FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2018

keine mehr vergessen kann. Sollte das passieren, zeigt das System, dass der Prozess nicht abge- schlossen werden kann, bis die Frage beantwor- tet ist. Ein Vorteil ist zudem, dass der Berater nun den mit Mifid II gestiegenen Dokumentati- onsaufwand deutlich leichter in den Griff be- kommt. Wenn wir nach dem Beratungsprozess ein PDF-Dokument erstellen, hat es im Schnitt zwischen 40 und 50 Seiten. Die müsste der Be- rater sonst ausgedruckt – neben dem Kundenin- formationsdokument – in der Tasche haben. So bekommt er das alles auf Knopfdruck, inklusive Ex-ante-Kosteninformation. Er hat gleich auf den Kunden angepasst alles, was er braucht, samt Zielmarkt. Der Berater muss also nicht auf- passen, ob eines der sechs Zielmarktkriterien, die dafür ausschlaggebend sind, ob er dem Kunden den Fonds verkaufen darf oder nicht, erfüllt ist oder nicht. Das System lässt es einfach nicht zu. Und das gibt dem Berater die Sicherheit, die er für die Beratung braucht. Pankl: Das klingt ja fast nach einem „Rund- um-sorglos-Paket“ für die Berater … Pohl: Der Berater kann sich zumindest endlich wieder auf sein eigentliches Geschäft konzen- trieren und muss sich nicht mehr so massiv mit der Administration beschäftigen. Veyder-Malberg: Eines ist allerdings wichtig: Der Berater muss es schaffen, dass der Kunde in diesem Prozess nicht das Gefühl hat, der ge- samte Prozess sei nur dazu da, den Berater und dessen Haftungsdach möglichst sorgenfrei zu machen. Das Feedback der Kunden ist dann auch aus meiner Erfahrung heraus rasch einmal: Das macht ihr doch alles nur, weil ihr euch absichern wollt. Das machen wir nicht, um uns abzusichern, sondern damit der Kunde durch einen sicheren, geprüften und qualitativ hoch- wertigen Prozess geführt wird. Die Aufgabe des Beraters wird trotz Tablet und des digitalen Pro- zesses sein, dem Kunden das Gefühl zu geben, dass er im Mittelpunkt steht – und nicht irgend- ein Formular. Daher geht es um das Geschick, den Prozess locker und flüssig zu halten, damit es für den Kunden noch persönlich bleibt. Hier werden sich gute von schlechten Beratern unter- scheiden. Dazu braucht es allerdings Erfahrung und Schulungen. Pankl: Welche Tipps gibt es hier für die Praxis? Veyder-Malberg: Der Berater sollte zum Beispiel die Fragen nicht runterlesen, idealerweise sollte er sie auswendig können. Umso mehr Prozesse man durchgemacht hat, umso leichter fällt einem das natürlich. Pohl: Man sollte allerdings auch nicht außer Acht lassen, dass die Leute mittlerweile gelernt haben, mit digitalen Prozessen umzugehen. Wenn sie zum Beispiel online eine Flugreise buchen, müssen die Kunden unterschiedliche Fragen beantworten und diverse Formulare ausfüllen. Veyder-Malberg: Da hat man allerdings nicht das Gefühl, dass die Fluglinie das nur macht, um sich rechtlich abzusichern. Im Finanzdienstleis- tungsgeschäft haben die Kunden diesen Ein- druck jedoch laufend. Pohl: Der große Unterschied zu früher ist ein- fach, dass der Berater bisher gewohnt war, zuerst zu beraten und dann die Formulare auszufüllen. Mit dem neuen Prozess ist es so, dass er gleich mit den Formularen anfangen muss. Er führt also das Beratungsgespräch nun mithilfe des Formulars. Pankl: Gibt es von Seiten der Vertriebe Schu- lungsangebote, um mit der neuen Situation besser umgehen zu können? Varga: Die Vertriebsorganisationen, mit denen wir zusammenarbeiten, haben mit unserer Unterstützung natürlich Maßnahmen in diesem Bereich gestartet. Da wird etwa darauf einge- gangen, wie man mithilfe des Tablets oder auch des Smartphones die Beratung im Vergleich zu früher verbessern und dem Kunden einen Mehr- wert liefern kann. Auch das Zusammenspiel mit unserem Beraterportal, auf dem auch die KIDs abgerufen werden können, läuft nun wesentlich smarter ab. Pankl: Herr Mag. Veyder-Malberg, welche Erfahrungen gibt es hier aus dem Bereich des Private Banking? Veyder-Malberg: Wir haben unsere Private-Ban- king-Kunden mittels eines 120 Fragen umfassen- 172 www.fondsprofessionell.at | 2/2018 Fotos: © Günter Menzl » Die einzige Möglichkeit, mit dieser Komplexität fertig zu werden, ist, indem man Prozessstandards schafft – die machen das Ganze dann wieder linear. « Mag. Constantin Veyder-Malberg, Capital Bank Stefan Wonisch, die Plattform: „Sonst wird man dasselbe Problem haben wie eine kleine Retailbank, die dann nur drei Produkte mit unterschiedlichen Risikoklassen verkaufen kann.“ roundtable I digitalisierung

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