuschließen, damit in 20 Jahren Geld fließt. Ein Lebenszyklusmodell endet nicht mit 65 Jahren, sondern beinhaltet auch Fragen der Pflege oder teurer Hobbys, für die man in der Pension idealerweise mehr Zeit hat, bis hin zur Wohnsituation“, so Samuiloff. Maximum Drawdown (MDD oder Ma- ximale Absenkung) : klingt sperrig, ist aber ein relativ einfaches Mittel, um dem Kunden ein gewisses Maß an Risikomana- gement zu bieten. Der MDD gibt den Maximalverlust an, den eine beliebige Anlage oder ein Wertpapier in einem bestimmten Zeitraum eingefahren hat. Zum Beispiel der Kursverlust im ATX, wenn man in den vergangenen 20 Jahren zum höchsten Zeitpunkt ein- und zum tiefsten ausgestiegen wäre. Das zeigt dem Anleger zumindest ein Verlustausmaß, sollte er das Kapital just dann benötigen, wenn eine Fi- nanzkrise die Märkte durchschüttelt. Und mit zunehmender Lebenserwar- tung steigen eben auch die Chancen von „Marktdellen“. In der Realität ist die Beratung oft zu sehr auf „schöne Ertragsszenarien“ ausgerichtet, moniert Samuiloff. Anle- ger kaufen dann Produkte, weil diese in der Vergangenheit tolle Renditen einfuhren. Doch es ist wissenschaftlich be- wiesen, dass Gewinne kaum seriös prognostiziert werden können, Risiken hingegen sehr wohl. Genau das sollte die Leistung des Beraters sein. Der MDD ist unter den Risiko- indikatoren einer der einfachsten. Modelle wie der im KID angegebene Value at Risk seien letztendlich zu komplex für die Kundenberatung, so Samuiloff. Pensionskonto: Dieses zeigt die bisher erworbenen Pensionsansprüche auf. Die wenigsten wissen aber dar- über Bescheid. Und auch die Berater müssten mehr auf diese Informationen aufbauen, sagt Samuiloff. In der Ta- belle unten sieht man, wie bescheiden die Ansprüche im Durchschnitt sind. Das dürfte vielen Kunden die Augen öffnen – und es führt zur nächsten Forderung: Gender-Gap: Frauen erwartet ein deutlich geringeres Pensionseinkommen. Das Vorbeugen von Altersarmut bei Frauen muss bei der Beratung gerade im Hinblick auf die steigende Lebenserwartung thematisiert werden, so der Fachgruppenobmann. In der Auflistung links sieht man, dass eine 41-jährige Frau nur 466,3 Euro Monatspension angespart hat. Einmal mehr verdeutlicht das die Wich- tigkeit einer Absicherung biometrischer Risiken wie Berufsunfähigkeit, Krankheit, Unfälle etc. Wohnsituation thematisieren: Die Wohnsituation kann zu einem unterschätzten Problem werden. Ein häu- figes Dilemma: Man hat sich eine Immobilie in bester Lage erarbeitet. Doch das in der Pension reduzierte Einkommen reicht kaum, um die Erhaltungskosten zu stemmen. „Der Grundstein dafür, wie ich im Alter wohnen will, sollte früh gelegt werden“, so Samuiloff. Wollen die Kinder überhaupt mein Haus, oder ist es für die Familie nur eine Last? Be- rater könnten häufiger Alternativkonzepte an- denken. Etwa die in Österreich noch kaum bekannten „Reverse Mortgages“: Die Bank gibt dem Eigentümer einen durch die Im- mobilie besicherten Kredit. Zurückgezahlt wird erst nach dem Tod (etwa durch die Er- ben; oder die Bank verkauft die Immobilie). Eric Samuiloff, Obmann der Fi- nanzdienstleister Wien: „Ein ver- antwortungsvoller Berater muss die Alterung berücksichtigen.“ Mager, magerer, Pensionskonto Monatspension Pensionskonten in Euro (14-mal) im Jahrgang Jahrgang Frau Mann Frauenanteil Frauen Männer 1957 635,86 1.290,93 49,2 % 31.584 59.920 1962 871,22 1.222,76 71,2 % 73.187 79.515 1967 739,84 1.044,09 70,9 % 78.070 85.352 1972 603,65 822,91 73,4 % 71.095 76.248 1977 466,30 608,06 76,7 % 64.548 71.331 1982 358,24 437,94 81,8 % 70.109 75.482 1987 216,46 255,61 84,7 % 64.085 67.761 1992 98,92 131,30 75,3 % 53.229 58.142 Quelle: www.finanzjournalistenforum.com 176 www.fondsprofessionell.at | 2/2018 vertrieb & praxis I pensionsvorsorge Foto: © Menzl

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