FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2018

üblichen Arbeitsmodelle gibt. Andernorts wer- den Leute länger im Unternehmen gehalten, weil sie je nach Lebenssituation unterschied- lich eingesetzt werden. Dass etwas passieren muss, ist klar: In Österreich sind nur 52,2 Pro- zent der über 55-Jährigen beschäftigt, EU- weit sind es 57,7 Prozent. Außerdem müsse man es den Bürgern er- leichtern, für die Pension vorzusorgen, fordert Fürnkranz-Prskawetz, die auf noch einen wichtigen Aspekt hinweist: „Wir müssen bei diesem Thema vom Pessimismus wegkom- men, länger leben ist etwas Positives, aber man muss die Chancen auch nutzen“, sagt sie. EDITH HUMENBERGER-LACKNER | FP Geringe vermögensbasierte Umverteilung Politik muss Vermögensaufbau erleichtern. Umverteilung klingt schon einmal verdächtig – wie ein sozialpolitischer Beschluss, der zwangsweise einen schalen Nachgeschmack bei der einen oder anderen Gruppe hinter- lässt. In diesem Fall sollte es aber interessant für Anleger sein: Fürnkranz-Prskawetz, die eine größere „vermögensbasierte Umverteilung“ fordert, meint damit Folgendes: Der Staat muss es ermöglichen, während des Arbeitslebens mehr Vermögen anzulegen, damit man in den späteren abhängigen Phasen genau daraus regelmäßige Vermögens- einkommen hat oder Ersparnisse, um die eigenen Bedürfnisse im Alter zu finanzieren. „Es muss steuerliche Anreize zur privaten Vorsorge geben, aber auch ein besseres Ver- ständnis zu möglichen Vorsorgeprodukten – Stichwort Financial Literacy. Die fehlt oft“, so die Expertin. Auch die betriebliche Vorsorge müsse ausgebaut werden. Erklärung der Grafik: Rot zeigt jenen Teil des Vermögenseinkommens, der für Konsum verwendet wird (Vermögenseinkommen minus Sparen). -5.000 -2.500 0 2.500 5.000 7.500 10.000 40 50 60 70 80 90 Jahre 30 20 10 0 Euro/Kopf Vermögensbasierte Umverteilung Vermögenseinkommen Sparen 0 Wie viel Geld können wir überhaupt verteilen? Wir konsumieren die meiste Zeit mehr, als wir erwirtschaften. Hier sieht man unter anderem, warum zu geringe persönliche Vorsorge zum Problem wird, sollte sich der Staat als „Financier“ noch mehr zurückziehen. Unser Konsum (damit sind private Ausgaben genauso gemeint wie Leistungen, die der Staat bezahlt, von der Ausbildung der Kinder bis zur Pflege.) erhöht sich im Alter deutlich. Wer keine Reserven aufbauen konnte, muss sich auf die sozialen Transfers verlassen. In erster Linie verdeutlicht diese Grafik aber, wie klein der Anteil unserer Arbeitsein- kommen ist, den wir überhaupt verteilen können. Die rote Linie zeigt, was die Österreicher verdienen, während die blaue Linie zeigt, was wir konsumieren. Sprich: Nur in der kurzen Phase von 35 Jahren erwirtschaften wir statistisch gesehen mehr, als wir brauchen. Solange wir unter 24 Jahre alt sind, bauen wir ein saftiges Defizit auf. Und mit 58 tun wir es wieder. Die Situation ist aber keineswegs ausweglos, wie die nächste Grafik zeigt. 0 1.000 2.000 3.000 4.000 40 50 60 70 80 90 Jahre 30 20 10 0 Euro/Kopf Arbeitseinkommen Konsum 0 Überschuss Defizit Defizit 35 Jahre mit Lebenszyklus-Überschuss (Arbeitseinkommen > Konsum) 24 - 58 - Wer finanziert unsere Bedürfnisse? „Rush-Hour des Lebens“ muss entlastet werden. In jungen Jahren finanzieren die Eltern den größten Teil unserer Bedürfnisse (hellblauer Bereich links). Das ist gut, ausgehend von der Annahme, dass die meisten Eltern ihre Kinder bestmöglich unterstützen. Im Alter hingegen sind wir weitgehend von der staat- lichen Spendierlaune abhängig. Ab dem Zeitpunkt, wo unser Arbeitseinkommen endet, lassen auch die Vermögenseinkommen (Mieterträge, Dividenden etc.) nach (oranger Bereich). Für Berater könnte diese Grafik nicht nur ein Anlass sein, beim Kunden tradi- tionelle Lebensversicherungen anzusprechen, sondern auch alternative Altersfinanzie- rungsmodelle wie „Reverse Mortgages“ (siehe nächste Seite.). Was man in dieser Grafik noch sieht: In der Phase von 24 bis 58 Jahren, wo alles zusammenfällt – Gründung der Familie, Karriere, Hausbau –, muss auch der Vermögensaufbau geschultert werden. „Die Rush-Hour des Lebens muss entlastet werden“, sagt Fürnkranz-Prskawetz – etwa durch flexiblere Arbeitszeiten ohne Karriereverlust oder Steuerentlastungen für Familien. -30.000 -20.000 -10.000 0 10.000 20.000 30.000 50.000 40.000 40 50 60 70 80 90 30 20 10 0 Euro/Kopf Jahre Konsum Staatliche Transfers Arbeitseinkommen Vermögenseinkommen/Ersparnisse Private Transfers Mit mehr Bildung hätten wir mehr zu verteilen Mehr Bildung, weniger Abhängigkeit – und zwar deutlich Es ist beeindruckend, welchen Unterschied Bildung macht. Leute mit Lehrabschluss beginnen früher zu arbeiten, gehen aber auch früher in Pension. Umgekehrt ist es bei jenen mit Studium. Zwar kommen dadurch beide auf einen ähnlichen Zeitraum, in dem sie einen „Überschuss“ erwirtschaften (36 beziehungsweise 37 Jahre). Der Überschuss selbst ist aber naturgemäß höher – und zwar sehr deutlich. „Die Zukunft liegt in den Bil- dungsinvestitionen“, sagt Fürnkranz-Prskawetz. „Die ganz jungen und die alten Menschen leben in allen Staaten in einer hohen volkswirtschaftlichen Abhängigkeit. Aber das Ausmaß ist unterschiedlich und kann gestaltet werden“, so die Expertin. Aus dieser Grafik kann man aber letztendlich nicht nur die Forderung nach staatlichen Bildungsinvestitionen ab- leiten. Auch die Notwendigkeit der Vorsorge sollte damit eindeutig werden. Der Zeitpunkt, an dem das Einkommen unter den wirklichen Bedarf sinkt, sollte jedem bewusst sein – oder notfalls durch den Berater bewusst gemacht werden. 0 2.000 4.000 6.000 8.000 40 50 60 70 80 90 J Jahre 30 20 10 0 Euro/Kopf Arbeitseinkommen Konsum Überschuss: 37 Jahre 28 - 65 Höchste Ausbildung: Universität, Fachhochschule Arbeitseinkommen Konsum Überschuss: 36 Jahre 21 - 57 Höchste Ausbildung: Sekundarstufe 2 (BMS, Lehre) 175 www.fondsprofessionell.at | 2/2018

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